Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
so kalt, kein Mensch konnte um diese Zeit den weiten Weg vom Dorf hierher gemacht haben, egal, was auch immer dort passiert war.
    Der Diffringer konnte das kleine Herz seiner Frau in den schweren Decken schlagen spüren. »Geng net, Mann«, hauchte sie. »Koan Gast zu diesar Stund iis no vun diesar Welt.«
    »I werdam sogn, egal wois für a Gast derra iis, dois wir nets mehr zam Fressa hoba.«
    Der Diffringer schwang sich, höchstens von einem Wutgefühl gewärmt, aus dem Bett, krallte sich die Kerze, zündete sie an und schlurfte zur Tür und auf den Flur dahinter. Die Tür von Kalls Zimmer öffnete sich, als er gerade daran vorbeiging. Kall hatte sich hastig angezogen, wie in der Nacht zuvor. »Jetzt kummt ois zsamma«, brummte er und folgte seinem Vater die Stufen hinab. Die anderen beiden Türen blieben geschlossen, nicht einmal ein leises Quengeln des Babys war zu hören.
    Es hatte nicht noch einmal geklopft. Nur diese drei Mal, dann nicht mehr.
    Vielleicht war der nächtliche Besucher ja schon wieder gegangen, zuckte es heiß durchs Diffringerherz, vielleicht hatte er sich geirrt oder aber es aufgegeben oder aufgeschoben – aber der Diffringermund verzog sich nur zu einem bitteren Grinsen. Der Aafhocknd Geist machte nicht den weiten Weg nach Hinterkaifeck umsonst.
    Er schlug den schweren, teerigen Riegel zurück und zog die Tür nach innen auf, sein starker Sohn Kall einen halben Schritt hinter ihm.
    Unbegreifliche Kälte wallte in den Raum, die herbe Rauchigkeit des Dunkels und der Atem des Fremden vor der Schwelle, dessen Haupt gekrönt war von der Leiche des Mondes.
    Viel konnten der Diffringer und sein Sohn in der Silhouette des Gastes nicht lesen, nur drei Dinge waren es. Er hatte langes Haar
    seine Augen waren von seltsamer Farbe
    und er hielt in der Hand eine Axt.

c) Mühle
    Und wenn es auch geschähe,
    dass Gott im Himmel und alle Engel ihm anböten,
    ihm daraus zu helfen,
    nein, nun will er nicht, nun ist es zu spät ...
    nun will er lieber gegen alles rasen,
    der von der ganzen Welt, dem Dasein ins Unrecht Gesetzte,
    dem es gerade von Wichtigkeit ist, aufzupassen,
    dass er seine Qual zur Hand hat,
    dass niemand sie von ihm nimmt.
    (Sören Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode )
    Die geöffnete Tür.
    Die beiden im Eingang, der eine davor.
    Nacht und Schnee und Raben in der Ferne, viele.
    Und dann das erste Wort.
    »Vater?«
    Der Diffringer stutzte. Hatte der Fremde eben »Vater« gesagt?
    »I bin net dei Vodr. Host di vrlaufa, odr bist irr?«
    Der Fremde wog die schwere Axt in der Linken. »Früher wärt ihr hier nicht so nachlässig gewesen, das Werkzeug bei der Kälte draußen liegen zu lassen, Vater. Hast du denn schon vergessen, dass der lichtlose Wind die schärfste Klinge stumpft?«
    »Mei Söhne san beida herinnen, und nie hob i jemals an dritten gezoagt. Also warum nennst mi Vodr, Kerl? Red!« Entweder war Schwärze über dem Gesicht des nächtlichen Hausierers oder Haare, jedenfalls konnte der Diffringer beim besten Willen nichts erkennen, was ihm bekannt vorgekommen wäre. Und diese Augen ...? Wer außer dem Aafhocknd Geist hatte schon jemals ...
    War’s das?
    War’s so weit?
    »Ich nannte dich schon vor Jahren Vater, Diffringer. Du selbst hast mich einst drum gebeten. Schließlich sollte ich ja ... dein Sohn werden.«
    Der Mann machte einen Schritt nach vorne, sodass der Diffringer und auch der kräftige Kall unwillkürlich nach hinten gehen mussten. Jetzt stand der ungebetene Gast auf den Brettern des Wohnraums, und das eishafte Dunkel des Draußens konnte das flackernde Licht der Lampe nicht mehr ersticken.
    Kälte fuhr dem Diffringer und seinem Kall hart durch die Herzen, und die Knochenhände des Erschreckens legten sich darum herum und drückten zu.
    Die Augen waren anders, von anderer, nie mit einem Wort bedachter Farbe, die Haare viel länger, das Gesicht blasser, abgezehrter, schmaler der Mund, älter deutlich, aber ansonsten, ansonsten ...
    »Anton!?«, hauchten beide gleichzeitig. Dem Alten versagte darauf die Stimme, und Kall fuhr heiser fort: »Anton? Aber ... das ist ... doch nicht möglich ... nicht nach« – er überschlug kurz im Kopf – »sieben Jahren!«
    Ihr Gast breitete die Arme aus, dass dunkler Schnee von seinen ausgefransten Mantelschultern rutschte. Ein winselnder Windhauch bauschte ins Zimmer, und mit einem lauten Rummsen schlug hinter ihm die Tür zu. »Doch, ich bin es, Kall. Ich bin zurück – von den endlosen Weiden der Hölle.«
    Sie boten ihm einen

Weitere Kostenlose Bücher