Hintergangen
betrachtet.
»Hugo hat mir eigentlich einen Gefallen getan, als er mich das zweite Mal weggesperrt hat. Dadurch hatte ich Zeit, einen Plan auszuarbeiten. Ich musste Alexa retten und wusste, dass es dafür nur eine Möglichkeit gab.«
Sie kämpfte schwer gegen den Drang an, sich von Tom trösten zu lassen. Sie versuchte, so nüchtern wie möglich zu bleiben, während sie ihre Geschichte erzählte. Ihr war immer bewusst gewesen, dass sie eines Tages vielleicht einen Preis würde zahlen müssen, und vielleicht war es jetzt so weit.
»Wie geht es Alexa? Wie kommt sie zurecht?«, fragte Tom.
»Sie schafft es ganz gut, denke ich. Annabel hat in Portugal irgendeinen reichen Tycoon gefunden, ist also selten hier im Land – was bedeutet, dass Alexa alle Wochenenden und Ferien bei mir verbringen kann. Damit ist allen gedient. Ich habe mir Hilfe geholt, wie man mit der Tatsache umgeht, dass ihr Vater einige seltsame Vorstellungen von Nähe hatte, und wir arbeiten dran.«
Laura wandte sich Tom zu. Sie wusste immer noch nicht, was er tun würde, war aber froh, dass sie ehrlich zu ihm gewesen war.
»So, nun wissen Sie alles. Und was jetzt?«
Tom schüttelte den Kopf. Er wirkte erschöpft, als hätten die Ereignisse des letzten halben Jahres einen schweren Tribut gefordert.
»Sie wissen, dass ich als Polizist einen Eid geschworen habe? Im letzten halben Jahr habe ich aber nicht von einer, sondern von zwei Mörderinnen gewusst. Und bei keiner von beiden etwas unternommen. Was bin ich dadurch also?«
»Zwei? Da war aber doch bloß ich involviert – bitte, ziehen Sie Imogen nicht mit hinein. Sie war zwar Komplizin, aber eines Mordes hat sie sich nicht schuldig gemacht.«
Tom schüttelte den Kopf.
»Haben Sie sich nie gefragt, wie das mit Beatrice war? Nach dem, was sie mir auf dem Weg nach Dorset gesagt hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie ihren Vater getötet hat. Das lässt sich nun aber nicht mehr beweisen. Er hat es wahrscheinlich ebenfalls verdient. Ein schöner Polizist bin ich, was?«
»Wissen Sie was – ich finde, Sie sind ein ausgezeichneter Polizist, Tom. Es tut mir so leid, dass ich Sie in diese Lage bringen muss. Ich hätte es nicht getan, wenn ich nicht bereit gewesen wäre, die Konsequenzen zu akzeptieren.«
Tom sah aus, als wäre er den Tränen nahe, und Laura sehnte sich danach, ihn tröstend in den Arm zu nehmen. Doch sie ging nicht in seine Nähe. Eine Zeit lang sagte keiner etwas. Schließlich erhob Tom sich vom Sofa und kam auf sie zu. Etwa einen Meter vor ihr blieb er stehen und schaute ihr in die Augen.
»Ich weiß, Sie würden es mir nicht zum Vorwurf machen, wenn ich Sie verhafte. Das werde ich aber nicht tun, obwohl mir eigentlich nicht recht klar ist, wie ich damit leben soll. Aber wenn ich Sie verhafte, muss ich Imogen auch verhaften – sie ist Mittäterin, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht. Damit wäre ihr Leben zerstört, Wills Leben und vermutlich auch das Ihrer Mutter. Und was soll ohne Sie aus Alexa werden? Sie hat schon zu viel mitmachen müssen. Nur die Unschuldigen würden leiden – und von denen haben genug gelitten. Mit Hugos Tod haben Sie der Welt einen Gefallen getan, und ich denke, Ihre Strafe war die zehn Jahre davor schon schlimm genug. Ich kann es einfach nicht mit mir vereinbaren, mindestens fünf Menschen in unendliches Elend zu stürzen, bloß weil ein abgrundtief schlechter Mensch sterben musste.«
Laura sagte nichts. Sie wusste, er war noch nicht fertig. Er hatte die Hände nach ihren ausgestreckt, und sie ergriff sie begierig, obgleich keiner dem anderen näher kam.
»Es ist so, Laura, wenn ich jetzt gehe, werde ich Sie nie wiedersehen können. Das verstehen Sie doch, ja? Ich bewundere Sie für Ihre Stärke, Ihre Hingabe und Ihre Integrität – was sich unter diesen Umständen vielleicht merkwürdig anhört. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass Sie leiden müssen, und hätte gern die Chance, Ihnen dabei zu helfen, sich von dem Schaden, den dieser Dreckskerl Ihnen zugefügt hat, zu erholen. Aber ich bin Polizist. Deshalb muss ich gehen, Laura. Wie auch immer ich persönlich dazu stehe – ich werde mich niemals dazu durchringen können, einen Mord zu billigen, auch wenn ich ihn als gerechtfertigt ansehe.«
Laura sagte nichts, doch sie verstand. Sie hatte das Gefühl, sie hätte diesen Mann lieben können. Doch die Barriere zwischen ihnen war zu groß. Und sie wusste, dass es wohl niemals einen anderen Mann für sie geben würde – denn Liebe
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