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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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für einen
Zusammenprall mit einem Milchlaster und nicht für einen Sturz aus so einer
Höhe. Im Grunde sind wir doch recht zerbrechliche Wesen.«
    »Hast du das gesehen?«, fragt Lebow. »Unser Opfer hat zwei
gebrochene Finger an der rechten Hand.«
    »Das wird halt beim Sturz passiert sein.«
    »Nein, hier steht, dass es nicht vom Sturz kommt.«
    »Du meinst, es könnte bei dem Kampf in seinem Hotelzimmer passiert
sein?«
    »Im Bericht steht, dass die ganze Hand gequetscht wurde, wie wenn
man sie sich in einer Tür einklemmt.«
    »Aua«, sagt Leni, und Lebow betrachtet nachdenklich seine Finger mit
den gepflegten Nägeln.
    »Wie es passiert ist, erfahren wir nur, wenn wir den finden, der es
getan hat. Und den müssen wir dann nur noch dazu bringen, es uns auch zu
erzählen.«
    »Ja, von Wladimir erfahren wir nichts mehr.«
    Lebow verlässt Lenis Büro, kommt aber schon nach kurzer Zeit zurück
und legt ihr ein Fax auf den Schreibtisch. Das darauf abgebildete Gesicht
gehört auf keinen Fall zu einer Bewerbung für den Polizeidienst oder für die
Teilnahme an einem Schönheitswettbewerb. Die rechte Wange des etwa vierzig- bis
fünfundvierzigjährigen Mannes sieht aus wie aufgerissen und anschließend mit
grobem Zwirn vernäht.
    »Wer soll denn jetzt dieser Herzensbrecher sein?«, fragt Leni.
    »Das ist der Mann, zu dem unsere DNA -Spuren
passen.« Lebows Stimme klingt aufgeregt, als würde er der Zuverlässigkeit des
Ergebnisses nicht recht trauen. »Und zwar sowohl die auf dem abgeschnittenen
Seilende als auch die von den Blutspritzern an der Wand im Hotel zum Türken.«
    »Und um wen handelt es sich bei dieser eleganten Erscheinung?«
    »Reichenberg. Karl Friedrich von Reichenberg.«
    »Das glaub ich jetzt nicht. Der heißt nicht wirklich so, oder?«
    »Doch, der heißt von Reichenberg, Karl Friedrich. Geschäftsmann aus
Frankfurt.«
    »Wieso ist er in unserer Datenbank?«
    »Vor drei Jahren ist in einem Nachtclub in Frankfurt eine Bardame,
die auch als Prostituierte dort gearbeitet hat, schwer misshandelt worden und
an den Verletzungen später gestorben. Es wurden Speichelproben von allen
männlichen Gästen des Clubs genommen, unter anderem die von Reichenberg. Er war
unschuldig, hatte offenbar nichts mit der Sache zu tun.«
    »Dann hätten seine Daten doch gelöscht werden müssen.«
    »Stimmt.«
    »Ja und?«
    »Sie wurden aber nicht gelöscht. Anscheinend eine Panne. Aber zu
unserem Vorteil.«
    »Und was macht dieser Frankfurter Adelige hier bei uns?« Leni starrt
auf das Narbengesicht auf dem Foto und sieht einen Film ablaufen.
    »Er reist dem ukrainischen Killer Wladimir von Frankfurt aus hierher
nach, trifft ihn in seinem Hotelzimmer oder lauert ihm hier auf. Vielleicht
sucht er etwas in dessen Zimmer und wird von ihm überrascht. Es kommt zu einem
Kampf, von Reichenberg wird von Wladimir verprügelt, verliert im Kampf
mindestens einen Hemdknopf, vielleicht mehr. Er blutet aus einer Wunde oder aus
mehreren. Vielleicht hat Wladimir diesmal nicht den Magen seines Opfers
bearbeitet, wie in Verona, sondern sein Gesicht. Vielleicht hat er ihm die Nase
zertrümmert, von Reichenberg hat aus einer Platzwunde an der Stirn geblutet,
oder seine Lippe ist unter einem Faustschlag aufgerissen. Von Reichenberg setzt
sich zur Wehr und bricht Wladimir im Kampf zwei Finger.«
    Lebow hat seinen Daumen im Mund und presst die Daumenkuppe von innen
gegen die oberen Schneidezähne. Leni sieht ihm die Anspannung an.
    »Der Kampf endet mit einer Niederlage für von Reichenberg. Er sinnt
auf Rache oder darauf, das, was er von Wladimir wollte, aber nicht bekommen
hat, doch noch zu kriegen. Tage später folgt er ihm wieder und steigt hinter
ihm in der Vollmondnacht auf den Göll. Er verfolgt ihn bis zu der Trichterhöhle
und wartet, bis Wladimir eingestiegen ist. Dann zieht er sein Fahrtenmesser und
schneidet das Seil durch, an dem sein Feind hängt, sodass der hundertfünfzig
Meter hinunterstürzt und unten zermatscht liegen bleibt.«
    Lebow saugt an seinem Daumen.
    »Kann es so gewesen sein? Glaubst du das, Meik?«
    Lebow nimmt den Finger aus dem Mund. »Ich weiß es nicht.«
    Leni achtet gar nicht auf ihn. »Wo ist das Motiv? Siehst du ein
Motiv, Meik? Wo ist der Zusammenhang? Was haben die beiden miteinander zu tun?
Und was führt sie beide hierher? Die machen doch bestimmt keinen Urlaub bei uns
in Berchtesgaden?«
    Lebow lauscht gespannt. Er ist jetzt auf Zuhören programmiert, nicht
auf Reden und Selberdenken.
    »Der eine sitzt

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