Hintergangen
können, als sie gehört hatte, dass Danika verschwunden war, hatte aber vermutet, dass es entweder bereits zu spät oder das Mädchen jetzt, wo Hugo tot war, ja in Sicherheit sein würde. Um Alexa zu schützen, hatte sie sich fürs Schweigen entschieden.
Doch Tom wollte die Sache keinesfalls auf sich beruhen lassen.
»Moment mal, Laura. Sie haben gesagt, in Ihren Wahnideen hätten Sie sich vorgestellt, dass mit den Mädchen ›womöglich‹ etwas passiert sei und dass Hugo involviert sein ›könnte‹. So wie es sich jetzt anhört, haben Sie aber gewusst, dass da etwas vor sich gegangen ist. Danika hat uns nach ihrer Rückkehr erklärt, weshalb sie weg gewesen ist: Eine andere Freundin von ihr, Mirela Tinescy, ist erst vor Kurzem verschwunden und hat anscheinend eine Nachricht hinterlassen – eine Nachricht, der niemand geglaubt hat. Sie ist immer noch verschwunden, Laura. Falls Hugo sie mitgenommen hat, was, glauben Sie, hat er mit ihr gemacht?«
»Dann glauben Sie also, dass ich recht hatte? Dass es nicht nur eine Wahnvorstellung war? Sie glauben nicht, dass ich verrückt bin, oder?«
Toms Blick war so voller Mitgefühl, dass Laura die Tränen kamen. Als er sie so besorgt anschaute, wusste sie, dass er sich gerade ihr Leben mit Hugo und die Jahre im Pflegeheim vorstellte. Er stand auf, setzte sich neben sie auf das Sofa und wandte sich ihr ganz zu. Dann nahm er ihre kalten Hände in die seinen, und seine Stimme war unendlich sanft, als er es sagte.
»Laura, James Sinclair hat Becky gebeten, Imogens Laptop aus ihrem Zimmer zu holen. Daneben auf dem Bett lag ein Brief. Von Ihnen, Laura.«
Behutsam versuchte er, etwas Wärme in ihre Hände zu massieren, ohne seinen mitfühlenden Blick von ihrem Gesicht abzuwenden.
»Und ich weiß, was darinsteht.«
30. Kapitel
Dezember 2006
Liebe Imogen,
heute war ein ganz seltsamer Tag: Im einen Moment war das Wetter stürmisch, mit Platzregen, dann blitzte zwischendurch immer wieder die Sonne hervor. Aber es war nicht beständig genug, dass man den Garten hätte winterfest machen können. Ich weiß, wir haben Gärtner, aber wenn ich nicht langsam etwas zu tun bekomme, werde ich allmählich wirklich verrückt!
Also habe ich gestern den ganzen Tag bloß dagesessen und aus dem Fenster geschaut. Ich habe mich verzweifelt nach Italien zurückgewünscht. Dort kann ich mir wenigstens die bösen Geister vom Leib halten, hier habe ich sie ständig vor mir. Und dann habe ich an dich gedacht, meine liebe, verloren geglaubte Freundin.
Seit einem Jahr bin ich nun wieder in Ashbury Park, muss aber immer noch sehr vorsichtig sein. Ich kann mir keinen Fehltritt leisten, muss so tun, als sei ich eingeschüchtert und völlig unter Hugos Fuchtel. Ich bin hier nur aus einem einzigen Grund, einem Grund, den ich dir noch nicht genannt habe. Ich kann die Vorstellung nicht ertragen, ihn niederzuschreiben, aber sicher wirst du ihn bald erfahren.
Ich hätte doch nach Italien fahren sollen. Ich war nur diese Woche hier, weil ich gedacht habe, Hugo hätte es gern, wenn ich ihm bei den Weihnachtsvorbereitungen helfe, besonders beim Geschenkekauf für Alexa. Stattdessen scheint er sich zu ärgern, dass ich hier bin.
Inzwischen sehen wir uns kaum noch – was mir ganz recht ist. Hugo geht regelmäßig aus, bleibt oft auch über Nacht weg. Manchmal scheint ihn die Aussicht auf den Abend in absolute Hochstimmung zu versetzen, ich kann also nur vermuten, dass er eine Geliebte hat. Die Ärmste!
Nachdem er mich gebeten hatte, die Einkäufe zu koordinieren, hat er vorhin angerufen, um zu sagen, dass er ein paar Tage nicht da sein würde. Wie immer wollte er nicht gestört werden. Er hat richtig verärgert über irgendetwas geklungen, aber gut – wenigstens muss ich heute Abend nicht wieder so eine Show abziehen.
Ich hatte es mir also mit einem Glas Wein und einem guten Buch am Kaminfeuer bequem gemacht, als es draußen am Tor geklingelt hat. Hier kommt nie jemand ungebeten her, und es werden auch kaum Einladungen ausgesprochen. Ich habe also kurz überlegt, ob du es vielleicht sein könntest!
An der Sprechanlage hat sich dann aber eine unbekannte Stimme gemeldet.
»Hallo. Ich möchte gern Sir Hugo Fletcher sprechen, bitte. Mein Name ist Danika Bojin.«
»Tut mir leid, aber mein Mann ist nicht hier. Und ich fürchte, er möchte auch keine geschäftlichen Angelegenheiten zu Hause besprechen. Vielleicht könnten Sie im Büro fragen?«
»Ich schon vor zwei Tage im Büro gewesen, und niemand mir
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