Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
Irland stammt. In diesem Fall aber hängt mein persönliches Wohlergehen davon ab, dass Mrs Madden lebendig genug ist, um ihren Sohn einmal wöchentlich anzurufen.
Das Problem ist folgendes: Mike Madden, der geliebte Sohn, ist ein großer Fisch in unserem kleinen Teich, und mit großem Fisch meine ich, dass er das fieseste Gangsterarschgesicht unseres ruhigen Reviers ist. Mike regelt seine einschlägigen Geschäfte aus seinem Hauptquartier, dem Brass Ring Club auf dem Cloisters Strip. Für ihn arbeiten rund ein Dutzend Schläger mit viel zu vielen Waffen und zu wenigen Highschool-Abschlüssen, die alle bereit sind, über seine Witze zu lachen und jedem weh zu tun, der es wagt, Steinchen ins Getriebe der Madden-Maschine zu werfen. Eigentlich ist er eine Lachnummer, dieser falsche keltische Vollhorst mit seinem irischen Dialekt, der wie eine Kopie von Der Sieger klingt. Beim Friedenscorps bin ich einigen wie ihm begegnet; selbsternannte Obermotze, die sich einbilden, mächtig zu sein, Muskeln aber von Hirn nicht unterscheiden können – keiner von denen hätte sich lange an der Spitze einer Organisation halten können. Der Nächstbeste stand immer schon bereit, hatte die besseren Beziehungen und eine Kalaschnikow unter dem Jackett versteckt. Aber hier in Cloisters hatte Mike immer leichtes Spiel, weil die Stadt viel zu unbedeutend ist, als dass sich irgendein Gangster mit Selbstachtung hätte breitmachen wollen. Mike ist lange nicht so kapitalkräftig wie andere Bosse, dafür muss er aber auch nicht jede zweite Woche Revierkämpfe führen. Außerdem kann er von morgens bis abends seine Leute volllabern, ohne dass jemand auch nur flüstern würde: »Verdammt noch mal, halt den Rand!«
Niemand außer mir.
Mike und ich hatten im vergangenen Jahr eine kleine Aussprache, nachdem es zwischen mir und seinem Lieutenant zu Spannungen mit teilweise tödlichem Ausgang gekommen war. Zeb war ebenfalls in die Sache verwickelt, was allen Beteiligten böse aufstieß. Das Ende vom Lied war dann, dass ich mich gezwungen sah, einen meiner irischen Kumpel aus alten Armeezeiten zu bitten, sich bis an die Zähne bewaffnet wie ein Kobold in Mrs Maddens Garten in Ballyvaloo einzunisten, damit Zeb und ich weiterhin die gute Luft im Essex County schnuppern konnten.
Ich spürte einen Teil meiner Seele verkümmern, als ich der Mutter meines Gegenspielers drohte. Tiefer war ich nie gesunken, aber ich sah keinen anderen Ausweg. Seit diesem Deal bin ich davon überzeugt, wer Geschäfte mit dem Teufel macht, erfindet sich nach seinem Vorbild neu. Es gab Zeiten, da wäre es mir absolut nicht in den Sinn gekommen, jemandes Mutter zu drohen, egal unter welchen Umständen, schon gar nicht, wenn ich daran denke, was meine eigene Mutter durchmachen musste.
Ich hätte die Drohung doch nie wahr gemacht, sage ich mir jeden Tag. So schlimm bin ich auch wieder nicht.
Vielleicht kann ich wieder werden, wie ich einmal war. Vielleicht mit Sofia neben mir im Bett, wenn ihr Haar golden in der Morgensonne glänzt.
Hört euch das an. Ich klinge wie Céline Dion auf einem Ozeanriesen.
Egal …
Irish Mike Madden ist nur bereit, Zebulon und mich nicht abzuschlachten, solange seine Mutter lebt – oder anders gesagt, er hat angekündigt, uns zu töten, sobald seine Mutter das Zeitliche segnet. Die Umstände im Einzelnen sind dabei gar nicht so wichtig. Im Prinzip sind Zeb und ich jetzt mit heruntergelassenen Hosen an ein Fass gefesselt, und Mike steht mit einer extragroßen Portion Gleitcreme hinter uns.
Metaphorischer Gleitcreme.
Hoffe ich.
Ich bin im Zwiespalt, was diese jüngste Entwicklung angeht. Bei dem Gedanken, erneut in die Schlacht ziehen zu müssen, überfällt mich eine ungeheure Müdigkeit, gleichzeitig bin ich aber auch ein klitzekleines bisschen erleichtert darüber, dass Mrs Madden gestorben ist und ich nicht schuld daran bin. Jedenfalls glaube ich, dass ich nicht schuld daran bin. Allerdings sollte ich meinen Kobold möglichst bald anrufen, denn mein alter Kamerad, der Mrs Madden in meinem Auftrag im Auge behielt, ist für seine eigenmächtigen Entscheidungen bekannt. Vielleicht hat Corporal Tommy Fletcher sein Auge für was anderes gebraucht.
Ich höre Zeb an meinem Ohr.
»Yo, D-man? Bist du umgekippt?«
Yo? Zeb liebt die Kultur, die er sich hier angeeignet hat. Vergangene Woche hat er bee-yatch zu mir gesagt, und ich musste ihm ernsthaft an die Stirn tippen.
»Ja. Ich bin da. Die Nachricht hat mir nur vorübergehend den Wind aus den
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