Hinter dem Mond
gab es Plastiksäcke mit einer wirklich sehr ekligen braunen Matsche darin, die aussah wie Kot, die aber alle Kinder gierig lutschten und die anscheinend sauer schmeckte. Ich konnte es einfach nicht anfassen, geschweige denn probieren.
Manchmal gab es aber auch kleine, flauschige gelbe Küken zu kaufen. Da stand dann ein Mann mit einer großen Plastikwanne voller Küken, und alle tschiepten ganz entsetzlich laut. Ich konnte das nicht mit ansehen, die kleinen gelben Ergee-Küken auf dem Bushof ohne Mama, und kaufte mir zwei, um sie stolz mit nach Hause zu nehmen.
»Oh Gott, Küken«, meinte meine Mutter nur, »die werden sterben.«
»Sag doch nicht so was! Das werden super Hühner!«, sagte ich und besorgte eine große Schachtel, holte einen Trinknapf und ging raus, zu Kourosh am Ende unserer Kutsche, um Vogelfutter für meine Küken zu kaufen.
Die Küken tschiepten und tschiepten und tschiepten so laut, dass ich sie die ganze Nacht hörte und sie in unsere Speisekammer stellte, um in Ruhe schlafen zu können.
Am nächsten Tag, als ich aus der Schule kam, lagen die beiden Küken leicht verfilzt in ihrem Karton. Sie waren tot.
Ich war entsetzt. »Mama, Mama! Sie sind tot!« Ich fing natürlich an zu heulen.
»Ja, klar, die sind sicher alle krank, sonst würden die nicht an euch verkauft werden«, sagte sie einfach.
»Nein, das stimmt nicht!«
Ich war total traurig und fühlte mich schuldig. Meinen Küken war es nicht gut ergangen, weil ich mich nicht gut genug um sie gekümmert hatte.
Eine Woche später war der Kükenmann wieder da.
Ich kaufte diesmal drei Küken. Brachte sie fröhlich nach Hause, meine Mutter schüttelte den Kopf. Ich ließ sie in meinem Zimmer, deckte sie mit einem flauschigen Schal meiner Mutter zu, damit sie nicht frieren mussten, und streichelte sie viel, damit sie ihre Mutter nicht vermissten.
Diesmal dauerte es vier Tage, und es lagen zwei kleine gelbe Kükenleichen in der Schachtel. Das dritte lag fast regungslos mit geschlossenen Augen daneben und bewegte bloß den Schnabel ein wenig. Ein paar Stunden später bewegte sich Nummer drei auch nicht mehr.
Ich ging heulend zu meiner Mutter.
»Alle Küken sind tot, wääh.«
Meine Mutter schaute mich mitleidig an. »Kindchen, die sterben doch alle. Die müssen ganz viele sein, sonst gehen die ein. Aber kauf keine mehr!«
Ich fragte in der Schule herum, was aus den Küken der anderen geworden war.
Sie waren tatsächlich alle gestorben. Als der Kükenmann das nächste Mal auf dem Bushof stand, ging ich zu ihm und fuhr ihn an:
»Ich hab zweimal Küken gekauft, die sind alle gestorben.«
Der Mann zuckte mit den Schultern und sah mich lüstern an.
»Dann hast du ihnen schlechtes Futter gegeben.«
»Sie haben gar nicht gegessen, nur geschrien!«, schrie ich.
Der Mann schüttelte wieder den Kopf. Es interessierte ihn nicht.
Ich kaufte noch einmal vier Küken. Zwei davon starben wieder vier Tage später, die anderen beiden drei Tage danach.
Meine Mutter war jetzt richtig sauer. Sie warf die kleinen gelben Knäuel in den Müll und schimpfte mit mir, anstatt mich zu trösten. Aber ich sah es ein. Ich hatte anscheinend kein Talent zur Hühnerzucht. Ich musste mir etwas anderes überlegen.
Einige Wochen später stand in der Pause ein Mädchen aus der Parallelklasse mit einer Kiste auf dem Hof vor unserer Klasse. Um sie hatten sich Kinder geschart, die in die Kiste lugten. Ich ging hin und sah hinein: Darin saß ein kleines schwarz-weißes Kaninchen und mümmelte an einem Stück schrumpeliger Möhre.
»Wer ist das?«, fragte ich sie.
»Das ist eins unserer Zwergkaninchen, sechs Wochen alt, du kannst es kaufen.«
Ich fragte nicht weiter, wo das Kaninchen herkam, ich wollte das Kaninchen.
»Wie viel?«
»Hundert Toman.«
Hundert Toman entsprachen damals etwa fünfzig Euro. Ich hatte normalerweise in der Schule nicht so viel Geld dabei, aber an dem Tag zufällig schon, weil wir Geld für unseren Wandertag mitbringen sollten.
Ich rannte in die Klasse, nahm einen Schein aus meiner Schultasche und brachte ihn dem Mädchen. Sie gab mir die Kiste mit dem Hasen und ging.
Das war’s. Ich besaß einen Hasen. Der Hase war superniedlich, er hatte eine kleine rosa Nase, kleine Barthaare und er mümmelte ununterbrochen, auch wenn er gar nichts im Mund hatte.
Wenn man ihn zwickte, sagte er nichts, er zuckte nur ein bisschen. Etwas langweilig, dachte ich nach dreimal Zwicken, aber besser als die Küken auf jeden Fall.
Ein Problem würde meine
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