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Himmlische Juwelen

Himmlische Juwelen

Titel: Himmlische Juwelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Manchmal bringen sie eine Zeitung mit oder
nehmen sich eine, die jemand liegengelassen hat. Oder sie machen ein
Nickerchen.« Sie schien zu überlegen, wie weit sie sich Caterina noch
anvertrauen durfte. »Manchmal, wenn es sehr kalt ist, schließe ich erst
später.«
    »Was ist denn die Aufgabe der Stiftung?«, fragte Caterina, um möglichst
viel über ihren neuen Arbeitsort in Erfahrung zu bringen.
    »Zu Beginn hat die Fondazione – ich arbeite erst seit drei Jahren
hier – Dottor Dardagos Willen entsprechend die Aufführung von Opern
subventioniert; Leute mit Geld unterstützt, die Partituren studiert und
geforscht haben.« Ihr Lächeln war einnehmend. »Steht alles in den Akten: Jeder
Betrag und wer ihn erhalten hat.« Sie unterbrach sich. »Seither hat sich viel
verändert.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Der erste Direktor hat das Geld schlecht angelegt, wodurch das
Stiftungsvermögen geschrumpft ist. Und da wir keine Fördermittel mehr vergeben
konnten, kam niemand mehr, der welche haben wollte. Vor zwölf Jahren hat Dottor
Asnaldi hier angefangen, und es wurde immer nur schlimmer. Dann gab es vor zwei
Jahren einen weiteren großen Verlust, und dann hat Dottor Asnaldi sich vor
einem Jahr aus dem Staub gemacht.«
    »Und was hat er hinterlassen?«, fragte Caterina, auch wenn das
neugierig wirken mochte. Roseanna kratzte sich nachdenklich unter einer ihrer
Locken. »Wir haben einen Rechnungsprüfer, der sich alle sechs Monate die Bücher
ansieht, und der sagt, vom Stiftungsvermögen ist fast nichts [28]  mehr übrig. Er
meint, es reicht höchstens noch, die Stiftung ein weiteres Jahr lang offen zu
halten.«
    »Und dann?«
    »Dann müssen wir wohl schließen«, sagte Roseanna und zuckte
resigniert die Achseln. »Wenn kein Geld mehr da ist…«, fing sie an, brachte den
Satz aber nicht zu Ende.
    »Wer hat das entschieden? Dottor Moretti?«
    »O nein. Ein anderer Anwalt, Fanno. Der verwaltet das
Stiftungsvermögen.« Caterina kannte den Namen nicht und hielt es nicht für
wichtig genug, sich näher nach ihm zu erkundigen. Dass die Tage der Stiftung
gezählt waren, war ohnedies offensichtlich: kein Computer, kein Telefon, und
dann dieser Kastratenroman im Regal. Auch wenn sie nicht für die Stiftung
arbeitete, fragte sie aus reiner Neugier: »Ist die Korrespondenz von Beginn an
archiviert?«
    »O ja«, sagte Signora Salvi. »Das liegt alles oben.« Sie wies
vielsagend mit dem Finger zur Decke.
    »Oben?«
    »Im Büro des Direktors.«
    Caterina beschrieb mit der Hand einen Kreis. »Ich dachte, das hier
ist das Büro des Direktors.«
    »O nein. Ich meine Dottor Asnaldis Büro, also sein ehemaliges Büro.«
Und etwas leiser: »Da stehen auch die Truhen. Dort sind sie sicher verwahrt.«

[29]  3
    Wie Lots Frau erstarrte Caterina zur Salzsäule,
verwandelte sich aber im Gegensatz zu jener sofort wieder in Fleisch und Blut:
»Aber das ist un…«, begann sie, brach aber mitten im Wort wieder ab. Sie hatte
keine Ahnung vom Aufbewahrungsort der Truhen gehabt, und für unmöglich hielt
sie mittlerweile so gut wie gar nichts mehr. Die Cousins hatten mit einer
Ehrfurcht von den Truhen gesprochen, als gehörten sie in einen Banktresor, doch
stattdessen standen sie in einer Wohnung, deren Fenster im Erdgeschoss nicht
einmal vergittert waren. In einer Wohnung, in die schon einmal eingebrochen
worden war.
    Caterina begriff nicht, warum die Truhen ausgerechnet hier in der
Fondazione lagerten. Das Stiftungsvermögen war so gut wie aufgebraucht, die
Büroräume hätten ebenso gut in Albanien sein können, die Heizung und der freie
Zutritt lockten mehr oder weniger Obdachlose in die Bibliothek, und doch hatte
man die Stiftung zur Aufbewahrung der Truhen auserkoren.
    In der Hoffnung, dass Roseanna ihre Gedanken nicht lesen konnte,
fuhr sie fort, als habe sie nur nach dem richtigen Wort gesucht: »…ungeheuer
beeindruckend, wirklich. Dass sie hier in Sicherheit sind.« Etwas Besseres fiel
ihr nicht ein, und da Roseanna freundlich blickte, fragte sie: »Wie ist denn
das möglich?«
    »Die Vorbesitzer haben den Tresor aus irgendeinem Grund in die Wand
einbauen lassen. Er war schon da, als die [30]  Stiftung die Wohnung angemietet
hat. Dottor Asnaldi hat ständig seine Scherze damit getrieben: Manchmal hat er
seinen Schirm hinter Schloss und Riegel verwahrt.« Roseanna senkte
verschwörerisch die Stimme: »Man hat dir doch davon erzählt, oder?«
    »Nicht ganz alles«, antwortete Caterina. »Viel
Hintergrundinformationen hat man mir

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