Hinter dem Mond
gesessen, nur um weit weg von ihm zu sein. Seine Nähe schnürte mir die Luft ab, und ich war in allen meinen Bewegungen befangen und wusste noch nicht einmal, wohin ich schauen oder meine Hände legen sollte.
Als das Flugzeug über Frankfurt zu kreisen begann, wurde ich aus meinen trüben Gedanken gerissen. Überraschend und plötzlich wurde mir ganz warm ums Herz. Ich sah aus dem kleinen Fenster die ordentlichen Straßen mit den hübschen, kleinen Häusern und den roten Dächern und den quadratischen Grünflächen drumherum. Eine Landschaft wie von den ernsthaften Händen eines kleinen Jungen um eine Spielzeugeisenbahn zusammengestellt, Straßen, Laternen, Parkplätze und Reihenhäuser. Nicht wie ein gigantischer Schrottplatz, bei dem man schon beim Anblick von oben im zermürbenden Chaos versank. Erdrückend und beängstigend, wie sich Teheran schon aus dem Flugzeug für mich angefühlt hatte. Alles unter mir sah aus wie eine perfekte Märklin-Landschaft, hübsch, ordentlich, sauber und adrett. Ich hatte in dem Stress der letzten Jahre ganz vergessen, wie schön Deutschland war und wie sehr ich diesen Anblick vermisst hatte. Auf einmal ging es mir viel besser und ich musste sogar etwas verliebt lächeln, so wie man immer unbewusst lächelt, wenn man jemanden sieht, den man sehr gern hat, und ich merkte, dass mir die Tränen das Gesicht herunterliefen. Je mehr wir uns der deutschen Erde näherten, desto besser ging es mir. Gleich war ich in Deutschland, dort, wo ich sein wollte und wo ich mich sicher fühlte. Egal, was ab jetzt sein würde, ich war wieder zu Hause. Das war die Hauptsache. Das Schlimmste lag hinter mir.
Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig.
1. Auflage 2012
Copyright © by Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg
www.hoca.de
Covergestaltung: b3k-design.de, Andrea Schneider
Coverabbildung: plainpicture/glasshouse/Stoltz
E-Book-Umsetzung: Jouve
ISBN 978-3-455-81059-2
Weitere Kostenlose Bücher