Himmlische Versuchung - Engelsjägerin #1 (German Edition)
Kauf.
Während ich auf die großen Tore der Fabrikhalle zuging, schaltete ich an meinem Helm das Visier auf Wärmebildmodus um. Sofort sah ich drei kleine gelbrote Silhouetten durch mein Sichtfeld huschen. Ratten, diese elenden Schmarotzer. Sie waren einfach nicht auszurotten. Die Menschheit stand kurz vor dem Aussterben, aber Ratten gab es immer noch überall.
Ich schlich um die rauen Mauern, steckte die Waffe weg und zog mich an einem der hohen Fenster hoch, um durch das verdreckte Glas einen Blick nach innen zu werfen. Doch auch hier war außer Ratten nichts verborgen. Seufzend ließ ich mich an dem rohen Beton wieder hinunterrutschen und die grobe Fassade zerrte an der Oberfläche meines Anzugs.
Wo hatte er sich versteckt? Wieder zurück bei meiner Maschine sah ich mich um, als ich links neben dem Gebäude eine unauffällige Seitenstraße entdeckte. Schmal, dunkel und zur Hälfte durch das angrenzende Fabrikgebäude überdacht. Hm, das war ein noch viel besserer Ort für einen Hinterhalt. Nur gut, dass Cayo mich nicht sehen konnte. Er hätte mir verboten, den Gang zu betreten und sicherheitshalber Verstärkung angefordert. Wie langweilig.
Vorsi chtig schlich ich näher. Meine Nasenflügel bebten, als ein wohlbekannter Geruch in meinen Helm drang. Süßlich, verlockend und warm. In dieser Gasse war etwas, das viel Blut verloren hatte, aber immer noch lebendig war. Ich legte den Kopf schief, und plötzlich hatte ich ihn.
Unter dem Fabrikvordach standen ein paar Industriemülltonnen. Aus einer strahlte es in hellem Rot. Volltreffer! Wie schwer verletzt musste man sein, wenn man sich freiwillig in einer Mülltonne versteckte? Ich wusste es doch, der Auftrag würde ein Spaziergang werden. Mit wenigen Schritten erreichte ich mein Ziel. Es stank nach verwesendem Fleisch, faulendem Abfall und Tierexkrementen.
»Bist du schon da?«
»Schon da und auch fündig geworden.« Ich trat gegen den bulligen Container. Der schwankte gefährlich und fiel um wie ein Bauklötzchen. Im Inneren polterte es.
»Sprich bitte in ganzen Sätzen, Nikka. Das gehört sich so«, mäkelte Cayo prompt. »Außerdem macht es die Kommunikation eindeutiger.«
»Jaja«, brummte ich, zog meine Waffe und hielt sie auf die metallene Klappe gerichtet. Es polterte erneut. »Lass mich jetzt arbeiten, Cayo.«
»Gut. Zentrale Ende.« Es knackte und raschelte in der Leitung, dann brach der Funkverkehr ab. Im Container war es still geworden. Ich riss an der Klappe und etwas kugelte mir vor die Füße. Eigentlich war das Ding viel zu groß zum Kugeln, doch es schien relativ gelenkig zu sein. Schnell schaltete ich den Wärmebildmodus aus. Es war tatsächlich ein Engel, was für eine Überraschung.
Ich starrte fasziniert auf ihn hinunter. Ich hatte noch nie Flügel aus der Nähe gesehen. Normalerweise konnten Engel sie einziehen wie Katzen ihre Krallen, weil sie beim Kämpfen extrem hinderlich waren. Doch dieser hier war offensichtlich zu verletzt dazu. Zusammen mit ein paar verschmierten Pappen kauerte er zu meinen Füßen und atmete schwer. Er sah nicht aus, als ob er sich noch großartig wehren könnte. Ich machte auch nirgendwo ein Schwert aus, also betrachtete ich ihn genauer. Sein Haar leuchtete hell, fast silbrig und seine Kleider sahen so aus, als hatte er bereits drei Wochen darin geschlafen. Was für ein elendes Bild. Er war kaum eine Kugel wert.
Plötzlich stöhnte er, richtete sich etwas auf und sah mir trotz meines dunklen Visiers direkt in die Augen. Sie waren alle schön, das war eine Tatsache. Engel sahen nun mal so aus. Doch sein Blick traf etwas tief in mir, das kein Hightechanzug schützen konnte. Ich schluckte und wich unwillkürlich einen halben Schritt zurück. Seine Augen waren von einem leuchtenden Blau, umrahmt von dunklen Wimpern und doch nur zwei i-Tüpfelchen auf seinem perfekten Antlitz. Ich starrte ihn ungeniert an, bis mir einfiel, dass mein neugieriger Blick trotz des getönten Visiers wohl nicht vor ihm verborgen blieb.
»Nikka?«, funkte Cayo in diesem Moment. »Alles roger? Hast du ihn?«
»Moment noch.«
Der Engel stöhnte ein zweites Mal und breitete seine Flügel in ganzer Pracht aus. Sie waren dunkelgrau, und die Federn hatten einen irisierenden Schimmer, dort, wo sie nicht blutig und zerfetzt waren. Ich blickte auf die flaumige Oberfläche und wollte sie unbedingt anfassen, die Hand ausstrecken und darüberstreicheln. Sie fühlten sich bestimmt ganz weich an.
Ich rief mich energisch zur Ordnung. Was war denn
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