Historical Collection Band 01
anscheinend hatte Gunnar sein ganzes Wesen in ihre Haut gegraben. Jede einzelne seiner Berührungen war unvergesslich, jede Empfindung, die er erweckt hatte.
Aber mochte die Trennung auch ihr Herz brechen, sie wusste, dass sie sich in ihr Schicksal fügen musste. Die Sicherheit ihres Clans und Gunnars Wohl waren wichtiger als ihre persönlichen Gefühle.
Nachdem sie dem Baron begegnet war, fürchtete sie ihn nicht mehr so sehr, wie sie es erwartet hatte. Bereits ein älterer Mann mit grauem Haar, lebhaften blauen Augen und markanten Zügen, strahlte er die Energie eines starken Charakters aus.
Lord Maraloch hatte sich für den Angriff seiner Krieger entschuldigt und beteuert, sie hätten eigenmächtig gehandelt, gegen seinen Willen. Inzwischen seien sie bestraft worden. Zur Entschädigung hatte er Trahern mehrere kostbare Pferde geschenkt.
Dies alles hätte Auder beruhigen müssen. Stattdessen war sie enttäuscht. Sie hatte gehofft, Lord Maraloch wäre ein widerwärtiger, grausamer Mann. Dann hätte sie einen Grund angeben können, um die Heirat doch noch abzulehnen. Aber Miles de Corlaine war sehr freundlich gewesen und hatte sie sogar mit seinem siebenjährigen Sohn bekannt gemacht. Gewiss würde es ihr leichtfallen, den aufgeweckten Jungen mit dem fröhlichen Lächeln lieb zu gewinnen.
Und so gab es keinen Grund, der sie an der Hochzeit hindern konnte. Mochte ihr Herz auch Gunnar gehören, sie hatte sich mit dem Baron verlobt.
Außerdem hatte Gunnar kein einziges Mal über seine Gefühle gesprochen und nur versucht, sie von der Heirat mit dem Normannen abzubringen – allerdings, ohne sich selbst als Bräutigam anzubieten.
Auder wollte nicht beiseite geschoben oder – noch schlimmer – bemitleidet werden. Dergleichen in seinem Gesicht zu lesen hätte sie nicht ertragen. Ihr Herz erstarrte, als könnte es Gefühle aussperren, die zu schmerzlich wären.
Trotzdem griff sie nach dem Lederband, das an ihrem Hals hing. Frühmorgens hatten sie es Gunnar abgenommen, und jetzt lag die Muschel zwischen ihren Brüsten. Wenigstens dieses Andenken an ihren Liebhaber würde sie behalten.
Nun klopfte es an der Tür, und die Kammermagd öffnete sie. Bei Traherns Anblick wusste Auder, dass es an der Zeit war. Sie folgte ihm die Wendeltreppe hinab, verbannte den letzten Rest ihrer Trauer und wappnete sich für alles, was ihr bevorstand.
Gunnar galoppierte über das Herrschaftsgebiet der Normannen. Als er die Wachtposten vor Maraloch erreichte, drosselte er sein Tempo und hob beide Hände, um seine friedlichen Absichten zu bekunden. Da sie sahen, wen er mitbrachte, senkten sie ihre Speere.
Im Innenhof erblickte er Trahern, der alle Anwesenden um Haupteslänge überragte. Ein Priester stand in der Nähe, offenbar bereit, seinen Segen zu erteilen, und der Baron hielt Auders Hand.
Voller Angst, er wäre zu spät gekommen, um die Hochzeit zu verhindern, ritt Gunnar durch die verblüffte Menschenmenge hindurch, zügelte seinen Hengst und sprang ab. Dann hob er den kleinen Jungen herunter, der ihn begleitet hatte. Mit großen Augen starrte Clárs Sohn Nial die normannischen Krieger an. Jetzt lenkte seine sichtlich aufgeregte Mutter, die den beiden etwas langsamer gefolgt war, ihr Pferd in den Hof.
Der normannische Baron hob seine Hand, ein wortloser Befehl. Sofort wurde Gunnar von Wächtern umzingelt. Die Speerspitzen, die auf ihn gerichtet waren, beachtete er nicht. Aber er schirmte den Jungen gegen die Waffen ab.
„Ist es das, was du willst, Auder?“, rief er. „Möchtest du diesen Mann an deiner Seite sehen? Nicht mich?“
An Auders Wimpern schimmerten Tränen, in ihren Augen las er unendlichen Schmerz. Glaubte sie nicht an seine Liebe?
„Meine eigenen Wünsche spielen keine Rolle“, erwiderte sie mit halb erstickter Stimme. „Nur auf das Wohl meines Clans kommt es an.“
„Heute Morgen sprach ich mit deiner Mutter. Und nun gibt es eine andere Möglichkeit, sie vor der Schande deines Vaters zu schützen.“
Über ihr Gesicht flossen Tränen. Sie stellte keine Fragen. Zumindest hörte sie ihm zu, und er trat so nahe an sie heran, wie er es inmitten der Wachtposten wagte.
„Niemals lasse ich dich gehen, Auder. Nicht nach der letzten Nacht.“
Als könnte sie seinen Anblick nicht ertragen, senkte sie die Lider. Hätte sie ihm ein Schwert ins Herz gestoßen, würde er sich nicht elender fühlen.
Trotzdem gab er die Hoffnung noch nicht auf, wandte sich zu dem normannischen Baron. „Ich schlage Euch ein
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