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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Sie war so transparent und kalt und scharfgliedrig, dass sie einem im Hals schmerzte, dass sie mit präziser Klinge die Lederkruste von deinen Organen schnitt und das wahre rohe Sein entblößte. Hier hatte sich seit den Bauernkriegen nicht viel geändert. Man aß, man tötete, man machte wenig Worte. Der Schnee der Nacht hatte die Farbe eines Abgrunds.
    Ein Ortsschild mit dem Wort HINTERKAIFECK gab es nicht. Es gab ein KAIFECK, das sie entlang einer eisigen Hauptstraße durchquerten, an einer trutzigen Kirche vorbei, und HINTERKAIFECK musste von der nächstgrößeren Kreisstadt gesehen dahinter liegen, das war doch klar genug.
    Wind raspelte durch vereistes Geäst, ein paar voneinander getrennte Flocken torkelten waagerecht heran, vorbei, hinweg. Die beiden Gespenster schritten über der weichen Duftigkeit des Schnees, ohne auch nur die geringsten Spuren zu hinterlassen.
    Ein Licht in der Ferne, ein einziges, orange glimmendes Fenster eines außerhalb jeglicher Ortschaft liegenden Hauses.
    »Dort hinten ist es«, wisperte Munsa. »Der Diffringerhof, nur Minuten vor der Ankunft des Unbeschreiblichen.« Er sah spöttisch an Hiob herunter. »Ich hoffe, du hast deine Sache gerüstet, Krieger.«
    »Ich habe meine Sache gerüstet und weiß, dass ich im Rechte bin«, zitierte Hiob seinen biblischen Namenspatron.
    »Also gut. Ich werde hier drüben auf dich warten, dort, zwischen den Kopfweiden. Die letzten Meter wirst du ja wohl alleine zurücklegen können, oder?«
    »Klar.«
    »Vergiss nicht das Geschenk für mich.«
    »Wie könnte ich.«
    »Viel Glück.«
    »Ich glaube nicht an Glück.«
    Hiob ging weiter, während der Mangbattu-König einfach stehen blieb. Nach ein paar Schritten jedoch blieb auch Hiob wieder stehen.
    »Ach so – was das Dreieck angeht: Spitze nach oben, also männliches Feuer, oder Spitze nach unten, weibliches Wasser?«
    Munsa lächelte, man konnte seine auseinandergezogenen Lippen in der Stimme hören. »Worin du lieber eingehen möchtest, Hiob.«
    Hiobs Augen wurden schmal. »Ihr werdet mich doch nicht so plump anarschen, oder? Ich meine, mir ein falsches Bergungszeichen nennen und mich in der Vergangenheit sitzen lassen?«
    »Wäre das des Meisters Stil?«
    »Ich weiß nicht, was des Meisters Stil ist, aber bislang schien alles, was mir irgendwie in den Rücken fällt und Schaden zufügt, dazuzugehören.«
    »Wenn du kneifen willst, brauchst du es nur zu sagen. Das macht dann drei Punkte für NuNdUuN, und dann steht es – unterbrich mich, falls ich mich irre – Drei zu Zwei für uns, und du weißt, was es bedeutet, wenn das Wiedenfließ in Führung geht.«
    »Ja. Das bedeutet eine neue Missernte in deiner Heimat, eine weitere brennende Asylantenfamilie in meiner Heimat und ein paar Tausend neue Fälle von Rinderwahnsinn in den Sitzreihen der Parlamente.«
    Munsa breitete raschelnd die Arme aus. »Ist das Leben nicht ein Fest, wenn man auf der richtigen Seite steht?«
    Hiob verspürte den psychosomatischen Drang zu kotzen, aber er winkte einfach ab und schwebte weiter ausschreitend auf das Licht zu, das kurz darauf verlosch. Es wurde dadurch so dunkel, dass man die eigenen Füße nicht mal mehr hätte sehen können, wenn man kein Zeitgeist gewesen wäre.
    Eine merkwürdige Furcht besprang Hiob heftig und festkrallend, als er die Umrisse des Hofes wieder deutlicher ausmachen konnte. Es war die Furcht vor dem Sterben, nicht vor dem eigenen, sondern dem anderer. Es war relativ leicht, selbst draufzugehen, man verlor während des Vorgangs alle Verantwortung, und das war toll, aber es war etwas anderes, anderen Menschen dabei zuzusehen, wie sie getötet wurden. Vor allem dann, wenn man selbst nicht einmal derjenige war, der tötete, sondern wenn man einfach nur ein Voyeur war, ein Freier in der Loge des Todes. Der Gedanke war unbehaglich und schwer, er hockte jetzt in Hiobs Genick wie Krätze.
    Ließ sich nicht mehr abschütteln.
    Verzerrte mein Gesicht.
    Mir war, als sänke mein Fuß plötzlich ein, als hinterließe ich Spuren.
    Die Nacht war im Nu voller lachender Raben.
    (Sieh
    sieh dort
    sieh die Axt
    in dem Block
    sieh die Axt
    nimm sie auf
    nimm die Axt
    ja
    die Axt
    nimm sie auf
    nimm die Axt
    geh zur Tür)
    DUUMMM. DUUMMM. DUUMMM.
    Luit, der immer noch heimlich in seinem Zimmer irgendwelche sentimentalen Bücher las, hatte gerade sein Licht gelöscht, das hatte der alte Diffringer der Türritze ansehen können, als es dreimal klopfte unten an der Tür. So dunkel war die Nacht, so dunkel und

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