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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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vielleicht, weil ich wusste, dass sie recht hatte, es aber trotzdem nicht hören wollte. Vielleicht aber auch, weil sie mir Tim weggenommen hatte, aber Leo sollte ich wohl auch nicht haben.
    „Ich muss los“, versuchte ich, unser Gespräch zu beenden.
    „Wohin denn? Heute ist Samstag.“
    „Strafarbeit. Ich muss mir ein paar vernünftige Klamotten überziehen und dann Häuser streichen. Ich hab ein bisschen randaliert gestern am See.“
    „Ach, da warst du! Ich hätte es mir denken können und dir gleich folgen sollen.“
    „Ab jetzt ist alles okay. Mach dir keine Sorgen mehr. Ich hab mich im Griff. Ernsthaft.“ Ich schlug einen versöhnlichen Ton an. Ich durfte es nicht so an Neve auslassen. Sie konnte nichts dafür. Mir ging es schon besser, nachdem ich ein bisschen Dampf abgelassen hatte. Ich umarmte sie kurz:
    „Tut mir leid. Vielleicht hatte es ja doch was Gutes, dass du Tim aufgesucht hast.“
    Neve sah mich zweifelnd und gleichzeitig hoffnungsvoll an.
    „Meinst du wirklich?“
    Ich kapierte, dass sie ein furchtbar schlechtes Gewissen hatte, dass sie irgendwie eine Absolution brauchte, obwohl allein ich sie doch überredet hatte, Tim nachzuspionieren.
    „Ja. Aber erwähne den Namen ab jetzt bitte nicht mehr, okay?!“
    Neve beteuerte mir, dass Tims Name nicht mehr fallen würde und wirkte unendlich erleichtert, dass der Frieden zwischen uns wieder hergestellt war. Sie verabschiedete sich in den Wald zum Erdbeeren sammeln, damit sie mir abends einen leckeren Erdbeershake machen konnte.
    ***
    Ranja hatte gesagt, Leo und ich sollten uns bei Else in der Küche melden. Ich beschloss, beide Häuser allein zu schaffen, weil Leo mit der Sache eigentlich nichts zu tun hatte, auch wenn ich dafür ein paar weitere Nachmittage in der Woche benötigen würde. Ich wollte Leo nichts schuldig sein.
    Ich stand vor meinem Kleiderschrank, der vollgestopft war mit brandneuen Sachen. Ich hatte nichts, was sich für Malerarbeiten eignen würde. Ich zog eine Jeans und ein weißes T-Shirt an, auch wenn das eigentlich Verschwendung war. Geld schien in der magischen Welt keine Rolle zu spielen.
    Meine Sorgen wegen der Arbeitskleidung stellten sich als unnötig heraus. Else erwartete mich munter und fröhlich wie immer an der Hintertür zur Küche. Sie überreichte mir ein paar derbe Malerhosen.
    „Zieh sie gleich an, ich bringe dir dein Frühstück!“
    Sie verschwand wieder in der Küche. Ich zog die große Latzhose über meine Jeans. Schon stand Else wieder vor mir mit einer großen, Portion Kartoffelecken mit Apfelmus und Zimt. Wie das duftete! So vertraut nach Heimat und guten Zeiten. Ich musste sofort an Jonny denken. Ob er sich schon wunderte, dass ich nicht mehr kam?
    Ich probierte den ersten Bissen. Else tätschelte mir die Wange wie eine richtige Großmutter und bedauerte mich wegen der Wochenendarbeit.
    „Armes Kindchen. Ganz schön hart sind sie mit euch. Ganz schön hart. Dabei seid ihr doch noch im Wachstum und müsste viel schlafen und essen!“
    Ich gab Else völlig recht. Schade, dass Else nicht im Rat war. Sie führte mich zu einem kleinen Nebengelass im Küchenhof. Es stellte sich als eine wohl sortierte Werkstatt mit Gartengeräten und Bauwerkzeugen heraus. Else zeigte mir an einem Lageplan, der hinter der Tür hing, ein Haus, dessen Holzfassade und Innenwände gestrichen werden sollten. Auf einem kleinen Bild sah ich ein reizendes Schwedenhäuschen, was jedoch völlig verblichen war. Die Farben konnte ich mir aussuchen. Das Haus war klein. Es würde nicht schwer werden. Else wollte mich zu dem Regal mit den Farben bringen. Ich erklärte ihr, dass ich an zwei Häusern zu tun hatte.
    „Oh, ich weiß“, sagte sie.
    „Wegen dem zweiten war Leo schon hier und hat das Material geholt.“ Er sagte, ihr würdet jeder eins übernehmen.“
    In meinem Hals wurde es eng. Leo war schon hier gewesen und längst bei der Arbeit? Dann musste er Sekunden nach mir aufgestanden sein. Dann hatte er vielleicht nur so getan, als ob er schlief? Weil er froh war, dass ich am Morgen verschwand? Und er hatte entschieden, dass wir nicht zusammen arbeiten würden, sondern dass jeder ein Haus erledigte? Das passte alles zusammen. Und tat weh. Ich war heilfroh, dass ich mich weggeschlichen hatte. Gleichzeitig war der Schmerz widerwärtig. So liefen also One-Night-Stands ab. Leo war mal wieder nur auf der Suche nach einem Abenteuer gewesen. Warum machte mich das auf einmal so wütend? Es war mir doch klar gewesen. Ich hatte doch

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