Historical Exclusiv Band 44
in leiserem Tonfall hinzu.
„Das Pferd befindet sich nicht länger in Besitz von Mistress Fairfax. Ich habe es für die Zucht unserer Majestät erworben. Wenn Ihr es für Eure Untersuchung haben wollt, müsst Ihr Euch zuerst an den König wenden.“
Oliver war völlig verwirrt. Auch Sarah konnte ihre Überraschung nur mühsam verbergen. „Ihr habt es für den König gekauft?“, fragte er irritiert. „Habt Ihr das wirklich getan?“
Anthony nickte. „So ist es. Falls Ihr nun keine Fragen mehr an Mistress Fairfax habt, möchten wir uns empfehlen. Wir haben eine Verabredung zur Besichtigung einiger Tiere in einem entfernt liegenden Zuchtbetrieb und müssen uns beeilen.“
Oliver musterte seinen Freund misstrauisch. Er konnte nicht recht glauben, was er soeben gehört hatte. „Heißt das, dass Ihr den Hengst mit Euch nach London nehmen wollt?“
Anthony wirkte ganz entschieden. „Genau das habe ich vor.“
Der Captain überlegte kurz, dann zuckte er ratlos die Schultern. „Nun gut. Dann werde ich die Untersuchung der Überfälle auf andere Weise weiterführen müssen.“ Er zögerte, blickte unsicher zu Sarah, bevor er den Lord fragte: „Ihr seid sicher, dass Ihr mir sonst nichts mehr zu berichten habt?“
„Ich habe Euch bereits alles gesagt, was in diesem Zusammenhang von Wichtigkeit sein könnte.“ Anthony nahm Sarahs Arm. „Fahrt mit Euren Recherchen fort, Captain Kempthorne. Wir wünschen Euch viel Erfolg. Wie ich Euch schon mitteilte, muss ich zusammen mit Mistress Fairfax einen Termin wahrnehmen.“
Anthony zog Sarah mit sich fort und ließ Oliver einfach stehen. Der Captain blickte ihnen nach. In seinem Gesicht waren sein Zorn und seine Überraschung gleichermaßen zu lesen.
Sobald sie sich außer Sichtweite befanden, zog Sarah den Arm aus Anthonys Griff und fragte: „Warum habt Ihr die Unwahrheit gesagt?“
Er setzte unbeirrt seinen Weg fort. „Ich wollte verhindern, dass der Captain Euch das Pferd wegnimmt.“
„Aber er ist doch ein Vasall des Königs. Genau wie Ihr.“
„Ich habe noch nie behauptet, dass jede Aktion, die im Namen des Königs durchgeführt wird, auch rechtmäßig ist.“
„Aber Ihr sagtet doch, dass Ihr ein Freund des Königs seid.“
Anthony blieb stehen und drehte sich unvermittelt zu Sarah um. „Ich leiste dem König Gefolgschaft, aber das bedeutet nicht, dass ich das Verhalten von königlichen Steuereintreibern, die Väter von ihren Familien trennen, und von Gesandten, die grundlos Pferde beschlagnahmen, für richtig halten muss.“
Sarah wich seinem Blick aus.
Anthony trat zu ihr, hob ihr Kinn an und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. „Es gibt doch keinen Grund, Euer Pferd zu verdächtigen. Habe ich recht, Sarah? Ihr habt mir selbst erzählt, dass nur Ihr diesen Hengst reitet, und ich nehme Euch beim Wort.“
Es fiel Sarah schwer, seinem durchdringenden Blick standzuhalten. Genauso hatte er sie gestern Abend beim Schein des Kaminfeuers betrachtet. Wieder stieg dieses seltsame, prickelnde Gefühl in ihr auf. „Ich habe Euch die Wahrheit gesagt, Anthony. Außer mir reitet niemand Brigand.“
Noch einen Moment lang hielt er sie fest. Dann löste er sich widerstrebend von ihr. „Ich bin erleichtert. Dann gibt es wirklich kein Argument, wieso Captain Kempthorne Euch Euren täglichen Ausritt verbieten sollte. Vor allem dann nicht, wenn ich Euch ersuchen möchte, mich heute zu begleiten.“
Ein Glücksgefühl überkam sie. Das Misstrauen, das sie ihm seit dem gestrigen Abend entgegenbrachte, schwand wieder. Hatte er ihr nicht sogar eben gegen einen Gefolgsmann des Königs zur Seite gestanden? Die Ursache für den Streit am letzten Abend war vermutlich wirklich seine Eifersucht, wie er selbst zugegeben hatte. Die Vorstellung, dass Anthony auf einen anderen Mann eifersüchtig war, fand Sarah nicht unangenehm.
„Ich würde mich freuen, Euch begleiten zu dürfen, Lord Rutledge“, erwiderte sie höflich.
Anthony blickte sich rasch um, ob sich sonst jemand in der Nähe hier im Garten befand. Dann beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie sanft. „Anthony“, korrigierte er sie.
Als Sarah die Küche betrat, war Bess gerade damit beschäftigt, eine große Masse Brotteig in einer Art und Weise durchzukneten, als würde es sich dabei um einen schlimmen Feind handeln. Ihre dicken Unterarme waren mehlbestäubt und zitterten mit jedem Faustschlag wie Berge weißen Gelees. Sarah hoffte, dass sie sich heute in einer besseren Laune befand als gestern.
Als
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