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Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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bei Casanova noch immer nicht der Groschen gefallen war. »Er mag imstande sein, mich im Hier und Heute zu schützen, aber es ist nicht die Gegenwart, die mir Sorgen macht.« Myra war Agnes’ Erbin gewesen, bis sie sich sehr schlechter Gesellschaft angeschlossen hatte, mit dem Ergebnis ihrer Enterbung. Doch das Ausgestoßen werden hatte ihr nicht die Fähigkeiten genommen, was bedeutete: Sie konnte einen Abstecher in die Vergangenheit machen und dort eine Cassie angreifen, die noch gar nichts von ihr wusste. Sie hatte sogar die Möglichkeit, meinen Vater oder meine Mutter zu töten und auf diese Weise dafür zu sorgen, dass ich nie geboren wurde. Und Mircea konnte überhaupt nichts dagegen tun.
    »Aber wenn Antonio sie schützt, wie willst du dann …«
    »Ich habe einige Überraschungen für Tony. Was ich von dir brauche …«
    »Wird mich ziemlich viel kosten. Du ahnst nicht …« Casanova unterbrach sich, als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Was ist los?«
    Ich sprang auf, wackelte ein wenig in den Stöckelschuhen und beobachtete über Casanovas Kopf hinweg den Mann, der hereingestürmt kam. Ein Kriegsmagier, der mir besonders unsympathisch war, sprintete durch den Eingangsbereich. Sein kurzes blondes Haar sah wie von einer Machete geschnitten aus, und Zorn blitzte in den eisgrünen Augen, was keineswegs ungewöhnlich war. Ich hatte ihn nie lächeln gesehen und hielt es für einen guten Tag, wenn er nicht versuchte, mich umzubringen. Dieser Tag schien nicht besonders gut zu sein, denn der Typ trug seinen knielangen Ledermantel, unter dem sich ein ganzes Waffenarsenal verbarg.

Zwei
    »Ist das wirklich der, der er zu sein scheint?« Casanova richtete einen panischen Blick auf den Magier, dessen Mantel sich geöffnet hatte – darunter zeigte sich genug Feuerkraft, um eine ganze Streitmacht zu erledigen. Selbst Vampire waren in der Nähe von Kriegsmagiern vorsichtig, von Zauberern und Hexen, die vom Silbernen Kreis in menschlichen und magischen Kampftechniken ausgebildet wurden. Sie hatten die Zuerst-schießen-und-dann-Fragen-stellen-wenn-dir-danach-ist-Mentalität, die menschliche Ordnungskräfte im Wilden Westen zurückgelassen hatten. Andererseits bekamen Polizeibeamte es nicht mit den Überraschungen zu tun, denen sich solche Magier oft gegenübersahen.
    Diesen speziellen Kriegsmagier kannte ich bereits zur Genüge, und Casanova schien es ähnlich zu gehen. Ohne auf eine Antwort von mir zu warten, warf er alle Würde über Bord und duckte sich unter den Tisch. Ich fragte mich gerade, ob sich das Weglaufen lohnte, als Enyo von ihrem Barhocker sprang und herüberjoggte. Sie zeigte auf den Magier und hob buschige Augenbrauen, die in ihrem Fall nur leere Hautfalten schützten. Sie sprach kein Wort, aber ich glaubte trotzdem zu verstehen, was sie meinte. Voller Nachdruck schüttelte ich den Kopf. Nein, ein »Freund« war der Bursche im Ledermantel gewiss nicht.
    Enyo wandte sich dem Magier zu, den nur noch zwei Tische von mir trennten. Er blieb abrupt stehen, und einen Moment später wurde mir der Grund dafür klar. Die drei Schwestern waren nicht hübsch, welche Maßstäbe man auch anlegte, aber sie sahen recht harmlos aus. Enyos wie zusammengedrücktes Gesicht – es enthielt so viele Falten, dass das Fehlen der Augen kaum auffiel –, ihr zahnloser Mund und das wilde, zerzauste Haar ließen sie wie eine besonders hässliche Stadtstreicherin aussehen. Doch jetzt präsentierte sie sich in einem anderen Erscheinungsbild. Mein mythologisches Wissen war nicht sehr umfangreich und bestand hauptsächlich aus den Überbleibseln inzwischen lang zurückliegender Lehrstunden mit Eugenie, meiner alten Gouvernante. Dies war eine der Gelegenheiten, bei denen ich mir wünschte, besser aufgepasst zu haben. Wo eben noch eine kleine Alte gestanden hatte, ragte jetzt eine große Amazone auf, nur in knöchellanges, verfilztes Haar und viel Blut gekleidet. Enyos Verwandlung war so schnell vonstattengegangen, dass ich sie nicht mitbekommen hatte, doch das Gesicht des Kriegsmagiers Pritkin – es zeigte die blasse Verschlossenheit wahren Entsetzens – deutete darauf hin, dass der Vorgang recht eindrucksvoll gewesen sein musste. Ich entschied, dass ich auf die Einzelheiten gut verzichten konnte.
    Ich hatte nie behauptet, eine Heldin zu sein. Außerdem kroch Casanova fort, wobei er die Tische als Deckung benutzte, und ich wusste noch immer nicht, wo Tony steckte. Ich ließ mich zu Boden fallen und folgte ihm. Im nächsten

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