Hingabe
zuvor in ihrem Leben. Sie spürte das, sie wusste es sogar. Noch wenige Minuten, und sie war endlich da. Lena seufzte laut auf. Sie fühlte sich keineswegs unbehaglich, obwohl sie lediglich mit ihrer schwarzen Spitzenunterwäsche, ihren schwarzen Overknees und ihrem langen beigen Mantel bekleidet war. Sie fühlte sich sicher, erhaben, stark -wie eine Königin. Und ER gab ihr genau dieses Gefühl, dass sie eine Königin war. Eine Königin.
Schließlich kam sie an der Tiefgarage am Saturn-Haus an, hielt an der Schranke und zog die Karte.
‚Was würde passieren? Wie lange würde sie hier bleiben?‘
Sie mochte Parkhäuser und Tiefgaragen nicht. Eng, dunkel und alles andere als freundlich und sauber.
‚Warum hatte ER sie ausgerechnet hierhin bestellt?‘
So schnell, wie dieser Gedanke kam, verflog er auch wieder. Die Neugierde siegte, die Ungeduld kam dazu. Sie wollte es wissen.
Keine Unsicherheit. Auch in einer schwach beleuchteten Tiefgarage nicht. Lena fühlte sich sicher. Auch hier. Sie erreichte die vierte Tiefebene, schon in der dritten standen kaum Autos, hier in der vierten standen lediglich fünf oder sechs Wagen auf der ganzen Ebene. Es hatte in seinem Brief nicht gestanden, wo sie parken sollte.
Sie parkte ihr Auto irgendwo nahe einer Wand, neben einer Säule, und stellte den Motor ab. Lena schloss kurz die Augen. Dann stieg sie aus, schloss den Wagen ab. Sie steckte den Schlüssel in die Manteltasche und lehnte sich an den Wagen.
‚Nein, so soll ich das nicht machen. Ich soll zum Auto schauen, die Hände aufs Dach und auf IHN warten.‘
Lena dreht sich um. Sie nahm die Hände aus den Manteltaschen und legte sie auf das Dach. Dadurch, dass sie durch ihre Stiefel zusätzlich acht Zentimeter höher stand, musste sie sich ein ganzes Stück hinunter beugen, um beide Hände auf das Dach legen zu können. So stand sie da. Die Beine zunächst fast geschlossen, dann etwas bequemer die Beine etwas gespreizt. Die Hände lagen auf dem Stoffdach ihres Roadsters. Sie hatte ihren beigen Mantel an, darunter lediglich ihre schwarzen Spitzendessous von Agent Provokateur. Sie fühlte sich stark, sicher – Lena fühlte sich wie eine Königin.
Sie stand in einem Parkhaus, im vierten Unterdeck, die Hände an ihrem Auto und fühlte sich stark und sicher.
Gleichzeitig war da diese Unsicherheit.
‚Wann kommt ER? Was wird ER tun? Wie sieht ER aus? Wer ist ER überhaupt? Wie lange wird sie warten müssen?‘
Und:
‚Was wird passieren?‘
Die Ungewissheit, dieses Nichtwissen, es gefiel ihr. Keine Kontrolle, sie hatte keine Kontrolle mehr. Und doch spürte sie, wie sich etwas in ihrem Bauch zusammenzog. Kein Gefühl der Angst, nein, ein Gefühl der Lust. Sie schloss die Augen. Es passierte nichts und doch empfand Lena Lust. Sie war gezwungen, zu warten, untätig, nicht wissend, was folgen würde.
Plötzlich hörte sie Schritte näher kommen. Keine Absätze, es klang eher nach Lederschuhen, Halbschuhen. Es musste ein Mann sein. Die Schritte kamen näher. Nicht hastig, nicht langsam. Und doch hörte sie am Klang, dass die Schritte auf sie zu kamen. Die Person blieb stehen. Lena hielt den Atem an. Gleich würde ER sie ansprechen. Oder anfassen. Sie wurde betrachtet. Eine Autotür ging auf. Und fiel ins Schloss. Ein Motor wurde gestartet. Was passierte hier? Lena war versucht, sich umzudrehen. Allein ihr Wille hielt ihre Augen am Auto. Sie würde sich nicht umdrehen, sie würde das tun, was ER verlangte. Ihre Fingernägel schabten leicht über das Autodach, als das Auto wegfuhr.
Es war also nur ein ganz normaler Passant, der sein Auto abholte.
Leicht enttäuscht versuchte sich Lena auszumalen, was hätte passieren können. Vielleicht tritt ER von hinten an sie heran, sie hört IHN, riecht IHN – wie in der U-Bahn. Dieser betörende Duft, dieser männliche Duft. Sie würde IHN riechen, aufsaugen, sich von IHM betören lassen. Würde ER sie sanft festhalten, ihre Haare zur Seite streichen, ihren Hals, ihren Nacken küssen, während sie, die Hände auf dem Dach, am Auto stand? Allein diese Vorstellung raubte ihr fast den Atem. Lena spürte, wie sie Lust hatte. Unbändige Lust. Und ohne es überprüfen zu müssen, wusste sie, dass sie feucht war. Dass sich in ihrem sündhaft teuren Edelstring ihre Feuchtigkeit sammelte. Und das, während sie hier nur stand, in einer wahrhaft zweifelhaften Position, und sich vorstellte, was passieren könnte.
Es vergingen Sekunden, Minuten, Viertelstunden. Lena bewegtesich nicht und
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