Hinterhalt am Schwarzen Fels
wirst du schon merken.«
Noch mit dem letzten Wort
schnellte er vor. Ein flacher Halbkreistritt. Blitzartig. Der schwere
Marschierstiefel traf Tim zwischen Hüfte und Oberschenkel. Der TKKG-Häuptling
saß am Boden und spürte den Schmerz wie eine glühende Nadel.
Die Attacke war unfair gewesen,
denn der Kampf war noch nicht eröffnet. Jemand schrie auf vor Entsetzen. Und
der Vermummte toppte seine Tücke, indem er mit voller Wucht den nächsten Tritt
auf Tims Gesicht abfeuerte.
Aber jetzt war der
TKKG-Häuptling hellwach. Mit beiden Händen fing er den Fuß ab. Zum Aufspringen
blieb keine Zeit. Mit einem Ruck drehte Tim den Fuß nach außen. Der Vermummte
musste nachgeben, sonst wäre sein Knöchel gebrochen. Er wurde vom Standbein
gekippt, purzelte zu Boden, drehte aber elegant eine Judorolle und kam wieder
auf die Füße. Gerade rechtzeitig, um sich einen hammerharten Tritt auf die
kurzen Rippen rechts einzufangen. Dort sitzt die Leber — eine klassische
K.o.-Stelle.
Der Vermummte blubberte und
knickte ein. Tims rechte Faust knallte voll auf die Wollmaske — dorthin, wo sie
von der Nase gewölbt wurde. Die gab nach wie ein Erker aus Brotteig. Tims
hochgerissener linker Haken war schon unterwegs und traf den Vermummten am
Kinn.
Er fiel um, faltete sich
zusammen wie ein leerer Kartoffelsack und blieb liegen.
Tim verharrte, die Fäuste in
Kampfhaltung. Er rührte sich nicht.
Werden sie jetzt auf mich
schießen?, dachte er.
Nichts geschah. Klugerweise
hielten sich auch Freunde und Mitschüler zurück. Kein Beifall, kein Jubel.
Instinktiv vermied jeder, was die Verbrecher gereizt hätte.
Tim wandte sich um zu dem
Anführer. »Ich bin’s nicht, den man hier wegtragen muss.« Gottogott, Ottos Mops
kotzt!, dachte er. Peter Carsten kann’s nicht lassen.
Stille.
Dann sagte der Anführer: »Das
war nicht schlecht. Bist du Champion (Meister in einer Sportart)!«
»Hab ‘ne Menge Pokale.«
Der Anführer machte ein
Handzeichen. Zwei seiner Leute packten den Bewusstlosen und schleppten ihn —
seine Füße schleiften nach — auf die Schattenseite, wo sie in die Forststraße
eintauchten. Der Verlierer wurde zum Wagen gebracht.
Dann ging alles ganz rasch. Die
Geiseln wurden zusammengepfercht und von drei Vermummten in dieselbe Richtung
getrieben. Paula und die Jungs trotteten ergeben. Rebecca konnte sich kaum auf
den Beinen halten. Mehrmals blickte sie zurück, und ihr Anblick schnitt wohl
jedem ins Herz: das stumme Entsetzen auf ihrem Gesicht.
Tim sah, wie Gaby die Hand hob
zu einem schwachen Winken und aufmunternd lächelte. Dann wurden die Geiseln
geschluckt von der Dunkelheit.
Der Anführer und drei weitere
Vermummte hielten den Rest der 9b in Schach. Einer warf die Handys in einen
Leinenbeutel, den er schulterte.
»Zehn Minuten rührt ihr euch
nicht von der Stelle«, gebot der Obermotz. »Ist das klar?! Zehn Minuten! Seht
auf die Uhr. Danach könnt ihr zur Herberge absocken. Oder macht ein
Geländespiel. Das entspannt.«
Tim horchte auf die Stimme.
Feixte der Kerl? Nein. Da war nicht mal ein Grinsen herauszuhören.
Im Laufschritt räumten sie das
Feld. Die Marschierstiefel dröhnten. Wie bei einer militärischen Übung.
Als die Schritte auf der
Forststraße verklangen, sagte Tim: »Ich sause hinterher. Vielleicht kann ich
ein Nummernschild erkennen.«
»Tim, du bleibst hier!«, rief
Midler. »Das ist eine Anordnung! Es reicht. Nicht noch mehr Aufregung. Wenn die
dich entdecken— diesmal würden sie auf dich schießen.«
»Sie entdecken mich nicht. Herr
Doktor, ich...«
»Du bleibst hier! Keine
Widerrede!«
»Mit dem Kennzeichen hätten wir
die Chance...« Er sprach nicht weiter.
Auf der Forststraße wurde ein
Motor angelassen, dann noch einer. Scheinwerfer flammten auf hinter Bäumen.
Eine Illuminierung ( Festbeleuchtung ). Aber erkennen konnte man nichts.
Die Wagen fuhren ab, erhöhten das Tempo. Das geisterhafte Licht entfernte sich
rasch und war dann nicht mehr zu sehen.
Zu spät!, dachte Tim. Vertane
Chance. Ich hätte lossprinten sollen, ohne zu fragen.
19. Lange
Nacht in der Herberge
Der Mond ist mein Freund,
dachte Tim. Er leuchtet mir den Weg.
Tim rannte mit
Höchstgeschwindigkeit, legte ein Tempo vor wie bei einem Geländelaufwettbewerb.
Dabei ließ sich natürlich die Fackel nicht mitnehmen. Sie hätte ihn nur
behindert. Also strengte er seine Augen an und vertraute dem Mond.
Der TKKG-Häuptling war der
beste Läufer. Und jetzt galt es, ganz rasch Hilfe zu holen, das heißt,
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