Himmlisch verliebt
zu beeinflussen. Nun versuchten sie, sein Handeln so zu steuern, dass er Alina sterben ließ. Der Gedanke machte Lilith völlig verzweifelt. Sie musste wieder an die Frauengestalt denken, die sie in Alinas Krankenzimmer gesehen hatte, diese Frau mit den schwarzen Haaren und dem Zeichen um die Augen. War sie an Liliths Stelle getreten und beeinflusste Elias nun in ihrem Sinne? Und wenn ja, welchen Ausweg konnte Lilith finden? Welche Rettung gab es noch für Alina?
Seraphin! Nur er konnte jetzt helfen. Er musste in Elias Zimmer auftauchen und die Gestalt, die ihn beeinflusste, vertreiben. Lilith legte ihre Hände vor ihre Augen und konzentrierte sich auf Seraphin. Es dauerte nicht lange, dann spürte sie ihn in dem kleinen Raum, in dem sie gefangen war. Er war nicht sichtbar, aber sie wusste genau, dass er da war. Sie brauchten keine Worte. Lilith ließ ihn spüren, dass Elias beherrscht wurde und dass Alina dadurch in großer Gefahr war. Und Seraphin verstand. Lilith spürte eine große Ruhe um sich herum. Da wusste sie, dass Seraphin sich auf den Weg zu Elias gemacht hatte. Zwar hatte sie keine Ahnung, wie stark die Kräfte waren die von Seraphin ausgingen, aber sie hoffte von ganzem Herzen, er würde die Fähigkeit haben, das Wesen bei Elias zu vertreiben.
In der Zwischenzeit durfte sie nicht untätig sein. Aber wie um alles in der Welt konnte sie aus diesem Zimmer hinauskommen? Lilith stand auf und rüttelte an der Holztür. In rhythmischen Schlägen hämmerte sie genau gegen die Stelle, an der sich der Riegel befand und hoffte, ihn dadurch bewegen zu können. Aber er rührte sich nicht. Trotzdem blieb Lilith gefasst. Das überraschte sie selbst. Offenbar hatte sie Seraphin durch seine bloße Anwesenheit mit einer großen Ruhe ausgestattet. Nachdenklich ließ Lilith ihren Blick durch den Raum schweifen. Eigentlich blieb einzig die kleine Luke als Fluchtweg. Auch wenn sich dahinter nur ein tiefer Schacht verbarg.
Wieder kletterte Lilith auf die Bank, zog sich am Fenstersims hoch und spähte in den Schacht. Er sah verdammt tief aus. Aber er war die einzige Fluchtmöglichkeit.
14.
Lilith ließ sich noch einmal auf die Bank zurück sinken, konzentrierte sich und tankte Kraft. Dann zog sie ihren Körper zur Fensterbank hinauf. Die Mauer des Schachtes war, wie die Burg, aus dicken unregelmäßigen Steinen gebaut. Sie bot viele Möglichkeiten, sich festzuhalten oder die Füße aufzusetzen. Aber der Schacht war tief – ob und wo er endete, konnte Lilith nicht erkennen. Trotzdem musste sie es riskieren. Vorsichtig schob sie ihre Beine in den Schacht. Mit beiden Händen klammerte sie sich an der Fensterbank fest, suchte Halt mit den Füßen und kletterte langsam in die Dunkelheit.
Was passiert wohl mit geistigen Wesen, die eine Computerfigur geworden sind, wenn sie tödlich verunglücken?, dachte Lilith, während sie langsam einen Fuß neben den anderen setzte. Werden die dann wieder geistige Wesen? Das musste sie unbedingt Seraphin fragen, wenn sie hier rausgekommen war. Wenn. Aber noch lagen bestimmt fünf Meter Tiefe vor ihr.
Lilith zwang sich zur Konzentration.
Elias hatte eine kleine Luke im Schacht entdeckt, durch die er Lilith beobachten konnte. Mit großer Zufriedenheit sah er zu, wie Lilith ihren Körper durch die Luke zwängte. Dann blickte er auf den Plan der Burg und erkannte, dass sich am Ende des Schachts eine Holztür befand. Sollte Lilith also tatsächlich das Ende des Schachts erreichen, was er sich nicht vorstellen konnte, würde er diese Holztür verschließen. Dann würde sie in diesem engen Schacht verrecken.
Gespannt starrte Elias auf Lilith, die sich mühsam vorantastete. Angespannt sah sie aus, aber nicht ängstlich. Sie konzentrierte sich auf ihre Hände und Füße und blickte nicht nach unten. Es war schon erstaunlich, dass sie so mutig war. Schade, dass sie sterben musste. Aber Elias hatte keine Wahl. Sie war seinen Plänen im Weg und sie verhinderte Alinas großen Wunsch endlich sterben zu dürfen.
Ein kalter Windstoß fuhr durchs Zimmer. Elias blickte erschrocken zum Fenster, aber es war geschlossen. Was ging hier vor? Es war ihm, als wenn kalte und warme Luft wechselnd durch das Zimmer strömten. Das war ein unheimliches Gefühl. Elias zog seine Hand von der Maus zurück und schaute sich um. „Lilith?“, fragte er. „Bist du schon wieder hier? Verschwinde aus meinem Zimmer. Ich will dich nicht!“
Auf dem Monitor sah er, wie seine Spielfigur Lilith beobachtete: Die setzte ihren
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