Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben
wolltest?
Von Playboys
und Playmates
Ich will doch nur spielen,
ich tu doch nichts
…
Annett Louisan
„Eros“, schreibst du, „wird mir immer sympathischer. Was du von ihm erzählst, erinnert mich an meine Kids. Die wollen auch immerzu spielen. Und es gibt für sie nichts Schöneres als ein Spiel.“ Hey, das ist super. Das habe ich mir noch nie klargemacht, aber es trifft den Nagel auf den Kopf. So ist es: Eros ist ein Spieler – und Erotik ein spielerisches Geschehen.
So war es auch, als wir zwei uns begegneten. Weißt du noch? So ganze ohne Eros ging das nicht vonstatten. Da war eine gewisse Verliebtheit zwischen uns, eine leichte, freie, spielerische Verliebtheit, bei der klar war, dass keine feste Bindung daraus werden würde. Denn du warst liiert, und ich war liiert, und wir beide wussten, dass uns unsere Beziehungen wichtiger und heiliger waren als das erotische Knistern zwischen uns. Und so spielten wir ein wenig miteinander, spielten das Spiel von Aufeinander-Zugehen und Rückzug, von Enthüllung und Verbergen. Die Regeln waren dabei klar definiert, ebenso wie das Spielfeld. Aber ein paar schöne und fröhliche Spielzüge konnten wir unter diesen Bedingungen gleichwohl erproben. Das fühlte sich sehr lebendig an – vor allem aber sehr frei.
Frei – das ist das Stichwort. Erinnerst du dich an das, was ich über die ästhetische Erfahrung und ihren Bezug zur Schönheit gesagt habe? Ich hatte Kant erwähnt, der die Erfahrung von Schönheit als eine Erfahrung von Freiheit deutete: eine Erfahrung, die dich frei sein lässt von allen Nützlichkeitserwägungen, von allem Verstehen-Müssen, von allem Sich-Verhalten-Müssen. Die Erfahrung von Schönheit setzt, so Kant, eine großeDistanz zum Schönen voraus, für die er das Wort „interesselos“ prägte. Die erotische Erfahrung von Schönheit schien mir jedoch das genaue Gegenteil zu sein: Wer verliebt ist, hat größtes Interesse an seiner oder seinem Schönen, möchte sie oder ihn bei sich haben. Dein Liebster ist dir absolut verbindlich, keine Spur von Freiheit. Dank deines Hinweises sehe ich jetzt klarer: Es ist schon richtig, dass ich als Verliebter an meine Geliebte gebunden bin, weil Verliebtheit ja gerade das Bewusstsein des Verbundenseins ist, aber in dieser Verbundenheit bin ich doch trotzdem vollkommen frei, der zu sein, der ich bin. Und genau das ist doch die Erfahrung des Spiels: Wenn ich Fußball spiele – oder egal was –, dann bin ich ohne Wenn und Aber auf die Spielregeln, das Spielfeld, die Mitspieler verpflichtet; dennoch habe ich dabei alle Freiheit, mein Spiel zu spielen, mich auf dem Platz zu entfalten, den Ball so zu treten, wie es zu mir passt. Spielen, würde ich sagen, bedeutet genau diese Balance, diese Harmonie von Freiheit und Verbindlichkeit. Und das entspricht wiederum dem Wesen des Eros.
Klar kannst du als Verliebte(r) nicht tun und lassen, was du willst. Die Freiheit des Eros bedeutet keine Willkür. Und du kämest wohl auch gar nicht auf die Idee, alles nach deinem Gusto einrichten zu wollen, wenn du verliebt bist. Vielmehr wirst du es bei allem darauf anlegen, dem oder der Liebsten etwas Gutes zu tun, aber eben doch so, dass du dabei ganz du selbst sein kannst. Dass das in einem erotischen Miteinander möglich ist, scheint mir einer der Hauptgründe für seinen Zauber auszumachen. Schiller kommt mir da in den Sinn: „Der Mensch ist nur da Mensch, wo er spielt.“ – Ich würde das variieren und sagen: Der Mensch ist nur da Mensch, wo Eros in ihm spielt; denn es ist Eros, durch den in ihm das Leben zu sich selbst kommen will. Ja, Eros ist ein Spieler und Erotik ein Spiel.
Aber – ich höre schon deinen Einwand – wie kommt es, dass Verliebte dann oft so wenig Spielerisches an sich haben? Wieso wirken sie häufig verbissen und verkrampft? Wie kommt es, dass sie keineswegs miteinander spielen, sondern viel eher miteinander kämpfen oder ringen?Ich glaube, die Antwort ist klar: Es ist wie bei jedem anderen Spiel auch: Wenn ich nur spiele, weil ICH gewinnen will, dann wird es verkrampft. Will sagen: Sobald dein Ich in der Verliebtheit dominiert, legt es sich wie ein Schatten auf dein Herz. Das Herz ist das innere Kind in dir, das spielen will. Aber wo das Ich das Zepter schwingt, da darf es das nicht mehr. Da geht es nicht mehr darum, ein schönes Spiel zu spielen, das seinen ganzen Wert in sich selbst, in seinem Vollzug hat; sondern dann geht es darum, zu gewinnen und besitzen, zu haben und sich durchzusetzen
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