Historical Exclusiv Band 44
alles im Schloss schlief, schlich sie durch die leeren Gänge. Justins Gemach, das hatte der Kammerherr ihr gesagt, lag abseits des Geruchs, der vom Fluss heraufdrang, im Schatten der Abteitürme. Schwacher Feuerschein drang durch den Türspalt in den dämmrigen Korridor.
Mit pochendem Herzen ließ sie die Fingerspitzen über das raue Holz gleiten und wagte nicht anzuklopfen.
Sorg dafür, dass er deinen Körper begehrt, dann kannst du ihn von allem überzeugen.
Die Tür knarrte, als sie sie öffnete.
Justin stand mit dem Rücken zu ihr am Fenster und blickte hinaus in den fallenden Schnee. Sie schlich hinter ihn, schlang die Arme verführerisch – wie sie hoffte – um seine Taille und legte die Wange an seinen breiten Rücken. „Mein Gemahl.“
Er warf die Läden zu und stieß sie von sich weg. „Ich bin nicht Euer Gemahl.“
Trotz der groben Worte sah sie in seinen Augen etwas blitzen, und das war nicht nur ein Lichtschein des Feuers. An seiner Wange zuckte ein Muskel.
Er kämpfte also gegen sein Verlangen.
Sie bemühte sich um eine sanfte Miene. „Kann ich mit Euch reden?“
„Sprecht.“
Sie wandte sich ab, um sich zu sammeln. Vor ihr stand sein Bett, ganz weich mit einer federgefüllten Matratze und tiefblauen Vorhängen, um die Wärme des Feuers zu bewahren. Hinter ihr hörte sie, wie ein Holzscheit nachgelegt wurde. Zischend erfasste ihn das Feuer, dann begann er zu brennen.
Was sollte sie jetzt tun?
Denk daran, hatte ihre Mutter gesagt, ein Mann begehrt mit den Augen. Gegen das, was er sieht, ist er machtlos.
Sie verstand nicht, wie das sein konnte, aber sie wusste, dass sie hilflos war, wenn er sie berührte. Wenn ihr Anblick ihn ebenso schwächte, dann würde er sie gewiss noch vor Tagesanbruch zu sich ins Bett holen.
Den Rücken noch immer ihm zugewandt, öffnete sie zögernd den Umhang und legte ihn aufs Bett. Sie war froh über die Wärme des Feuers.
Hinter sich hörte sie nichts.
Sie streifte das ärmellose Überkleid ab und ließ es zu Boden gleiten, sodass ihr Cotehardie sichtbar wurde.
Abgesehen von dem knisternden Feuer hörte sie nichts. Spürte sie seine Blicke auf sich, oder war das nur Wunschdenken? Sie hatte erwartet, dass er sie jetzt berühren würde. Konnte sie sich getäuscht haben? Vielleicht begehrte er sie nicht.
Nein, das stimmte nicht.
Sie löste die vorderen Bänder.
Hinter sich hörte sie ein scharfes Einatmen.
Also sah er ihr zu. Der Gedanke entzündete einen Funken in ihr. Langsam fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar, dann ließ sie es offen über den Rücken fallen.
Sie vernahm ein leises Stöhnen und atmete schneller, als auch in ihr Verlangen aufstieg.
Um es zu unterdrücken, presste sie die Schenkel zusammen und wartete auf seine Berührung.
Doch die kam nicht.
Was machte sie falsch? Sie hatte geglaubt, genug zu wissen, um seine Lust zu wecken. Es hatte immer so einfach geklungen. In dieser Beziehung waren alle Männer schwach, sie wurden von ihren Lenden zu einer Frau geführt wie ein Durstender an einen Brunnen. Es war die natürlichste Sache der Welt.
Sie zog an dem letzten Band und streifte das Kleid ab. Jetzt trug sie nur noch das Leinenhemd. Noch immer wärmte ihr das Feuer den Rücken, doch die Kälte stieg vom Boden hoch zu ihren Beinen.
Was machte er? Wann würde er sie berühren?
Es gab nur noch ein Kleidungsstück, das sie ablegen konnte.
Sie bückte sich, um nach dem Saum ihres Hemdes zu greifen.
„Solay, halt!“ Zorn und Verlangen, beides lag in seiner Stimme.
Sie ließ den Saum los und drehte sich um. Er saß am Feuer, ein Bein über die Lehne seines Stuhls gelegt, die Beine so weit gespreizt, dass sie sehen konnte, wie erregt er war.
Ihre Blicke begegneten sich, und einen Moment lang atmeten sie im selben Rhythmus.
Dann blinzelte er und brach den Bann.
„Eine nette Vorstellung, Solay. Zweifellos habt Ihr sie erfolgreich bei vielen anderen Männern angewendet. Vielleicht sogar bei dem Vater des Kindes, das Ihr erwartet.“
Sie verschränkte die Arme vor den Brüsten und fröstelte. Davor also hatte er Angst. Sie hätte es wissen müssen.
„Es gibt kein Kind. Holt mich in Euer Bett, und Ihr werdet feststellen, dass ich noch Jungfrau bin.“
„Wenn ich Euch in mein Bett hole, wird es keine Rolle mehr spielen, ob Ihr eine Jungfrau seid.“
„Würde ich so dringend einen Gemahl brauchen, hätte ich den König darum gebeten. Ihr wart es, der eine Heirat vorgeschlagen hat, nicht ich.“
Trotz seiner finsteren
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