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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Talent zum Schauspielern und benahm sich deshalb überzogen emotional.
    „Kein Fieber mehr“, stellte sie erstaunt fest. Sie lächelte und wirkte erleichtert.
    „Ich muss dringend was essen“, wiederholte ich.
    „Ja, was denn? Vielleicht erst mal was Leichtes.“
    „Nein … Fleisch!“, sagte ich und verstand es selbst nicht. Eigentlich mochte ich kein Fleisch, aß nur manchmal eine Scheibe Salami oder Mortadella. Delia reagierte nicht gleich, so verwirrt war sie. Dann sah sie die Entschlossenheit in meinem Gesicht und sagte vorsichtig:
    „Naja, vielleicht kein Wunder, wenn man drei Tage lang nichts gegessen hat!“ Sie ging zum Kühlschrank. Ich starrte sie verwundert an:
    „Drei Tage? Wieso drei Tage?“
    „Kira, du warst richtig krank. Du bist vor der Schule ohnmächtig geworden vor Fieber. Ein Mitschüler hat einen Krankenwagen gerufen und dann mussten wir dich in der Notaufnahme abholen. Sie haben gesagt, dass das wahrscheinlich ein plötzliches Dreitagefieber ist und dir fiebersenkende Tabletten gegeben. Aber erst heute ist dein Fieber unter 40 gefallen. Dr. Pötsch war jeden Tag hier. Gerade wollten wir dich wieder ins Krankenhaus bringen lassen, damit du von einem Internisten untersucht wirst. Dreitagefieber kann es inzwischen nämlich nicht mehr sein.“
    Ich rechnete. Delia öffnete den Kühlschrank.
    „Dann ist heute Freitag?“
    „Nein, Sonntag. Also, fast vier Tage.“
    Oh Mann, das hieß, ich war Donnerstag und Freitag nicht in der Schule gewesen. Genau da, wo man sich seine Tutoren für die Abiturprüfungen aussuchen sollte, die einen bis zur Prüfung begleiteten. Nun würden nur noch die unbrauchbaren Lehrer Kapazitäten haben. So ein Mist. Aber wirklich beunruhigend war, ich konnte mich an die letzten Tage überhaupt nicht erinnern. Ich musste vollkommen weggetreten sein.
    Aus dem Kühlschrank strömte mir der Geruch von Essen in die Nase. Roquefort, Steinpilze, Serrano-Schinken … lauter edle Sachen, für die Gregor viel Geld ausgab.
    „Soll ich Eier mit Speck braten oder im Kühlfach sind noch …“
    Ich drängte mich an Delia vorbei, zog mir eine ganze Wildschweinsalami aus dem mittleren Fach und begann sie zu essen als wäre es eine Salzstange.
    „…Steaks“, beendete Delia ihren Satz und sah mich ungläubig an.
    „Beides“, sagte ich und kaute weiter. Die halbe Wurst war schon verschwunden.
    „Kira, komm, hör auf, davon wird dir doch nur schlecht. Sonst isst du höchstens ein dünnes Scheibchen, einmal im Monat.“
    Sie wollte mir die Salami abnehmen, aber ich aß unbeirrt weiter, als hätte ich meine Leibspeise entdeckt.
    Als die Salami alle war, hatte ich nicht das Gefühl, sie gegessen zu haben. Ebenso gut hätte ich sie in einen Hausflur werfen können, so leer fühlte ich mich immer noch. Ich wollte essen, einfach nur essen. Nachdenken konnte ich danach noch.
    Während wir am Tisch saßen und ich vier Brötchen, vier Rühreier mit Speck und zwei Steaks in mich hineinschlang, starrte Delia mich an und fummelte nervös an ihrer Packung Slimlines herum. Kein Wunder, ich aß für die ganze Familie, und eigentlich hätte mir wirklich furchtbar schlecht werden müssen. Aber mir wurde nicht schlecht. Das viele Essen tat gut, als hätte ich es schon lange nötig gehabt. Ich besten wäre jetzt noch ein Nachtisch, rote Grütze oder sowas, aber das würde Delia garantiert nicht akzeptieren. Also beschloss ich, mich später noch mal in die Küche zu schleichen, wenn Delia im Wintergarten Yoga machte und Gregor im Arbeitszimmer Zeitung las. Ich wollte sie wirklich nicht noch mehr beunruhigen. Das hatte ich in den letzten drei Tagen sicher schon genug getan. Ich stand auf und sagte Delia, dass ich oben erst mal duschen und mich dann noch ein bisschen hinlegen wollte. Ich würde meine Tür auflassen und einfach rufen, wenn ich irgendwas brauchen sollte. Delia schien damit halbwegs zufrieden.
    Wenn ich wirklich drei Tage „off“ gewesen war, dann wurde es höchste Zeit, wieder „on“ zu gehen. Atropa wunderte sich sicher schon, dass sie tagelang nichts von mir hörte. Ich schnappte mir meinen Laptop und legte mich auf die Liegewiese unter der Dachschräge in meinem Zimmer. Atropa hatte mir auf Facebook jeden Tag eine Nachricht hinterlassen.
     
    Dienstag: hi kira …
    Mittwoch: wo steckst du?
    Donnerstag: bist du krank?
    Freitag: okay, du bist krank …
    Samstag: kira?
     
    Komischer Weise war sie gerade mitten am Tag „off“. Das kam selten vor. Ich hinterließ ihr eine

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