HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
hochrangig wie möglich sein.“
„Warum?“, fragte Elise kurz und bündig.
„Um Informationen über die Absichten der Engländer zu erlangen, selbstverständlich“, antwortete der Herzog. „Ihr habt doch gesagt, Ihr würdet alles tun, nicht wahr?“
Ihr Herz begann stürmisch zu pochen und drängte sie davonzulaufen. Aber eigentlich hätte dieser Vorschlag sie nicht überraschen sollen. Wie konnte man eine einigermaßen ansehnliche Frau besser einsetzen als zum Spionieren? Wer würde eine hilflose junge Witwe verdächtigen?
„Das habe ich gesagt“, bestätigte Elise mit einer Gelassenheit, die sie nicht empfand. „Und ist es wirklich notwendig, diesen ahnungslosen Mann zu heiraten? Ich bin durchaus bereit, eine Kurtisane zu sein.“
Der Herzog hob eine Augenbraue angesichts ihrer Kaltblütigkeit. „Henry, der ein so prüder König geworden ist, würde Euch wahrscheinlich nicht ohne ein Ehegelübde in der Nähe seiner Männer dulden. Wie ich höre, verbietet er Metzen unter seinen Soldaten und lässt den Frauen den linken Arm abschlagen, wenn sie gegen das Gebot verstoßen. Außerdem wird ein Mann seinem Ehegespons Dinge erzählen, die er niemals einer Dirne gegenüber äußern würde.“
„Was ist mit meinem Mangel an Englischkenntnissen?“
„Keine Sorge, ich zweifle nicht daran, dass Ihr die Sprache rasch erlernen werdet, wenn Ihr das Bett eines Engländers teilt.“ Er lachte spöttisch. „Und macht Euch keine Gedanken über die Last einer dauerhaften Ehe. Ich habe genügend Bischöfe, die mir gern gefällig sind, sodass es ein Leichtes sein wird, eine Annullierung zu erhalten – vorausgesetzt, Euer Engländer überlebt die Attacken der französischen Armee!“
„Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr das tun wollt, Madame de Vire?“, fragte die Königin.
Elise zögerte mit der Antwort, und während dieser Zeitspanne trauerte sie um die Ehrenstellung, die sie als Witwe eines Ritters innegehabt hatte. Sie würde in eine dunkle Welt der Intrige eintreten und gefährliche Risiken auf sich nehmen müssen und danach wohl nicht mehr als eine wahre Edelfrau betrachtet werden können.
„Wenn es Euch gelingt, Euch bei den Engländern einzuschmeicheln, werde ich dafür sorgen, dass Euer Bruder zum Hauptmann der Artillerie ernannt wird“, versprach der Herzog. „Und nachdem wir die Engländer in den Kanal getrieben haben, sorge ich dafür, dass Ihr einem französischen Edelmann vermählt werdet.“
Nachdem die Engländer in den Kanal getrieben worden waren … das war nur ein ferner Traum, der Elise noch vollkommen unwirklich erschien. Aber Jean würde sich freuen, dachte sie und stellte sich die Freude ihres Bruders über die Beförderung zum Hauptmann vor. Vielleicht würde sie ihm eines Tages erzählen können, dass ihr Einfluss ihm dazu verholfen hatte, und möglicherweise würde sie das einander wieder näher bringen. „Ich werde es tun“, erklärte sie.
„Ausgezeichnet“, sagte der Herzog zufrieden. „Ich finde Euer Deckname, den Ihr in Euren Botschaften an mich benutzen werdet, sollte Füchsin sein. Seid Ihr nicht auch meiner Meinung, meine Königin?“, fragte er, hob eine Strähne von Elises rotbraunem Haar und wickelte sie sich um den Finger.
1. KAPITEL
Caen, September 1417
Elise balancierte vorsichtig auf einem Brett des hohen, schmalen Vorratsregals und spähte durch eine Ritze der von innen vor dem kleinen Fenster befestigten Klappe.
„Was machen sie da nur?“, fragte sie laut, während sie versuchte, durch den Rauch von Kanonenfeuer und einem Dutzend brennender Häuser zu erkennen, was auf dem Platz draußen vor sich ging.
„Was geschieht dort, Madame?“, rief Gilles von unten. Ihr getreuer Diener hatte sie angefleht, sich davor zu hüten, gesehen zu werden, aber da er ein Zwerg und daher zu klein war, um das Fenster zu erreichen, hatte er sie nicht zurückhalten können. Sie musste einfach feststellen, was draußen vor sich ging.
„Die englischen Hunde haben Hunderte von Stadtbewohnern und Soldaten aus der Garnison auf dem Platz zusammengetrieben“, berichtete Elise, als der Rauch sich etwas verzog. Dann ertönten die ersten Schreie, und der Marktplatz wurde zu einem Vorort der Hölle.
„Heilige Jungfrau, sie metzeln sie nieder“, flüsterte Elise entsetzt, als sie das Geschehen draußen beobachtete. „Frauen und Kinder ebenso wie Soldaten! Diese Mörder! Gilles, wir müssen etwas tun!“
„Madame, steigt herunter!“, bat der Zwerg eindringlich, während Elise vor
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