historical 176 - Meer der Sehnsucht.doc
dem Gold machen. Es würde nicht lange dauern, bis das Frachtgeheimnis der Undaunted ge lüftet wurde.
Riordan war felsenfest davon überzeugt, dass der Überfall der Piraten kein Zufall gewesen, sondern gezielt ausgeführt worden war. Die Schurken hatten gewusst, was sich im Laderaum der Undaunted verbarg. Und das bedeutete, dass andere auch bereits davon wussten.
Die Undaunted und ihre Besatzung würden fortan jedem Schiff, das auf dem Atlantik kreuzte, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein.
„Newt." Riordan hielt sich nicht mit einer langen Begrüßung auf. „Weder werden wir die Ladung löschen, noch wird es Landgang für die Matrosen geben. Wir brauchen Lebensmit-telvorräte, denn wir werden bald wieder in See stechen."
„Gibt’s Ärger, Captain?" Newton spürte, dass Riordan ernste Sorgen hatte. „Wie schnell brauchen wir die Vorräte?"
Riordan schaute hinaus zum Wasser. Die Sonne stand bereits sehr tief. „Noch vor Einbruch der Dunkelheit, damit wir die Untiefen gefahrlos umschiffen können. Glaubst du, das ist zu schaffen?" Eindringlich sah er den alten Mann an.
Der nickte. „Ich schicke sofort ein paar Männer los, damit sie unsere Vorräte aufstocken."
„Und sie sollen mit niemandem über ihren Auftrag sprechen. Das ist ein Befehl."
Newton nickte erneut, doch er fühlte sich ob der Dringlichkeit in Riordans Stimme sehr unwohl. „Ich kümmere mich um alles", erklärte er und fügte hinzu: „Was ist mit Ambrosia?
Weiß sie schon Bescheid?"
Riordan wandte sich zum Gehen. „Das wird meine nächste Aufgabe sein." Mit weit ausholenden Schritten ging er in Richtung MaryCastle und wünschte, er müsste nicht der Überbringer der unglückseligen Neuigkeit sein.
Doch es gab keinerlei Aufschub mehr für ihn. Noch bevor er die Stufen zur Tür erklommen hatte, wurde sie bereits von innen schwungvoll aufgerissen. Ambrosia stand vor ihm und sah atemberaubend aus. Sie hielt sich kerzengerade und trug ein wunderhübsches Kleid aus gelbem, weich fließendem Material, dazu hatte sie die schwarze Haarpracht hochgesteckt. Ein paar Löckchen fielen herab und umrahmten ihr Gesicht, das durch die frische Farbe noch zauberhafter aussah als sonst.
„Riordan." Sie trat einen Schritt beiseite^ damit er eintreten konnte. Dann schloss sie die Tür und griff nach seinem Arm. „Du kommst gerade zur rechten Zeit. Wir sitzen nämlich alle im Salon zusammen, denn meine Schwestern und mein Großvater wollen natürlich alles über unsere Fahrt wissen."
„Ambrosia, warte." Er versuchte sie aufzuhalten, doch entschlossen, wie sie war, riss sie ihn förmlich mit sich. „Wir müs sen miteinander reden."
„Ja, ich weiß. Aber nicht jetzt. Zuerst..." Sie öffnete die Tür zum Salon, zog Riordan mit sich und sagte: „Seht nur, wen ich hier bringe. Genau im richtigen Augenblick, meine Erzählungen zu bestätigen und noch auszumalen."
„Captain Spencer!" Bethany und Darcy sprangen auf, griffen nach Riordans Händen und zogen ihn in den Raum hinein, wo der alte Geoffrey Lambert in einem bequemen Stuhl saß.
„Ambrosia war soeben dabei, uns über die Reise zu berichten. War es wirklich so entzückend und wunderbar, wie sie behaup tet?"
„Entzückend? Nun, ich würde eher den Ausdruck ereignisreich wählen", versetzte Riordan.
Im Stillen wunderte er sich über Ambrosias Wortwahl.
Darcys Augen leuchteten vor Aufregung. „Sie hat uns erzählt, die Undaunted sei von eine m Piratenschiff angegriffen worden."
„Ja."
Bethany hielt sich die Hand an den Hals. „Und sie behaup tet, sie sei über Bord gegangen."
„Stimmt leider auch."
„Und du hast sie gerettet", erklärte Darcy mit einem drama tischen Unterton.
Riordan bemühte sich um eine ernste Miene. „Irgendjemand musste es schließlich tun.
Sonst wäre eure Schwester nämlich ertrunken."
„Gekrönt?" Geoffrey Lambert hatte den Wortwechsel aufmerksam verfolgt und ständig die Kopf von einer Seite zur anderen gedreht, um möglichst viel zu verstehen. „Wer wurde ge-krönt? Ist Charles nicht mehr König?"
„Doch, Großvater." Ambrosia nickte heftig und strich dem alten Mann beruhigend über die Hände. „Hab keine Angst. Dein geliebter König musste nicht das gleiche Schicksal erleiden wie sein Vater."
„Noch nicht", sagte Riordan, mehr zu sich selbst.
„Was hast du da gesagt?" Ambrosia sah ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen wachsam an.
Riordan zuckte mit den Schultern. Es gab gegenwärtig keinen Grund, mehr als unbedingt nötig zu sagen.
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