Hinreißend untot
sagte ich verärgert. »Und erklär mir, wie ich diesen verdammten Zauber loswerde.«
»Du wirst ihn nicht los«, erwiderte Casanova. »Ich gebe dir einen guten Rat,
Chica.
Kehr zu dem netten Meistervampir zurück, entschuldige dich für alle Unannehmlichkeiten, die du ihm bereitet hast, und tu, was er dir sagt. Es kann nicht in deinem Interesse sein, dir seinen Unwillen zuzuziehen.«
»Ich habe Mircea stinksauer gesehen«, sagte ich. Das stimmte – allerdings hatte der Zorn nicht mir gegolten. Ich stieß Casanovas Stuhl mit dem Fuß an. »Setz dich. Die Leute gucken schon.«
»Ja, sie sind aufmerksam geworden«, bestätigte Casanova. »Deshalb gehe ich jetzt in mein Büro, nehme das Telefon und rufe den großen Boss an. Wenn du nicht möchtest, dass er dich hier findet, solltest du dich schleunigst aus dem Staub machen. Was dir allerdings kaum was nützt.«
»Du hast Angst vor ihm!«
»Lass mich überlegen«, sagte Casanova sarkastisch. »Ja, stimmt, ich habe Angst vor ihm. Aus gutem Grund.«
Ich sah verwirrt zu ihm hoch. Der Vampir, den ich kannte, mochte es gar nicht, wenn man ihn verärgerte. Aber ich hatte ihn nie etwas tun sehen, das erklärte, warum ein alter Dämon in seinen Designerschuhen zitterte. »Wir reden doch von Mircea, nicht wahr?«
Casanova sah sich um, sank dann auf den Stuhl neben mir und wirkte auf fast komische Weise ernst. »Hör mir zu, Mädchen, und pass gut auf, denn ich sage dir dies nur einmal. Mircea ist der größte Manipulator, den ich kenne. Der Senat hat ihn nicht umsonst zum Hauptunterhändler gemacht – er bekommt immer, was er will. Mein Rat lautet: Behandle ihn mit Nachsicht; vielleicht wirst du dann auch von ihm mit Nachsicht behandelt.« Ich griff nach seiner Krawatte, damit er nicht zum nächsten Telefon lief, und zog ihn näher zu mir. Normalerweise hielt ich nichts von Gewalt – in den vergangenen Jahren hatte ich davon zu viel gesehen – aber im Moment brodelte es in mir. »Du hast deine Sprüche aufsagen können, und jetzt bin ich dran. Mit Manipulationen kenne ich mich aus. In meinem Leben hat es praktisch keinen Tag gegeben, an dem nicht jemand an meinen Strippen gezogen hätte. Auch dieser ganze Pythia-Kram ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Und weißt du was? Es spielt überhaupt keine Rolle. Ganz gleich, was Mircea denkt, ich gehöre ihm nicht. Ich gehöre niemandem. Und jeder, der mich von jetzt an zu verarschen versucht, wird feststellen, dass ich eine verdammt unangenehme Widersacherin bin. Kapiert?«
Casanova gab vor, keine Luft mehr zu bekommen, und ich ließ ihn los. Er lehnte sich zurück und wirkte mehr amüsiert als besorgt. »Wenn du so mächtig bist … Warum brauchst du dann meine Hilfe?«, fragte er. »Warum entfernst du den
Geis
nicht selbst und nutzt die Gelegenheit, deinen Zorn auf Antonio herabregnen zu lassen?«
»So läuft das nicht«, gab ich zurück. »Und was ist daran so verdammt komisch?«
Das Grinsen, das Casanova zurückzuhalten versucht hatte, breitete sich in seinem Gesicht aus. »Ein Insider-Witz«, gluckste er. »Du müsstest ein Inkubus sein, um ihn zu verstehen.«
»Gib mir die Kurzversion.«
Er sah mich wie verschämt an. In seinem markanten Gesicht hätte dieser Ausdruck eigentlich fehl am Platz sein sollen, aber irgendwie kriegte er es gut hin. »Gespannte Erwartung, könnte man sagen. Wie kurz vor dem Weltmeisterschafts-Boxkampf im Schwergewicht. In dieser Ecke …« Er sprach jetzt im Tonfall des Ansagers im Ring. »… haben wir Lord Mircea, in fünfhundert Jahren der politischen und sozialen Machenschaften und Intrigen ungeschlagen. Und in dieser Ecke sitzt seine Herausforderin, die täuschend süß wirkende Cassandra, Thronfolgerin der Pythia.« Casanovas Grinsen wurde noch breiter. »Weißt du, Cassie, für einen Inkubus kann es kaum besser werden. Wenn mir nicht so viel an der Unversehrtheit dieses Körpers läge, würde ich versuchen, einen Platz in der ersten Reihe am Ring zu ergattern.«
»Du redest dummes Zeug«, sagte ich voller Abscheu. »Ich will Antworten von dir hören, keinen Quatsch!«
»Wie wär’s, wenn du mal Antworten gibst?«, entgegnete Casanova. »Was hast du vor, wenn du Tony findest? Er kann auf eine ziemlich lange Existenz zurückblicken und dürfte alles andere als leicht zu töten sein. Warum entspannst du dich nicht und überlässt ihn Mircea? Früher oder später stöbert er ihn auf, und dann könnt ihr …«
»Mircea kann nicht mit Myra fertig werden!« Es erstaunte mich, dass
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