HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Königliche Hoheit. Er heißt Jean Jourdain und steht in den Diensten des Herzogs von Burgund. Er lebt in einer Garnison, und dort ist kein Platz für mich …“ Ebenso wenig wie in Jeans Herzen. Elise dachte betrübt an die Entfremdung, die zwischen ihnen entstanden war, seit sie, eine Bürgerstochter, einen Ritter geheiratet hatte, während Jean ein einfacher Soldat blieb. Nein, sie konnte ihren Bruder nicht aufsuchen und von ihm erwarten, dass er sich ihrer annahm.
„Ihr wollt also Frankreich dienen, um an den Engländern Rache zu nehmen“, sagte die Königin. „Ihr habt keinen Landbesitz, den Ihr verwalten müsst, keine hinfällige Mutter oder einen kranken Vater?“
„Der Landbesitz meines Gatten fiel an seinen jüngeren Bruder und dessen Frau. Meine Eltern sind tot. Es gibt niemanden, der von mir abhängig ist, Königliche Hoheit.“
„Hm.“ Die Königin strich sich mit dem Finger über ihre Kinne und überlegte. „Wie alt seid Ihr?“
„Bald neunzehn, Königliche Hoheit.“
„Nun, wie könnten wir Euch wohl einsetzen, damit Ihr Eure Rache bekommt?“
„Mein Gatte hat mir beigebracht, mit Pfeil und Bogen umzugehen. Vielleicht könnte ich ein Heckenschütze werden?“, schlug Elise eifrig vor. „Ich würde nicht zögern, einen Engländer zu erschießen!“
Schallendes Gelächter von den Höflingen begrüßte ihre Idee.
„Welch eine leidenschaftliche Patriotin“, bemerkte die Königin mit einem leisen Lachen und wandte sich dann den Höflingen zu. „Ihr faulen Parasiten könntet Euch ein Beispiel an ihr nehmen!“
„Königliche Hoheit, wenn ich einen Vorschlag machen dürfte …“, ertönte eine Stimme aus dem Hintergrund des Saales.
Elise drehte sich halb um. Ein Mann bahnte sich einen Weg durch die Menge der prächtig gekleideten Herren und Damen bis zur Seite der Königin.
Er war ganz in Schwarz gekleidet, von seiner modischen Kopfbedeckung bis zum Saum seines zobelbesetzten Rocks mit Schlitzärmeln. Schwarze Strumpfhosen bedeckten dicke Waden und verschwanden in schwarzen Schuhen mit gebogener Spitze.
„Monseigneur von Burgund, darf ich Euch Madame Elise de Vire vorstellen?“, sagte die Königin.
Elise knickste erneut, und als sie sich aufrichtete, fand sie sich scharf gemustert von eiskalten blauen Augen. Das also war Jean Sans Peur, der berühmte, furchtlose Anführer der burgundischen Aufständischen, die danach strebten, den Armagnacs die Macht zu entreißen, deren Hoffnungen sich jetzt auf den Dauphin Charles konzentrierten. Es ging das Gerücht um, dass Jean und die Königin, berüchtigt für ihre Affären, trotz ihrer Fettleibigkeit, ein Liebespaar waren, und angesichts des besitzerstolzen Blickes, den Isabella diesem Mann zuwarf, zweifelte Elise nicht an der Wahrheit des Gerüchts.
„Ja, sie könnte eine wirkungsvolle Waffe gegen die Engländer sein.“ Der Herzog stieg von dem Podium herunter, um die junge Frau von allen Seiten zu begutachten. „Hm, eine gute Figur, reizvolle grüne Augen, schönes Haar, ein sinnlicher Mund …“, murmelte er, während er um sie herumging.
Wofür hält er mich, dachte Elise, für eine Stute, die versteigert werden soll? Zornesröte stieg ihr vom Halsausschnitt ihres besten Gewandes aus dunkelblauem Samt ins Gesicht.
„Ah, und sie errötet sogar – wie entzückend“, bemerkte Jean Sans Peur, aber seine Augen verrieten ihr, dass er wusste, dass sie wütend war – und es genoss.
„Meine Königin, ich glaube, sie könnte uns – mit etwas Ausbildung natürlich – als Spionin nützlich sein.“
„Ihr wollt, dass ich nach England gehe?“, fragte Elise erschrocken.
„Sprecht Ihr Englisch?“
„N-nein …“
„Dann würde das kaum sinnvoll sein, nicht wahr? Die Engländer werden jedoch bald genug an unsere Gestade zurückkehren, diese habgierigen Lumpen! Ich entsinne mich, dass Henry, der Möchtegern-Thronräuber, willige Französinnen aus Harfleur mit heiratsfähigen Engländern vermählt hat, in der Hoffnung, dass sie loyale Untertanen in den von ihm eroberten Gebieten sein würden. Ich möchte wetten, dass er das auch wieder tun wird. Unsere gegenwärtigen Spione melden, dass Henry diesmal Caen einnehmen will als Tor zur übrigen Normandie. Ich schlage vor“, fuhr der Herzog von Burgund fort, „dass wir diese patriotische junge Witwe in Caen unterbringen, wo sie eine gute Möglichkeit hat, die Aufmerksamkeit eines Junggesellen des englischen Königshaushalts auf sich zu ziehen. Der Mann sollte natürlich so
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