Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
soll, fehlt noch, dachte er besorgt.
Was hat Lena zu verbergen? Es muss etwas geben!
Paul durchsuchte ihre Schubladen vorsichtig,
durchstöberte ihr Bad und fand eine Perücke auf einem
Plastik-Kopf, wie ihn Friseure verwenden, neben dem
Waschbecken. Schnell schoss er ein Foto. Anschließend
untersuchte er ihren Schreibtisch und startete ihren Laptop.
Bitte geben Sie das Kennwort ein.
Er versuchte es mit ihrem Namen. Nichts. Weitere
Versuche. Das gleiche Ergebnis. Der PC schwieg. Jetzt sollte er
aber schnell verschwinden. Sie konnte jeden Moment
zurückkommen. Er musste einen anderen Weg finden, um etwas
über Lena in Erfahrung zu bringen.
In seiner Wohnung angekommen, recherchierte er im
Internet. Er googelte die Familie Anders. Hm, mal sehen, was es
da zu entdecken gibt, grübelte er ganz in seine Arbeit versunken.
Es musste doch noch eine Möglichkeit geben, mehr über diese
Frau zu erfahren.
„Na klar!“ Er sprang auf. „Warum ist mir das nicht eher
eingefallen?“
***
Wir liefen über den Weihnachtsmarkt. Wie jedes Jahr
standen die hübschen Holzstände an ihren gewohnten Plätzen.
Ich beobachtete Thilo von der Seite. Er schien sich wohl zu
fühlen.
Leider war es sehr voll dort. Plötzlich sah ich nur noch
Menschen. Sie schienen wie eine Masse zu schwimmen. Alles
begann sich zu drehen. Mein Puls raste. Ich rieb meine Hände an
der Jacke ab. Auf meinem Rücken spürte ich einen dünnen
Schweißfilm trotz der minus drei Grad.
Süße, ruhig durchatmen! Denk an was Schönes!
Die letzte Attacke war lange her. Ich durfte es nicht
zulassen, musste die Kontrolle behalten. Ängstlich hakte ich
mich bei Thilo ein, hielt mich beinahe fest, fühlte mich sicherer
an seiner Seite. Er stieß mich nicht weg, sondern führte mich
galant durch die Menschenmengen. Einatmen. Ausatmen.
Einatmen. Ausatmen. Stopp! Stopp! Stopp! Einatmen … Es
wirkte!
Wir kauften ein paar Dinge ein. Zigarren für meinen
Vater. Thilo erstand eine wunderschöne Kerze, die in
stundenlanger Handarbeit liebevoll hergestellt worden war, für
seine Mutter.
Er erzählte mir, er würde den Heiligenabend mit seiner
Mutter und Niklas verbringen. Melissa und ihre Geschwister
schauten eventuell später noch vorbei. Dann hätten sie wieder
ein volles Haus. Sehnsüchtig hörte ich ihm zu.
„Der Kleine freut sich schon so auf das Fest, Lena.
Melissa ist seine Patentante. Da sie auch kleine Kinder hat,
spielen die drei öfters zusammen.“
Mein Baby würde niemals eine solche Familie haben.
„Manchmal wechseln wir uns auch mit dem Babysitten ab“, riss
Thilo mich aus meinen Gedanken.
Schließlich redeten wir über meine Familie. Thilo hörte
aufmerksam zu, während ich von den Sorgen meiner Eltern
berichtete.
„Du, Lena, ich wusste ja gar nicht, dass dein Vater
arbeitslos ist. Was hat er denn gelernt?“, fragte er.
„Er ist Industrie-Mechaniker, kann aber so ziemlich
alles.“
„Meine Mutter sucht einen Gärtner. Meinst du, das könnte
was für ihn sein?“
„Vielleicht, Thilo. Ich werde meinen Vater fragen. Danke,
das ist echt lieb.“ Ich strahlte ihn an. Damit kann ich ihn an
Weihnachten überraschen.“
„Ja, das ist eine nette Idee, Lena.“ Er lächelte mich an.
„Eigentlich habe ich keine große Lust auf das Fest“,
flüsterte ich. Wir blieben bei einem Glühweinstand stehen.
„Soll ich dir etwas mitbringen, Lena?“
„Ja, ein Kinderpunsch wäre nett“, antworte ich
pflichtbewusst.
„Gerne. Warte hier! Bin gleich zurück.“
Thilo wirkte viel sicherer auf mich als am Anfang beim
Yoga.
„Prost. Auf dich!“, sagte Thilo mit einem Augenzwinkern.
Statt seiner Brille trug er heute Kontaktlinsen. Wir wärmten uns
an den heißen Punsch-Bechern. Es war richtig gemütlich, mir
wurde wohlig warm im Bauch.
„Ist eigentlich deine Frau an Weihnachten nicht dabei? Du
hast sie gar nicht …“
„Ich habe keine Frau“, unterbrach er und schaute mich
über seinen Glühweinbecher hinweg an.
„Bist du denn geschieden?“
Er sah traurig aus, während er mir erzählte, wie seine
Freundin ihn verlassen hatte.
„Ohne sich zu verabschieden, hat sie mich und Niklas
einfach sitzen gelassen. Versteh einer die Frauen.“
„Wie mein Ex“, rutschte es mir raus.
„Dann weißt du ja, wie schrecklich das ist.“ Dunkle
Augen blickten mich an, verweilten, lächelten.
„Man gibt sich selbst die Schuld, hat das Gefühl, man
hätte alles falsch gemacht, verliert den Boden
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