Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
meine Haare getönt, wollte
mal was Neues ausprobieren.“ Sie sah ihn direkt an, schien aber
mit ihren Gedanken woanders zu sein. „Du, Paul …“
„Ja, Lena.“ Sie schaute an ihm vorbei, wirkte unschlüssig,
ob sie weiter sprechen sollte.
„Könntest du über jemand anderen schreiben?“, stieß sie
schließlich hervor. „Mir ist im Moment gar nicht danach.“
„Hm, das wäre wirklich ein Problem, so kurzfristig noch
jemanden zu finden. Die Zeitung will es noch vor Weihnachten
drucken.“
„Ich will wirklich nicht … Du musst dir jemanden
suchen“, sagte sie zögernd aber bestimmt und in einem ihm
fremden Tonfall.
„Warum? Was ist denn los mit dir? Hast du Probleme,
Lena?“
„Das ist viel zu kompliziert, erzähle ich dir vielleicht ein
anderes Mal. Streich mich einfach von deiner Liste und frage
unsere Kollegin Andrea.Die ist bestimmt ganz verrückt darauf,
in der Zeitung zu erscheinen.“
Er rückte noch ein Stück näher. Sie rutschte in die gleiche
Richtung weiter, baute eine Distanz auf.
„Sag mal, Lena, hast du eigentlich einen neuen Freund?“
„Ja.“
„Ist es was Festes?“
„Und hast du eine Freundin?“, fragte sie zurück, als hätte
sie seine Frage gar nicht wahrgenommen.
„Ja. Komm, wir golfen noch eine Runde.“
Hastig sprang Paul auf und nahm die korrekte Position
ein. Sie begannen mit dem Anfänger-Parcours. Diese Runde ging
an ihn. Dann erhöhten sie den Schwierigkeitsgrad. Bei sechs von
neun Löchern besiegte er Lena. Treffer!, dachte Paul und bezog
dies nicht nur auf den Golfball, den er soeben versenkte.
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28
„War Ihnen in letzter Zeit schlecht?“
„Ich hatte eine Magen-Darm-Grippe.“
„Das glaube ich nicht, Sie sind bereits in der neunten
Schwangerschaftswoche! Das winzige Herz schlägt schon.
Herzlichen Glückwunsch!“, sagte die noch recht junge Dr. Lange
strahlend und zeigte mir mein Baby auf dem
Ultraschall-Monitor. Ich konnte nur graue, weiße und ein paar
schwarze Flecken erkennen. Bewegte sich der Punkt wirklich?
„Prima“, erwiderte ich nur halb so fröhlich wie sie.
Sie erklärte mir noch, wie ich mich in den nächsten
Monaten zu verhalten müsste. Ich sollte mir eine Hebamme
suchen.
Wieder auf der Straße angelangt, überlegte ich, was ich
tun könnte. Mein Blick fiel in die schön geschmückten
Schaufenster. Bald war Weihnachten. Ich sah glückliche
Familien beim Essen und spielende Kinder unterm Christbaum
sitzen. Und mein Kind. Die Diagnose der Ärztin hatte den letzten
Zweifel endgültig ausgeschlossen.
Tinas Nummer wählte sich wie von allein.
„Mut.“
„Hallo Tina, hier ist Lena.“
„Lena.“
„Du, Tina, ich wollte dich fragen, ob wir Weihnachten
zusammen feiern können. Du weißt doch, dass Mutter
ausgezogen ist, da mag ich nicht nach Hause gehen.“
„Lena, das geht leider nicht. Der Klaus kommt, er hat die
Kinder letztens kennengelernt. Wir sind jetzt fest zusammen und
wollen einen auf Familie machen, gell!“
„Ja, klar, dann mach es mal gut.“
„Tschüss, Lena.“
Ein Gefrierschrank hatte mehr Wärme.
***
Thilo rasierte sich ein weiteres Mal gründlich. Er grinste
sein Spiegelbild an. Dann zog er sich Mantel, Schal und
Handschuhe an und machte sich auf den Weg in die Stadt.
„Hallo Lena.“ Sie begrüßten sich mit einer flüchtigen
Umarmung. Lena stand in eine dicke graue Jacke eingepackt am
Brunnen auf dem Marktplatz. Ihre Hände steckten in den
Jackentaschen. „Schön dich zu sehen.“
„Ja.“
„Hey, deine Augen strahlen ja, Lena! Steht dir sehr gut.
Dir geht es wieder besser, oder?“
„Deine leuchten aber auch, Thilo. Ja, du hast Recht. Ich
fühle mich ein wenig … wie soll ich es nennen …
„… befreit? So siehst du nämlich aus. Du musst mir
unbedingt alles erzählen. Lass uns loslaufen.“
***
Paul beobachtete, wie Lena ihre Wohnung verließ und
nutzte die Zeit. Seinen Chef hatte er nochmals vertrösten
können.
„Keinen Tag länger. Noch in diesem Jahr!“
Gut, dass sein Kollege eine brandheiße Story vorlegen
konnte, die in der Ausgabe vor Weihnachten erscheinen sollte.
Dadurch gewann er Zeit für sein Projekt. Während er ein inneres
Stimmchen unterdrückte, das immer wieder sagte Lass es sein,
Paul, schloss er Lenas Wohnung auf.
In meinem Artikel könnten ein paar handfeste
Beweismittel nicht schaden. Die Idee steht ja zum Großteil
schon. Aber das gewisse Etwas, das den Leser ins Herz treffen
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