Historical Collection Band 03
sofort getan hatte. Doch sobald er sich ihr näherte, wurde ihm klar, dass er zorniger auf Juliette war, als ihm bewusst gewesen war. Ihr Gesicht war eher knabenhaft als schön. Doch ihre Haltung erinnerte ihn an seine eigene. Wenn er an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte er sich ebenso kühn und stolz verhalten. Zusammen mit ihren verlockenden weiblichen Rundungen weckte sie nicht nur Bewunderung in ihm. Verlangen erfasste ihn völlig unerwartet. Es kam ihm nicht in den Sinn, dass er sie mit dem Dolch erschrecken könnte. Er wäre entsetzt gewesen und hätte sofort aufgehört. Die unverschämte Herausforderung in ihrem Blick war es, die den Eroberer in ihm ansprach und ihn die Waffe höher heben ließ.
Gefährlich blitzte die Klinge auf. Wie gebannt sah Juliette zu, wie er an sie herantrat. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Wollte er sie ermorden? Würde sie sterben? Würde sie hier auf dem Teppich, in den sie eingewickelt worden war wie ein Geschenk, verbluten?
Prinz Khalid beobachtete sie aus wütend funkelnden Augen. Wie ein Jäger seine Beute. Bezwingend. Eiskalt lief es ihr beim Anblick der Waffe über den Rücken, aber sie wich nicht zurück. Trotz des Dolches und der erbarmungslosen Blicke des Araberscheichs glaubte Juliette nicht, dass er sie einfach kaltblütig umbringen würde. Es war eine Prüfung. Sie durfte nicht versagen. Sie würde nicht versagen!
„Tun Sie’s doch“, sagte sie mit leicht bebender Stimme. „Wenn Sie es wagen.“
Sie zitterte. Er sah sie leicht zurückschrecken und doch die Lippen zusammenpressen, um ihn nicht um Gnade anzuflehen. Seine Bewunderung für sie wuchs, seine Wut verrauchte. So schnell, dass Juliette nicht die Zeit hatte zurückzuweichen, zerschnitt er sauber die Fesseln um ihre Handgelenke und gleich darauf in einer einzigen fließenden Bewegung auch jene an ihren Fußknöcheln.
Mit einem erschrockenen Aufschrei stolperte sie einen Schritt nach hinten. Ihre Handgelenke pochten schmerzhaft, die von den festen Fesseln verursachten Striemen sahen böse aus. Juliette rieb sie behutsam und beobachtete Khalid misstrauisch.
Er konnte sie gut verstehen. Immerhin war sie, obwohl man sie ihm aufgezwungen hatte, dennoch sein Gast. Die Ehre verlangte, dass er sie mit Respekt behandelte. Ein geringerer Mann hätte keine Bedenken gehabt, sie auf die althergebrachte Weise spüren zu lassen, wie wenig Kontrolle sie wirklich über ihr Schicksal hatte. Khalid hatte keinen Harem und wollte auch keinen. Ebenso wenig hegte er den geringsten Wunsch, dieser Frau auf primitive Weise seine Macht zu beweisen. Zumindest …
Je mehr er sie betrachtete, desto aufregender fand er, was er sah. Er wollte sie zähmen. Dass das nicht leicht sein würde, steigerte sein Verlangen noch mehr. Doch wichtiger war ihm, dass sie sich ihm aus freiem Willen ergab – nicht, weil sie ihn fürchtete oder um ihre Freiheit feilschen wollte, sondern weil auch sie ihn begehrte. Seine ungewohnt heftigen Gefühle verblüfften ihn nicht wenig, und plötzlich musste er zu seinem Unbehagen feststellen, dass seine Begierde sich auf eine äußerst offensichtliche Weise unter der Tunika abzuzeichnen begann. Unentschlossen sah er seine Gefangene an.
„Was haben Sie mit mir vor?“ Juliette wich noch weiter vor ihm zurück. Er war so groß. Viel zu groß. Und die Art, wie er sie ansah – als wollte er sie verschlingen. Beim bloßen Gedanken daran überlief es sie kalt, gleich darauf war ihr ganz heiß. So grimmig er auch schien, Prinz Khalid weckte Gefühle in ihr, die völlig gegen jede Vernunft den Wunsch nach Freiheit in ihr erstickten. Sie war es nicht gewohnt, dass man sie mit so großer Intensität ansah. Es brachte sie aus der Fassung. Aus irgendeinem Grund wurde sie rot. „Ich warne Sie, wenn Sie es wagen, Hand an mich zu legen …“ Sie hielt inne, da sie nicht wusste, was sie tun würde, und da die Vorstellung, er könnte sie mit seinen Händen berühren, ihr einen winzigen Augenblick lang sogar verlockend erschien.
„Was werden Sie dann tun?“, fragte Khalid und zog sie abrupt an sich. Seine andere Hand spürte sie gleich darauf auf ihrem Rücken, sodass es ihr nicht möglich war, sich zu befreien. Sie berührten sich von der Brust bis zu den Schenkeln, Juliette fühlte den Griff seines Krummsäbels an ihrem Bauch. „Was werden Sie tun, Juliette de Montignac? Schreien?“
Ihre Blicke trafen sich. Khalid lächelte. Allerdings lag keine Belustigung in seinem Ausdruck, nur reiner Triumph. Juliette
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