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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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als Kind einmal in Schweden gewesen war. Dieser Urlaub war eine der wenigen harmonischen Erinnerungen, die ich an Urlaube mit Delia oder Gregor hatte. Gregor war nicht dabei gewesen und Delia entspannt wie selten. Ich bekam sie zwar den lieben langen Tag nicht zu Gesicht, aber das machte nichts, weil in den umliegenden Häusern viele strohblonde Kinder zum Spielen wohnten. Es gab eine Scheune und einen See und ein ähnliches Haus wie dieses, nur größer und vornehmer. Ich erinnerte mich, dass ich von dort nicht mehr nach Hause gewollt hatte.
    Das Häuschen, die Arbeit und überhaupt der Ort brachten mich in eine angenehme Stimmung. Ich vermied es, an alle möglichen schmerzlichen Dinge von gestern zu denken und es funktionierte.
    Trotzdem war es viel mehr Arbeit als gedacht. War Ranja wirklich klar, wie viel sie uns damit aufgehalst hatte? Aber eigentlich war es mir egal. Ich wollte sehen, wie das Haus in meiner Vorstellung Wirklichkeit wurde. Gegen Abend holte ich mir neue Farben aus der Werkstatt. Eigentlich brauchte ich auch was zum Abendbrot, aber ich verzichtete darauf, in die Küche zu gehen, weil ich Else nicht begegnen wollte. Von Leo keine Spur. Das war erleichternd und ätzend zugleich.
    Es war schon fast dunkel, als ich mit der Außenfassade fertig wurde. Mein Magen knurrte, aber ich beschloss, drinnen noch ein wenig voran zu kommen. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, immer weiter zu streichen und damit nicht mehr aufhören. Es war eine beruhigende Tätigkeit, die den Kopf leer machte und die Gefühle still.
    Ich schrak zusammen und stieß mir den Kopf am Waschbecken, unter dem ich gerade die Wand zu Ende strich, als in der Wohnstube ein tiefer Gong losging. Zwölf Mal. Es hörte sich an wie eine alte Standuhr, die zu Mitternacht läutete. Das Licht flackerte. Ich stolperte in die Wohnstube. Tatsächlich. Hinter der Tür befand sich eine Nische. In die hatte jemand die Uhr geschoben. Vielleicht, weil er sie später noch abholen wollte. Ich war völlig in Gedanken versunken gewesen. Auf einmal fühlte es sich jedoch unheimlich an, allein in dem Haus zu sein. Draußen stand schwarz der Wald vor den Fenstern, die keine Vorhänge hatten. Für einen Moment glaubte ich, so etwas wie milchigen Rauch vorbeiziehen zu sehen. Oder war es Einbildung? Ich schaute noch einmal zu den Fenstern. Nichts. Wahrscheinlich waren es nur einige verspätete Blüten, die noch durch die Luft wirbelten. Hastig packte ich Rolle und Pinsel in einen nassen Lappen, schloss die Tür von außen ab und ließ die kleine Lampe an, die noch auf der Terrasse brannte, damit sie mir ein Stück Weg durch den Wald leuchtete. Es gab keinen Grund, sich in der magischen Welt zu fürchten. Bisher war mir noch nie etwas passiert und ich glaubte auch nicht mehr, dass mich irgendwelche schwarzen Schatten aufsuchen würden.
    Mir fiel Atropa ein. Vielleicht war sie wieder bei mir? Dann sollte ich mich endlich nicht mehr vor ihr fürchten, sondern beruhigt sein. Denn auch Atropa hatte mir noch nie etwas getan, auch wenn sie mir unheimlich war. Mit derlei Gedanken eilte ich durch den Wald und staunte, wie gut ich mich inzwischen in der Dunkelheit zurecht fand. Meine Augen unterschieden Bäume, Gestrüpp und Wege inzwischen ohne Probleme.
    Zu Hause streifte ich meine verschmierten Malersachen ab, stellte mich unter die Dusche und fiel sofort in mein Bett. Ich war erledigt, als wären all meine Knochen stundenlang durchgeschüttelt worden. Nicht mal mein Magen meldete sich noch und ich beließ es dabei. Neve kam kurz in mein Zimmer und war beruhigt, dass ich nach Hause gekommen war. Ich war drauf und dran, sie zu fragen, ob Leo nach mir gefragt hatte, aber ich ließ es bleiben. Ich wollte mir nicht die Blöße geben, weder vor Neve, noch vor mir selbst.
    Irgendwas blinkerte neben meinem Bett, als ich mich auf die Seite drehte, um in einen tiefen, erholsamen und hoffentlich traumlosen Schlaf zu fallen. Es war mein Buch. Ich nahm es in die Hand und schaute auf den grün flimmernden Punkt an der Unterkante. Wahrscheinlich hatte das was mit dem selbstständigen Aufladen zu tun. Ich legte es unter das Bett, damit es mich nicht störte und schlief auf der Stelle ein.
    ***
    Als ich mich am nächsten Morgen schon ziemlich früh wieder zu meinem Schwedenhaus aufmachte, ließ mich jeder Schritt einen gehörigen Muskelkater spüren. Ich freute mich, als wäre das Haus mein Eigenes und fragte mich, ob es nicht irgendwann so sein könnte?! Für wen brachte ich das Haus in

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