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Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Titel: Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa von Heyden
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Therapie hätte machen sollen, an meine Mutter. Das ist sozusagen das Fazit meiner Nachforschungen, wenn es denn eines gibt. Der Brief liegt seit Beginn der Reise als Lesezeichen in meinem Buch, aber bislang habe ich mich nicht getraut, ihn rauszuholen und zu lesen, weil ich Angst davor hatte, wie mein Vater darin beschrieben wird. Letztendlich ist es die Antwort auf die Frage nach dem »Warum«, die ich die ganze Zeit gesucht habe. Ist das wirklich alles, was von einem Leben übrig bleibt – zwei Seiten Papier?
    Sehr geehrte Frau Schulz,
    vielen Dank für Ihren Brief. Sie schreiben, dass Sie zurück ins Rheinland gegangen sind und dass es Ihnen gelungen ist, Ihre Verzweiflung zu überwinden und die Zeiten der Leere wieder mit Leben zu füllen. Ich freue mich darüber für Sie und insbesondere auch für Ihre Kinder. Zugleich wünsche ich Ihnen auch weiterhin den Mut und die Stärke, die Übermächtigkeit des Vergangenen zu überwinden, um die Anforderungen, welche die Gegenwart und die Zukunft an Sie und Ihre Familie stellen, zu erfüllen.
    Sie erinnern mich an meine Zusage, Ihnen kurz aufzuschreiben, was Ihr Mann und ich in unserem Gespräch kurz vor seinem Tod besprochen haben. Ich muss mir den Vorwurf machen, es seinerzeit nicht gleich getan zu haben, aber es gab einiges, was gegen ein solches Unterfangen sprach: Es ging mir ja bei unserem Zusammentreffen damals nicht so sehr darum, Informationen zu sammeln, Mitgeteiltes zu gliedern, zu gewichten oder gar zu werten, sondern ich hatte mich vor allem darauf konzentriert, Möglichkeiten zu suchen, den Überlebenswillen Ihres Mannes zu wecken und das Gespräch immer wieder auf dieses Ziel zu lenken. Da habe ich sicher manchem, was für Sie wichtig gewesen wäre, wenig Aufmerksamkeit gewidmet und die Einzelheiten unseres Gesprächs waren für mich bald nicht mehr wiederzugeben. Das hat meine Unsicherheit erhöht und mich immer wieder davon abgehalten, Ihren Wunsch zu erfüllen.
    Wenn ich heute an das Gespräch zurückdenke, so weiß ich eines mit Sicherheit: Wir haben während der ganzen Zeit nie über Schuldfragen und auch sehr wenig über die Ursachen für seine Störung gesprochen. Auch Ihr Mann hat nirgends angedeutet, dass er bestimmten Personen oder Lebensumständen die Schuld für seine Selbstvorwürfe und Selbstzweifel gab. Ihm schienen Erfolg und Ansehen viel zu bedeuten – Erfolg und Ansehen im Beruf, in der Gesellschaft und in der Familie. Ihr Mann machte mir an Beispielen deutlich, wie für ihn seit seiner Jugend Leistung und Erfolg bedeutsam gewesen waren. Aber es ist mir natürlich nicht möglich zu bewerten, ob Ihr Mann diesen Erfolgsdruck wirklich so erlebt hat oder ob diese Deutung der Vergangenheit von seinem gegenwärtigen Erleben beeinflusst war. Ihr Mann hat sich ja auch als erfolgreicher Arzt erlebt. Aber irgendwann haben dann Zweifel eingesetzt, Unsicherheiten über die Kriterien, an denen Erfolg zu messen ist. Und daraus ist dann das Krankheitsbild entstanden, das schließlich in das extrem negative Welterleben mündete, aus dem er keinen Ausweg mehr fand.
    Sie wollten außerdem von mir wissen, ob wir von der Beziehung gesprochen haben, die Ihr Mann zu Ihnen hatte.
    Ich weiß eines noch ganz sicher: Er hat seine Familie, also Sie und die Kinder, als die einzige Barriere für seine Todessehnsucht erlebt und Sie mit keinem Wort mit seinen Absichten in Verbindung gebracht. Ich bin mir sicher, dass er in seiner Familie glücklich gewesen wäre, wenn er überhaupt hätte glücklich sein können. Dass er es nicht werden konnte, lag nicht in Ihrer Macht.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Thomas Weiß



 
    Für den nächsten Morgen hat Magnus einen Bootstrip gebucht. Er will mit mir zu einem Strand fahren, den Anton und Valentin als »Traumstrand« empfohlen haben. Tatsächlich sitzen wir kurze Zeit später am schönsten Ort, an dem ich je war. Zum Sterben schön, könnte man sagen. Über unseren Köpfen rauscht der Wind durch die Palmen. Wir liegen nebeneinander auf einer Strohmatte, halten uns an den Händen fest und schauen in den Himmel. Außer Magnus und mir sind nur ein paar Krabben hier, die über den Puderzuckersand flitzen, sich ein kleines Loch graben und verschwinden. Die Sonne hüllt mich in eine warme Umarmung. Alles, was man hört, sind das Schwappen und Gluckern der Wellen und die schmatzenden Küsse, die Magnus und ich uns geben, weil wir es nicht fassen können, an diesem paradiesischen Ort zu sein. Vielleicht hätte mein Vater sich

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