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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Wohnung entfernt. Er musste nach Hause und hoffen, dass er dort in irgendeinem Buch oder einem seiner etlichen magischen Krimskramse irgendetwas fand, das man dazu benutzen konnte, tollwütige Hunde zu heilen. Mit Anlauf klimmte und stemmte er sich über eine zweite Querhofmauer und probierte dann auf der Seite, die der, durch den er den Häuserblock betreten hatte, genau gegenüberlag, den Ausgang. Die Straße lag ruhig und still im Regen da, nicht einmal Autos fuhren um diese Zeit.
    Eng an die Häuserwände seiner Straßenseite gedrückt, rannte Hiob los, orientierte sich am nächsten Straßenschild neu und schlug die Richtung seines Wohnhauses ein.
    (Ein stubenreiner Rauhhaardackel pisste und schiss in einer Dahlemer Villa mehr als das Dreifache von dem, was so ein kleiner Körper eigentlich hergeben konnte. Eine Windspielhündin in Mitte wurde von ihrer eigenen Hitze so übermannt, dass sie Teile ihrer Gebärmutter als Fehlgeburt ausschied. Ein Steglitzer Foxterrier bekam einen Bellkrampf von unerträglicher Lautstärke und Heftigkeit, bis ihm Herz und Lunge gleichzeitig versagten und aus den feinkupierten Ohren gelb-wässriges Blut troff. Einem Boxerhund in Charlottenburg, dessen Hinterbeine in einem Generationen dauernden Prozess zu human-ästhetischer Schräge verzüchtet worden waren, brach einfach plötzlich die Wirbelsäule in der Mitte durch, er plumpste auf den Boden und verreckte vier Stunden lang. Zwei Köpenicker Cockerspaniel fanden sich eine verwirrte Katze und rammelten sie blutig. Einem Bobtail in Wittenau zerbröselten plötzlich die Zähne im Maul. Fast gleichzeitig verpufften in einer raschen Serie von staubigen Implosionen seine inneren Organe und Gedärme und traten als übelriechende, rotsprenkelige Fürze durch Rachen und After aus. Zurück blieb eine Art Flokati mit klappernden Knochen drin, einem Sacree-Medizinbeutel nicht unähnlich.)
    Mehrmals war ihm, als würde der Schatten des riesigen Neufundländers hinter ihm quer über die Straße huschen, vielleicht unter dem lachhaften Mond, zwischen Nachtwolken jagend. Der Regenhimmel war wieder aufgerissen, verweht, vergessen. Schatten überall irritierten den armen Hiob, der fast nur noch vom Stechen seiner Lunge und dem Buckern seiner wahrscheinlich infizierten Bisswunde definiert wurde. Er fragte sich grimmig, was für Späße so eine Blutvergiftung wohl mit seinem mutierten Metabolismus treiben würde, was für eine Art von Hiob dabei entstehen würde. Die rettende Wohnung war jetzt nur noch drei Querstraßen entfernt, und Hiob sah sich so oft um, um sicherzugehen, dass keine Meute hinter ihm aufholte, dass er beinahe in die Gruppe von etwa dreißig Hunden hineingerannt wäre, die plötzlich unter einer Wolkenlichtung vor ihm auftauchten, die Straße in ihrer gesamten Breite versperrend.
    Sie atmeten, knurrten, warfen die Köpfe hin und her, tappten unruhig und fixierten ihn mit fahlsilbernen Augenpaaren. Dreißig oder sogar vierzig vierbeinige Nachfahren von Wildhunden, die in ihren völlig unterschiedlichen Silhouetten, Größen, Farben und Ausprägungen mehr wie dreißig oder vierzig diversifizierte Dämonen wirkten denn wie domestizierte Spielgefährten. Sie hassten ihn, das konnte Hiob deutlich riechen, hätten ihn auch in einer normalen Nacht schon genug gehasst, denn Hunde gehörten NuNdUuN, und er war NuNdUuNs härtester Gegner – aber in dieser besonderen Nacht quoll ihnen der Hass förmlich aus den Mäulern und tropfte zischend auf den Asphalt. Da drüben, rechts, war auch der Neufundländer. Seine Augen waren noch heller als die der anderen, blendeten fast.
    Hiob war stehen geblieben, versuchte erst, sich gar nicht mehr zu bewegen, nicht einmal zu atmen, den Puls anzuhalten, aber das war natürlich keine Lösung. Er ging rückwärts, gaaaaaaanz langsam, und als er den sechsten wackligen Schritt gemacht hatte, fingen die vierzig an zu bellen.
    Drohgebärde. Einschüchterungsversuch. Völlig unnötig bei Hiob, dessen Haare schon seit einer halben Stunde darüber diskutierten, ob es nicht eine gute Idee wäre, eine weiße Fahne zu werden. Aber dennoch wirkungsvoll. Weil laut. Wütendes, ungebremstes Gebell, das sich zwischen achtzig Killerzahnreihen Bahn bricht. Man musste nicht die mythische Sprache der Tiere sprechen, um das »Wir zerfetzen dich gleich, und du wirst es hassen!« deutlich herauszuhören.
    Rückwärts gehend versuchte Hiob, während ihm Schweiß und Wasser vom Kinn liefen, mit weit ausgebreiteten Armen irgendeine

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