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Hinter verzauberten Fenstern

Hinter verzauberten Fenstern

Titel: Hinter verzauberten Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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Sogar ihre Eltern waren schon schlafen gegangen. Julia setzte sich auf. Keiner würde merken, wenn sie sich den Kalender doch mal ansehen würde: Das war immer noch interessanter, als nur hier rumzuliegen und Löcher in die Decke zu starren. Vorsichtig schob sie die Beine aus dem Bett. Brrr. Fast hätte sie sie gleich wieder zurückgezogen. Es war lausig kalt. Hastig schlüpfte sie in ihre Pantoffeln und zog sich den Morgenmantel an. Hellblau. Sie hatte einen roten gewollt. Aber Mama fand Blau hübscher. Na ja.
    Leise, ganz leise schlich sie zur Tür. Der Holzboden knarrte etwas, und direkt unter ihrem Zimmer schliefen ihre Eltern. Vorsichtig drehte sie den Schlüssel im Schloss herum.

    Besser, sie machte kein Licht an im Flur. Also im Dunkeln die Treppe hinunter und über den schmalen Flur zur Küchentür. Zum Glück stand sie offen. In der Küche war es stockdunkel. Julia tastete mit den Fingern über den Küchentisch, bis sie plötzlich die Pappe des Kalenders fühlte. Sie klemmte sich das Ding unter den Arm und schlich genauso lautlos zurück, wie sie gekommen war. Sie schloss die Tür wieder hinter sich zu und knipste die kleine Lampe neben ihrem Bett an. Dann kroch sie schnell samt Morgenmantel unter ihre Decke. Ein bisschen aufgeregt war sie nun doch, und ein ganz kleines bisschen neugierig. Sie zog die Knie an und lehnte den Kalender dagegen. Dann begann sie ihn zu betrachten. Misstrauisch. Mit grimmiger Miene.
    Das eine stand schon mal fest. Er war groß. Viel größer als ein Schokoladenkalender. Julia zog eine Hand unter der warmen Decke hervor und fuhr mit dem Finger über den silbernen Glitzerstaub, der überall auf dem Kalender war. Im Himmel, auf den Bäumen und auf dem Haus. Er glitzerte und schimmerte wie silberner Schnee. Schön!, dachte Julia – und ärgerte sich darüber. Sie betrachtete das Haus. Es war schmal und hoch – so hoch, dass die kahlen Bäume drum herum gerade bis zur zweiten Fensterreihe reichten. Das Dach war sehr spitz und dunkelrot, mit großen Schornsteinen. Das Haus sah nett aus, aber auch ein bisschen traurig. Es sieht aus, als ob es friert, dachte Julia. Dreiundzwanzig Fenster hatte es und eine hohe dunkelblaue Tür. Julia zählte acht Stockwerke. Pah, solche Häuser gibt es überhaupt nicht, dachte sie, nirgendwo.
    Auf jedem der geschlossenen Fenster war eine Zahl, groß und golden. Und auf der Tür prangte die 24. Die 1 war ganz oben – unter dem Dach. Bei Schokoladenkalendern waren die Zahlen ganz durcheinander. Aber bei diesem waren sie genau in der richtigen Reihenfolge.
    Julia holte wieder ihre Finger unter der Decke hervor und fuhr damit über die Fensterrahmen. Sie hatte fast schon vergessen, dass sie den Kalender nicht leiden mochte.
    So langsam begann sie eine Frage brennend zu interessieren: Was war hinter den dunklen Fenstern? Vielleicht die Bewohner von diesem komischen Haus? Sie ließ ihre kalten Finger wieder unter der Decke verschwinden und starrte von einem Fenster zum anderen. Was war dahinter? Na, was schon, dachte sie, irgendwelche blöden Bilder! Aber welche?
    Bei einem Schokoladenkalender wusste man immer ungefähr, was hinter den Türchen war. Die Bilder waren ja nie besonders aufregend. Aufregend war nur die Schokolade. Obwohl sie immer ziemlich muffig schmeckte. Aber hier… Was war bloß hinter den Fenstern? Wer war hinter den Fenstern?
    Julia schob ihr Gesicht ganz nah an den Kalender heran, bis ihre Nase an die Pappe stieß. Und dann versuchte sie, in das Fenster mit der 1 zu schielen. Ging natürlich nicht. Ärgerlich richtete Julia sich auf. So ein Blödsinn.
    Sie tat ja so, als ob das ein wirkliches Haus wäre. Aber es war nur ein Pappkalender – nicht mal dick genug für Schokoladentäfelchen, geschweige denn für Zimmer.
    Hm. Was war bloß auf den Bildern hinter den Fenstern? Eins könnte sie doch wenigstens mal aufmachen. Nur ein Stückchen, einen Spalt breit – damit sie es nach dem Hineinschielen gut wieder zubekam.
    Julia sah auf ihren großen Wecker. Na bitte. Es war schon nach Mitternacht. Also war jetzt der erste Dezember.
Wieder wanderten ihre Hände von der Wärme in die Kälte. Nervös machte sie sich an dem Fenster mit der 1 zu schaffen. Den Fingernagel unter die Ecke, ein Griff mit dem Daumen – und das Fenster klappte auf.
Julia blickte in eine düstere Rumpelkammer. Ein paar Kartons, eine alte Badewanne mit Klauenfüßen, ein verschnürter Sack, jede Menge Gerümpel. Und an einem klapprigen Kleiderständer hing ein riesiger,

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