Hinterhalt am Schwarzen Fels
dich auf, was?
Wohl der typische Verantwortungsträger?«
»Wenn Sie in Ihrer Jugend
gelernt hätten, was Verantwortung ist, wären Sie nicht geworden, was Sie jetzt
sind.«
Ziemlich kesse Lippe, dachte er
in derselben Sekunde. Eines Tages rede ich mich noch mal um Kopf und Kragen.
Der Anführer trat auf ihn zu.
»Bist du lebensmüde? Oder nur dämlich?« Indem er die MP wie einen Rammbock
benutzte, holte er bedächtig mit ihr aus.
»Sie können mich jetzt
schlagen«, sagte Tim rasch. »Der Gipfel der Feigheit — wenn das Opfer wehrlos
und man selbst in erdrückender Übermacht ist. Nicht mal die schäbigste
Ganovenehre lässt das zu. Wenn Sie wirklich was draufhaben, Obermotz, dann
legen Sie die Knarre weg und gehen ein Stück mit mir beiseite.«
Die Bewegung erstarrte. Die MP
wurde gesenkt. Gabys Atem zischte. Tim wusste, was seine Freundin jetzt dachte.
Den Kopf würde sie ihm waschen — später, wenn all das hier vorbei war.
»Er... er meint es nicht so«,
sagte Midler. »Tim hat... zu viel Temperament.«
»Doch, doch! Der Saubengel
meint es so. Willst dich mit mir prügeln, wie? Wenn du gewinnst, entschuldigen
wir uns und ziehen unverrichteter Dinge ab. Darauf willst du hinaus, was?«
Tim ruderte zehn Zentimeter
zurück. »Ich wollte nicht, dass Sie mich mit der MP schlagen. Ein Duell muss
nicht sein.«
»Überlass ihn mir, Boss!«,
sagte eine kläffige Stimme aus dem hinteren Halbkreis. »Er will Dresche haben
und die kann er kriegen. Hier ist die richtige Arena und kein Mensch wird uns
stören.«
Hoppla!, dachte Tim.
Der Anführer wollte bereits
abwehren, besann sich aber anders. »Warum eigentlich nicht? Der Armleuchter
braucht ‘ne Abreibung. Aber damit du’s weißt, äh... Tim. Dabei geht es um gar
nichts. Wenn mein Fighter mit dir fertig ist, werden dich deine Mitschüler zur
Jugendherberge tragen — und dann bist du schnell im Krankenhaus.«
»Ich kann das nicht zulassen«,
rief Midler. »Ich habe die Verantwortung für alle Schüler und...«
»Schnauze, Steißtrommler!«,
fuhr der Boss ihn an. »Der Bengel hat es sich selbst zuzuschreiben. Ihr habt
Logenplätze. Wie schön! Dürft zusehen, wie der Armleuchter untergeht.«
Tim hatte sich umgedreht und
spähte nach seinem Gegner.
Vier MP-Typen bildeten den
Halbkreis hinter ihnen. Einer wirkte zu plump. Ein anderer war zu klein und zu
schmächtig. Die schiefe Haltung des dritten verriet totale Unsportlichkeit.
Aber der vierte wirkte stählern: ein mittelgroßer Weltergewichtler (Gewichtsklasse
im Boxen bis 67 Kilo), vermutlich, der jetzt locker auf den Ballen wippte.
Das ist er, dachte Tim.
17. Keine
Verbindung
Etwa zur gleichen Zeit saßen
Kommissar Glockner und seine Frau Margot beieinander in ihrem gemütlichen
Wohnzimmer. Der Tag sollte ausklingen.
Heute und morgen wären
eigentlich frei gewesen für Gabys Vater, aber ungezählte Überstunden im Dienst
sind eine Sache, Personalmangel eine andere. Erst vor einer halben Stunde war
der Hauptkommissar aus dem Präsidium heimgekommen.
Ein klarer Sternenhimmel wölbte
sich über die Millionenstadt. Natürlich würde auch heute Nacht wieder viel
passieren. Aber daran mochte der Kommissar jetzt nicht denken.
Margot trank ein Glas Wein. Ihr
Mann, der seinen Vornamen Emil nur selten hört, hatte sich ein Bier
eingeschenkt.
»Was sie jetzt wohl machen?«,
sagte Margot versonnen — und meinte natürlich Gaby und die Jungs und die 9b
überhaupt.
»Eine Nachtwanderung, soviel
ich weiß.«
»Ja. Und das Wetter ist gut.
Auch im Witwen-Stein-Tal. Vorhin habe ich Wetternachrichten gehört.«
»Bestimmt eine romantische
Sache.« Er trank einen Schluck.
»Bestimmt. Tim wird Gaby nicht
von der Seite weichen.«
»Das erwarte ich aber auch von
unserem künftigen Schwiegersohn.«
Margot lachte. »O Himmel! Bis
dahin sind’s noch so viele Jahre.«
»Eine große Liebe, Margot, hält
das aus. Sie kann nicht genug kriegen an Jahren zu zweit.«
»Schön gesagt.«
»Ist nicht von mir. Du wirst es
kaum glauben — so hat sich Tim ausgedrückt, als wir uns ganz allgemein
unterhielten. Aber natürlich war’s auf Gaby gemünzt.«
Margot lächelte. Eine
Kirchturmglocke in der Altstadt schlug. Es war Viertel vor elf in der Nacht.
»Habt ihr irgendwelche neuen
Erkenntnisse?«, fragte Margot.
»Nichts, was den Überfall
erklärt. Aber genug, um zu erkennen, dass es Profis waren. Wir haben Spuren
gefunden auf einer Waldlichtung, etwa zwei Kilometer von der Schule entfernt.
In dem Wald
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