Historical Exclusiv Band 44
war „Euer Gnaden“ genug gewesen, doch jetzt genügte das nicht mehr. Dieser König brauchte mehr als Unterwürfigkeit. Ihn verlangte es nach Erhöhung.
Die leise Stimme der Königin klang beruhigend, wie nach dem Zornesausbruch eines Kindes. „Ich hoffe, Ihr werdet Weihnachten auf Weston Castle nicht allzu sehr vermissen, Lady Joan.“
Joan unterdrückte ein Auflachen. Eine Weston war sie nur dem Namen nach, den Familiensitz hatte sie noch nie gesehen. Ihre Mutter und ihre Schwester waren es, die sie vermisste, doch über die beiden würde niemand hier auch nur ein Wort verlauten lassen. „Eure Einladung ehrt mich, Majestät.“
Königin Anne fuhr fort: „Vielleicht könntet Ihr zu unserer Unterhaltung ein kurzes Gedicht schreiben.“
„Ein Gedicht, Majestät?“
„Nicht auf Französisch. Nur auf Englisch. Falls Ihr Euch dazu in der Lage fühlt.“
Sie ignorierte die kleine Kränkung. Die Worte der Königin verunglimpften nicht nur ihre Mutter, sondern auch die zehn Jahre, die Joan weit entfernt von Windsors Glorienschein verbracht hatte. Als Tochter des Königs hatte sie sowohl Englisch als auch Französisch gelernt. „Euer Majestät, wenn meine bescheidenen Verse Euch erheitern, dann wäre es mir eine Ehre.“
Der König mischte sich ein. „Natürlich wäre es das, Lady – wie war doch noch der Name?“
„Joan, Majestät.“
Er runzelte die Stirn. „Der Name gefällt mir nicht. Habt Ihr noch einen anderen?“
„Einen anderen Namen, Majestät?“ Seltsam, dachte sie, dann fiel es ihr ein. Die Mutter des Königs hatte ebenfalls Joan geheißen – und seine Mutter war mit ihrer verfeindet gewesen. Natürlich durfte sie nicht den Namen seiner geliebten Mutter führen. „Ja, Majestät. Den habe ich.“ Er lautete nicht Mary, Elizabeth oder Catherine, wie der König es vielleicht erwartete. „Meine Mutter nennt mich auch Solay.“
„Soleil?“ , wiederholte er mit französischer Aussprache. „Die Sonne?“
„Ja.“
„Warum nennt sie Euch so?“
Sie zögerte, aus Angst, die Wahrheit auszusprechen, und wusste nicht, wie sie sich herausreden sollte. „Sie sagte, ich wäre die Tochter der Sonne.“
Von allen Seiten erklang Getuschel. Einst war ich die Geliebte der Sonne, hatte ihre Mutter gesagt. Die Sonne war König Edward gewesen.
Mit einer Handbewegung entließ der König sie. „Euer Name ist unwichtig, da Ihr nicht lange hier sein werdet.“
Angst durchfuhr sie. Sie musste ihn von seinem Unmut ablenken und Zeit gewinnen, um seine Gunst zu erlangen.
„Es ehrt mich, wenn Ihr meinen Namen aussprecht“, sagte sie rasch, „ebenso wie das Wissen, dass ich am selben Tag wie Ihr unter dem Zeichen des Steinbocks geboren bin.“ Das stimmte nicht, aber es interessierte niemanden, wann sie geboren war. Selbst ihre Mutter erinnerte sich nicht genau an den Tag.
Wieder richtete er sich auf und sah sie an. „Ihr studiert die Sterne, Lady Solay?“
Sie wusste kaum mehr über die Sterne als ein Kerzenmacher, aber wenn ihn die Sterne interessierten, dann sollten etwas Schmeichelei und ein paar Floskeln genügen. „Ich bin zwar nur eine Anfängerin, aber ich weiß, dass sie große Dinge über Euch sagen, Majestät.“
Er musterte sie genauer. „Was denn?“, fragte er und beugte sich vor.
Was wollte er hören? Sie musste vorsichtig sein. Zu viel Wissen konnte gefährlich werden. „Natürlich habe ich nie Eure Sterne gedeutet, Majestät.“ Das ohne seine Erlaubnis zu tun, konnte den Tod bedeuten. Sie überlegte rasch. Der König hatte am Dreikönigstag Geburtstag. Das sollte ihr genug Zeit lassen. „Doch mit Eurer Erlaubnis könnte ich Euch zu Ehren Eures Geburtstages die Sterne deuten.“
„So lange würde es dauern?“
Lächelnd nickte sie. „Um eine Lesung vorzubereiten, die eines Königs würdig ist – oh ja, Majestät.“
Der König lächelte und lehnte sich zurück. „Dann also eine Lesung für meinen Geburtstag.“ Er wandte sich an den hochgewachsenen, dunkelhaarigen Mann zu seiner Rechten. „Hibernia, sorgt dafür, dass sie alles hat, was sie braucht.“
Sie holte tief Luft. Jetzt musste sie nur noch eine Deutung der Sterne zustande bringen, die ihrer Mutter ein lebenslanges Einkommen garantierte. „Mit meinen bescheidenen Möglichkeiten werde ich mein Bestes tun, und es wird mir eine Ehre sein, Eurer Majestät in jeder Weise zu dienen.“
Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. „Den letzten Astrologen habe ich wegen seiner schlechten Voraussagen
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