HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
Lord Hubert, einer von Gastonburys Kastellanen, erhob. Alayna hielt ihn für einen guten und ehrbaren Mann. Seine Gemahlin, die Lady Mellyssand, stand an seiner Seite. Als Alayna nach Gastonbury gekommen war, hatte allein Mellyssand ihr die Freundschaft angeboten und ihr tröstend beigestanden, nachdem man sie zur Vermählung mit Edgar gezwungen hatte. In Abwesenheit von Alaynas Mutter hatte Mellyssand die junge Frau vorbereitet auf das, was sie in der Hochzeitsnacht erwartete. Zudem vermutete Alayna, dass sie Edgars Unfähigkeit, die Ehe zu vollziehen, hauptsächlich Hubert zu verdanken hatte. Während des Festmahles hatte der freundliche Mann wieder und wieder seinem frisch vermählten Lord zugeprostet und ihn zum Trinken verleitet.
Humpelnd ging Hubert auf de Montregnier zu, bis er vor ihm stand. Alle schwiegen, als er seine Stimme erhob. „Aye, ich werde Euch als meinen rechtmäßigen Lord anerkennen. Und falls der König Euren Anspruch anzweifeln sollte, werde ich meinen Männern befehlen, Euch im Kampfe um Euer Anrecht mit all ihren Kräften zu unterstützen.“
Einen Augenblick lang schwieg de Montregnier, da er überrascht schien. Dann ergriff er den Unterarm des älteren Mannes, eine Geste, die Hubert ihm gleichtat. Krieger besiegelten damit gewöhnlich, dass sie Waffenbrüder waren und sich die Treue schworen.
„Ich kannte Euren Vater Raoul“, sagte Hubert. „Er war ein guter Freund meines eigenen Vaters. Ein ehrbarer Mann war er, der von allen bewundert wurde. Euer Name war mir von Anfang an bekannt vorgekommen, aber ich marterte während der letzten Stunden vergeblich mein Hirn, wo ich Euer Gesicht unterbringen sollte. Doch jetzt erinnere ich mich wieder. Ihr wart damals noch ein Junge, der bereits beachtliches Geschick im Umgang mit dem Schwert zeigte. Ich weiß noch, wie stolz Euer Vater auf Euch war.“
Lucien nickte nur stumm. Hubert trat beiseite und rief den anderen zu, sie sollten vorkommen.
Nachdem ihm alle die Treue geschworen hatten, gesellte sich Lucien wieder zu Alayna. Herausfordernd blickte er sie an, als ob er wissen wollte, was sie über seinen Sieg dachte.
„Wie ich sehe, seid Ihr zufrieden mit Euch selbst. Euer Plan war schließlich erfolgreich“, sagte Alayna.
„Ja, ich bin zufrieden. Nun habe ich alles erreicht, was ich mir vorgenommen hatte.“
„Meine Mutter lehrte mich die Weisheiten der alten Griechen und Römer“, sagte Alayna ruhig. „Eine davon besagt, dass wir vorsichtig mit dem sein sollen, was wir uns wünschen. Es könnte in Erfüllung gehen.“
Er nickte, als wollte er ihr zustimmen, doch Alayna war nicht sicher, ob er die wahre Bedeutung ihrer Worte verstanden hatte.
5. KAPITEL
Alayna hätte niemals vermutet, dass der neue Lord von Gastonbury am Abend seines großen Sieges alles andere als Triumph empfand.
Auf dem Weg in sein neues Herrenschlafgemach fragte sich Lucien, warum er in dieser seltsamen Stimmung war. Seine Müdigkeit nach diesem langen Tag war verständlich. In den letzten beiden Wochen vor der Belagerung hatte er vor Anspannung ohnehin kaum geschlafen. Gestern und heute hatte der Kampf all seine Kräfte in Anspruch genommen. Sicher, es war nur natürlich, dass er erschöpft war. Doch nach diesem Tag, an dem sein größter Wunschtraum in Erfüllung gegangen war, sollte er eigentlich noch etwas anderes fühlen.
Unruhig fuhr er sich mit der Hand durch sein zerzaustes Haar. Er sollte glücklich sein! Schließlich hatte er sich endlich an seinem Todfeind gerächt. Dennoch gab es in seinem Inneren noch immer diese dunkle Leere, die wie ein dumpfer Schmerz in seiner Seele brannte.
Immerhin waren da noch diese närrischen Streitereien mit der jungen Witwe. Sie war ein halsstarriges Biest und erinnerte ihn an seine Mutter. Gewiss, außer ihrer scharfen Zunge hatte sie mit ihr nicht viel gemeinsam. Und sie benutzte niemals grausame und verletzende Worte, wie es seine Mutter getan hatte. Sicher, sie war wütend auf ihn, und er konnte es ihr nicht einmal verdenken. Wenn er etwas verstand, dann war es Bitterkeit und das Verlangen nach Freiheit. Schließlich hatte er elf Jahre lang als Sklave gelebt. Doch er weigerte sich, seine wachsende Zuneigung für die schöne Alayna zu einem Hindernis für seinen hart erkämpften Sieg werden zu lassen. Sie war nur eine weitere Figur in diesem Spiel um Macht, die ihm vielleicht noch von Nutzen sein konnte. Sie gehörte nun ihm.
Plötzlich kam ihm ihr liebliches Gesicht in den Sinn. Wie verächtlich sie ihn
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