"Hinsetzen, anschnallen, Klappe halten!" - die unglaublichsten Mitfahrgeschichten
mich damit zu beruhigen, dass ich ja immerhin schon unzählige Fahrten überlebt habe. Doch dann setzt er an der Abfahrt Karlsruhe-Mitte plötzlich den Blinker und fährt ab.
Enrico tippt dem Fahrer auf die Schulter. »Hallo, wo hinfahren?«
Außer einem vergnügten Lachen kommt nichts. Schließlich greift der Fahrer nach seinem Handy
und liest während des Fahrens irgendwelche SMS. Er macht mich ganz nervös, weil er gar nicht mehr auf die Straße guckt, und schließlich einen Fahrradfahrer übersieht. Ich schreie: »Voooorsicht! Aaaachtung! Attention!« Er reißt daraufhin das Steuer herum – uns allen stockt der Atem.
»Der Kerl bringt uns noch um«, keucht Ernesto.
»Oder verschleppt uns nach Minsk und verkauft uns als Sklaven oder so«, witzelt Willi.
Mir ist nicht zum Lachen zumute. Im Gegenteil, mir ist speiübel.
Kurze Zeit später bringt sich eine Mutter mit Kind gerade noch rechtzeitig vor ihm in Sicherheit. Ich bin schweißgebadet und schließe mal wieder mit dem Leben ab.
Am Bahnhofsparkplatz halten wir, und kurz darauf kommt eine junge, blonde Frau fröhlich lächelnd mit kleinem Trolley auf uns zu. »Soll ich sie warnen?«, geht es mir durch den Kopf. Und ich habe schon die dramatische Vorstellung, Lebensretterin sein zu können.
»Hallo, bist du Gregors Bruder? Ich bin Meike!«, hören wir sie draußen.
»Der versteht nix«, ruft Willi ihr zu. »Wenn dir dein Leben lieb ist, nimm den Zug.«
Irritiert schaut sie uns an. »Wie meinst du das?«
»Ach nix.« Er winkt ab. Schließlich quetscht sie sich hinten neben Willi. Wir erzählen ihr in Kurzform die bisherigen Vorkommnisse, und sie ist wie erwartet ziemlich schockiert.
»Scheiße«, flüstert sie.
Und unsere Fahrt setzt sich weiter fort. Willi versucht es durchweg mit Galgenhumor: »Mal gespannt, wo wir noch überall halten. Auf unseren Beinen ist ja noch Platz für mindestens zwei weitere Mitfahrer. Und in den Kofferraum passen sicher auch noch zwei bis drei Hunde.«
»Falls da nicht schon ein oder zwei Leichen drin liegen!«, sagt Ernesto.
Die A8 ist ziemlich stark befahren, und ich habe die Hoffnung, dass Gregors Bruder sein Tempo zügeln muss. Doch denkste! Er fährt so nah auf den Vordermann auf, dass ich schon automatisch die Füße anziehe, um Abstand zu halten.
Die restlichen zweieinhalb Stunden sind die wohl längsten meines Lebens. Jedes Mal, wenn unsere rechte Spur zu einer Abfahrtsspur wird, kapiert er nicht, dass er wechseln muss, und ich schreie ihn verzweifelt an und wedle mit dem Arm nach links. Im letzten Moment vor der Leitplanke
reißt er dann das Steuer um. Und das alles bei russischer Diskomucke.
Problematisch wird es auch, als Meike zur Toilette muss.
»She has to go to the restroom!«, schreit Ernesto gegen die Musik an. Doch der Fahrer hebt nur lachend den Daumen nach oben und nickt. »Sie muss aufs Klo!«, schreie ich. »Pipiiii!«, füge ich hinzu.
»Meine Fresse, was heißt denn Pinkeln auf Russisch?« , überlegt Willi.
»Ich halt’s nicht mehr lange aus«, schluchzt die verzweifelte Meike, als er auch nach geraumer Zeit noch nicht schnallt, dass er rausfahren soll.
Schließlich habe ich die Idee, eine Freundin anzurufen und zu bitten, »Sie muss aufs Klo« auf Russisch zu googeln. Nach langem Hin und Her lässt sie mir die Übersetzung durchs Handy durchsagen – Google hat praktischerweise einen Audioübersetzer. Nur verstehe ich natürlich kein Wort und kann nur »Wadaschne-butzna-uinidas« wiedergeben.
Der Fahrer lacht laut auf, aber offenbar hat er verstanden – und fährt an der nächsten Ausfahrt tatsächlich raus. Meike ist mir unendlich
dankbar, Ernesto, Willi und ich sehen alle aus wie die Gespenster. Beim Blick in den Spiegel im Waschraum erkenne ich mich kaum wieder.
Schließlich überstehen wir auch noch den Rest der Fahrt und landen tatsächlich in München. Wohlbehalten.
Seit dieser Tortur vertraue ich voll und ganz meiner Intuition: Sobald ich ein negatives Bauchgefühl habe, fahre ich nicht mit.
Petra
Wild unterwegs
An einem brütend heißen Tag warte ich in Stuttgart-Feuerbach mit einer weiteren jungen Frau auf unsere Mitfahrgelegenheit nach München. Eine junge Mutter hat sie angeboten, und ich freue mich über die Abwechslung, als sie mit ihrem Van vorfährt und hinten zwei kleine Kinder in ihren Kindersitzen lachend winken.
Susa, die andere Mitfahrerin, nimmt hinten zwischen den Kids Platz und wird als Teilzeitnanny in ihre Pflichten eingewiesen.
»Ich bin
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