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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Nachricht, dass ich tatsächlich krank gewesen war und auf sie wartete.
    Luisa hatte eine E-Mail geschrieben. Sie hatte mich bei guten Tutoren eingetragen. Was für ein Glück. Luisa war einfach unersetzlich. Gleichzeitig war sie total bescheuert. Sie hatte heimlich Fotos von Tim mit ihrem Handy gemacht und angehängt. Ich schaute mir die Fotos an, eine ganze Weile und mehrere Male. Ich stand noch unter dem Eindruck meiner so hässlich realen Alpträume und war irgendwie froh, Tim gesund, munter und unbekümmert zu sehen. Die Träume rückten dadurch weiter weg und wurden wieder unwirklicher. Trotzdem schrieb ich an Luisa zurück, dass ich
    a) Morgen wieder in die Schule kommen würde
    und b), dass sie Tim ja haben könne, wenn sie ihn so fotogen fände …
    Mein schwerer Magen und die gerade überstandene Fieberkrankheit legten eine bleierne Müdigkeit über mich und ich fiel in einen erholsamen Schlaf.
    Als ich aufwachte, war es kurz vor Mitternacht. Delia musste hier gewesen sein. Sie hatte mir neues Wasser gebracht, zum Glück meine kleine Nachttischlampe brennen lassen und die Zimmertür nur angelehnt. Ich hatte immer noch Angst vor den Schatten, auch wenn mein Verstand sie inzwischen wieder unter Einbildung verbuchte. Mein Magen hatte alle Schwere verloren und knurrte schon wieder. Ich stand auf, stieg möglichst leise die Treppe hinunter und schlich mich durch die dunkle Küche zum Kühlschrank.
    Unsere Wohnung mochte ich eigentlich nur, wenn es Nacht war, weil das orangefarbene Laternenlicht alles nicht mehr so riesig und kalt aussehen ließ. Die Möbel waren keine kantigen Designerstücke mehr, die Konturen wurden weicher, die Atmosphäre war nicht mehr schneidig sondern ruhig. Beruhigend. Das Licht des Kühlschranks schnitt eine grelle Schneise in diese wohlige Atmosphäre, als ich ihn einen Spalt breit öffnete. Ich nahm mir die Familienpackung Tiramisu heraus und schloss ihn leise. Ich stellte meine Beute auf der Bar ab, die den Küchenbereich vom Wohnbereich trennte, griff mir einen Esslöffel aus dem Besteckkasten, riss den Deckel auf und schob mir den ersten Löffel in den Mund. Als ich aufsah, erschrak ich fast zu Tode. Am Fenster bewegte sich ein großer Schatten und kam langsam auf mich zu. Ich wollte schreien, aber dann konnte ich ihn identifizieren. Es war Gregor.
    Ich drückte meine Hand auf die Brust, um mein Herzrasen wieder in den Griff zu bekommen.
    „Hast du mich erschreckt!“
    „…wollte doch mal sehen, wo die guten Sachen aus dem Kühlschrank nachts so hin verschwinden!“
    Gregor schwang sich auf einen Barhocker mit gegenüber. Ich fühlte mich ertappt, obwohl ich gar nichts Verbotenes tat.
    „Hast du für mich auch einen Löffel?“
    „Äh …klar“, brachte ich hervor und kramte übereifrig einen Dessertlöffel hervor.
    „Ach, ich krieg nur so einen kleinen, ja?!“ Er grinste. Ich grinste zurück, murmelte ein „Na…gut.“ Und gab ihm auch einen Esslöffel. Mein Herz hatte sich wieder beruhigt. Ich war durch die letzten Erlebnisse einfach zu schreckhaft. Das durfte sich nicht einschleifen. Gregor schien jedenfalls gut drauf. Trotzdem war ich irritiert. Ich konnte mich nicht erinnern, wie lange es her war, dass Gregor sich abends gut gelaunt und einfach so zu mir setzte. Bestimmt war es nicht „einfach so“. Irgendwas musste er wollen. Vielleicht eine Predigt, wie sehr es jetzt auf das letzte Schuljahr ankam, dass mein Abschlusszeugnis die Weichen für mein ganzes zukünftiges Leben stellen würde. Er fingerte ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche. Er hatte immer eins bei sich, obwohl er nicht rauchte, und zündete eine der Duftkerzen an. Ich schob das Tiramisu in die Mitte zwischen uns.
    „Na, wieder am Ball?!“ fragte er und ich spürte, wie schwer es ihm fiel, einen gewissen Unterton herauszulassen. Wenn ER einfach mal drei Tage ausfallen würde. Menschen, die Erfolg haben wollten, konnten sich solche „Ferien“ nicht leisten. Okay, es würde wohl eine Predigt über Fleiß, Disziplin, Wille und Erfolg werden.
    „Klar…“, sagte ich und häufte mir Tiramisu auf den Löffel. Ich hatte keine Lust auf die Predigt. Da half nur Flucht nach vorn und den Gegner mit den eigenen Waffen schlagen. Solche Strategien hatte ich mir inzwischen von Gregor abgeguckt.
    Gregor setzte gerade an mit: „Kira, ich will dir sagen …“
    Ich unterbrach ihn:
    „Weißt Du was? Ich habe mir was überlegt.“
    Gregor zog eine Augenbraue hoch. Wahrscheinlich, weil ich ihn noch nie

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