Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
Junge. Du legst uns nicht noch mal rein. Calvin hat schon einen roten Punkt auf deine Stirn gemalt.«
Und sicher nicht im buddhistischen Sinne, denke ich mal.
Calvin. An den erinnere ich mich. Junger Typ, kennt sich aus mit Polizeiarbeit. Spricht von Spurenmaterial und genetischem Fingerabdruck, ohne eine Miene zu verziehen. Mike himmelt ihn an. Hat den Jungen im vergangenen Jahr direkt zur Nummer zwei befördert. Plötzlich könnte ich schwören, dass ich den Laserpunkt an meinem Hinterkopf spüre.
»Okay, also lass uns zur Sache kommen. Warum bin ich hier?«
»Meinst du jetzt metaphysisch?«, fragt Mike und beweist damit, dass man niemals vor Überraschungen sicher ist.
»Nein. Ich meine, warum sitze ich hier in deinem neuen Clubhaus, obwohl ich meins auf Vordermann bringen sollte, damit du deine Schutzgeldtarife erhöhen kannst?«
»Du bist hier, weil ich dir einen Mord schulde. Du hast mein ganzes Unternehmen um Monate zurückgeworfen. Verdammt noch mal, mein Junge, du hast meine Nummer zwei unter die Erde gebracht, du hast die Schangse gesehen, mir weh zu tun, und du hast die Sch…«
Ich halt’s nicht aus. Verflucht sei mein aufbrausendes Wesen.
»Moment mal, mein Junge . Glaubst du, ich wollte deinen Mann umlegen? Meinst du, das raubt mir nicht den Schlaf? Ich hab ihm jede Möglichkeit gegeben abzuhauen, aber nein, dein Holzkopf von einem Stellvertreter ist mit einem Eispickel auf mich los, und ich habe mich verteidigt. Ich habe eine Schangse gesehen zu überleben und sie genutzt.«
Calvin kichert und entschuldigt sich sofort dafür.
»Tut mir leid, Mike. Er hat das Wort gesagt, du weißt schon, das Wort, das du immer sagst, so wie du’s sagst.«
Mike ärgert sich, dass die Unterhaltung nicht den erwarteten Verlauf nimmt.
»Welches Wort, Calvin? Welches verfluchte Wort kann das sein?«
Ich rette Calvin den Arsch. »Du bist ein Tyrann, Mike, weißt du das? Du findest doch für jeden Scheiß einen Vorwand. Du willst mich töten und meinen Club abfackeln, es sei denn, ich mache was für dich, hab ich recht? Also sag mir einfach, was es ist.«
Anscheinend ist mir zu diesem Zeitpunkt die Psychotaktik flöten gegangen. Lange hat’s nicht gedauert. Vorauseilende Verärgerung.
»Vielleicht bring ich dich auch lieber gleich um«, sagt Mike, pikiert darüber, dass er so leicht zu durchschauen ist. »Hast du dir das auch schon überlegt?«
»Nein, Mike. Wenn du mich tot sehen wolltest, dann lägen jetzt vier oder fünf deiner Jungs im Krankenhaus und ich hätte eine Fleischwunde. Wenn’s hochkommt.«
Mit der Bemerkung ist Mikes Toleranzgrenze ruck, zuck überschritten, und eine Sekunde lang schließt er die Augen. Als er sie wieder aufschlägt, befinden wir uns in Gegenwart von Dark Mike. Mike, dem Gnadenlosen. Dieser Mann hat jegliche zivilisierte Fassade abgestreift wie eine Schlange ihre abgestorbene Haut. Irish Mike hat blutige Revolutionen, Gefängnisaufstände und Messerstechereien hinter sich, und ein paar Jahrzehnte in New Jersey, unterbrochen von dem ein oder anderen Ausflug zu einer Aufführung auf dem Broadway, werden diese Erinnerungen nicht auslöschen.
»Okay, weißt du was? Fick dich, Dan. Fick dich. Ich hol mir hier eine beschissene Migräne, wenn ich mir noch länger deinen beschissenen Scheiß anhören muss.«
Das ist plötzlich eine ganze Menge Scheiße. Als ich noch hauptberuflich Türsteher war, habe ich die Theorie entwickelt, dass es eine direkte Verbindung zwischen der Häufigkeit von beschissener Scheiße in einem Satz und der Anzahl von Sekunden bis zum Erstschlag gibt.
Vier Fäkalausdrücke, und wir haben die Hände aus den Taschen gezogen.
Die Temperatur im Raum scheint zu steigen. Mikes Jungs beugen sich vor wie hochgewachsene Blumen, die der Sonne entgegenstreben. Sie spüren, dass es allmählich so weit sein könnte, dass sie etwas für ihr Geld tun müssen.
»Die Situation ist folgende, pass gut auf«, sagt Mike, Speicheltröpfchen auf den Lippen. »Mir gehört diese Stadt, und du bist mir – verdammte Scheiße – was schuldig, McEvoy. Egal, wie du’s drehst und wendest. Also, du hast zwei Möglichkeiten, dich aus der Scheiße zu ziehen. Entweder jagt dir Calvin jetzt gleich eine Kugel in den Kopf und ich lasse den Fußboden schrubben, oder du lieferst in SoHo ein Päckchen bei einem Typen namens Shea ab, der manchmal ein bisschen überempfindlich reagiert; dafür brauche ich nämlich einen Idioten. Das ist es. Du hast die Wahl. A oder B, C gibt es nicht. Ach
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