Himmlische Versuchung - Engelsjägerin #1 (German Edition)
sehen. Keine Fangzähne, keine blutverschmierten Lippen.«
Seine Äußerungen, die sicherlich nett gemeint waren, versetzten mir dennoch einen Stich. »Dann findest du mich hässlich, richtig?« Ich schob mit der Gabel ein paar Brocken auf dem Deckel herum. Was machte ich hier nur? Jetzt wollte ich von ihm hören, dass er mich hübsch fand. Und dann? Wäre er ein Dämon, würde ich ihn küssen. Aber das war er leider nicht. »Nein, vergiss es. Antworte mir nicht. Es war albern, so etwas zu fragen. Es ist nun mal meine Natur, so sehe ich aus. Was ändert es, was du dazu sagst.«
Levian sah starr auf die Schale vor sich und sein sonst so hübscher Mund war ein gerader Strich. »Schönheit wird immer im Auge des Betrachters entschieden«, sagte er zu seinem Essen.
»Und du bist nebenberuflich als Orakel tätig, ja?«
»Lass uns das Thema wechseln.« Er seufzte.
Ich war insgeheim beleidigt, obwohl er eigentlich nur Nettes gesagt hatte.
Wir aßen eine Weile schweigend, bis Levian plötzlich mit der Gabel an mir vorbeideutete. »Dein Computer blinkt plötzlich so komisch.«
Alarmiert riss ich den Kopf herum. »Schande, das wird meine Mutter sein. Sie ruft gern über den PC an, weil sie mich dann sehen kann.« Ich sprang vom Stuhl und räumte hastig ein paar Schälchen zusammen. »Das Zeug muss außer Sichtweite. Das ist auf dem Schirm sonst direkt hinter mir. Und du musst auch weg!«
»Warum drehst du nicht den Bildschirm einfach zur Seite, dann sieht sie nur die Couch im Hintergrund?«
»Hervorragende Idee.« Ich stürzte zu meinem niedrigen Schreibtisch, auf dem hauptsächlich der Computer stand, und riss wenig elegant am Bildschirm. Leider klemmte der drehbare Fuß, ich war viel zu ungeduldig und mit einem lauten Poltern fiel der Bildschirm nach hinten über auf den Fußboden.
»So kann man das Problem natürlich auch lösen«, sagte Levian von der Theke aus.
»Ganz toll.« Ich schnaufte, während ich unter den Schreibtisch kroch, um den Monitor zu retten, der zum Glück immer noch blinkte. Mit viel Mühe schaffte ich es, das elendig schwere Gerät wieder auf den Tisch zu stellen.
»Mutter«, japste ich, als ich den Bildschirm anschaltete. »Schön, dass du anrufst.«
»Warum keuchst du so? Wo ist deine Küche geblieben?«
»Ich … äh … putze gerade den Schreibtisch. Das musste dringend mal wieder sein. Dabei habe ich ein bisschen was verstellt.«
»Dein Gesicht leuchtet schon wieder so komisch«, sagte sie misstrauisch.
»Mutter, nicht jetzt«, zischte ich und automatisch wanderte mein Blick hinüber zum Engel, der einfach zuhörte und auch kein Geheimnis daraus machte.
»Wer ist da, wo du gerade hinguckst?«, wollte sie prompt wissen.
»Niemand.«
Meine Mutter reckte kampfeslustig das Kinn und beugte sich ein Stückchen näher über die Kante ihres Tisches. »Gut, dann bestelle diesem Niemand schöne Grüße von deinem Vater und sage ihm, wenn er dir auch nur einmal zu nah kommt, lässt er ihn unter falscher Anklage für den Rest seines Lebens im Hochsicherheitsgefängnis wegsperren.«
Mir fehlten spontan die Worte. Levian hatte die Gabel zur Seite gelegt.
»Und das ohne Prozess«, fügte sie noch hinzu. Dann schaltete sie ihre Mimik wieder um. »Geht es dir gut, mein Kind?« Ihr Lächeln machte mir plötzlich irgendwie Angst.
»Na ja … ich putze gerade«, stammelte ich.
»Was auch immer«, winkte meine Mutter ab. »Dann sehen wir uns morgen. Sei pünktlich.«
»Ja, sicher. Bis morgen.« Ihr Gesicht verschwand und der Bildschirm wurde dunkel.
Ich wandte mich Levian zu, der ein wenig blass aussah.
»Ich habe ihr jedes Wort geglaubt«, sagte er, als er meinen Blick auffing.
Am frühen Abend begann ich, unruhig zu werden.
Levian hatte mit mir zusammen die Küche aufgeräumt und sich angeboten, sein Blut in meinem Badezimmer wegzuwischen. Ich hatte ihm stattdessen Bettruhe verordnet und kurz mit Yaris telefoniert. Sie war erleichtert zu hören, dass es mir wieder besser ging. Danach hatte ich das Bad geputzt. Jetzt fühlte ich mich bereits wieder, als könnte ich Bäume ausreißen und mir drängte sich die aberwitzige Idee auf, unbedingt arbeiten gehen zu müssen. Das Problem war nur, dass mein Auto sicher im Hauptquartier parkte und meine Maschine vermutlich noch an unserem letzten Einsatzort stand. Ich konnte Yaris fragen, ob sie mich mitnehmen würde, aber das würde vermutlich nicht so gut bei ihr ankommen, wenn ich daran dachte, dass sie mich für heute vom Dienst freigestellt
Weitere Kostenlose Bücher