Historical Exklusiv Band 06
Schmuggler unterrichtet habe, so geschah es aus meinem eifrigen Bemühen heraus, Euch die drückenden Bürden zu erleichtern. Es war doch nur eine unbedeutende Entscheidung über ein elendes kleines Dorf …"
Rosalind sprang auf. "Elend nur, weil uns seit Jahren das Marktrecht verweigert wird. Diese Ablehnung hat gute, treue Untertanen gezwungen, ihren Lebensunterhalt neben dem Fischfang auf andere Weise zu verdienen, wenn sie nicht verhungern wollten", fuhr sie Cromwell an. "Und jetzt sehe ich, dass es nicht die Schuld unseres gnädigen Königs war, sondern die Eure!"
Wie lange schon hatte sie sich gewünscht, dem König diese Vorwürfe entgegenzuschleudern, doch die meiste Schuld lag offensichtlich bei Cromwell, zusammen mit Putnam. Trotz seines eigenen Kummers und Ärgers war der König freundlich zu ihr gewesen. Er schien eben nur ein aufbrausendes Temperament zu haben, ebenso wie sie selbst.
"Aber sind die Leute da wirklich gut und treu?" fragte König Heinrich mit einem Seitenblick auf Nick. "Schmuggler können doch eigentlich nicht gut und treu sein."
"Euer Majestät", erwiderte Rosalind, "sie sind so gut, dass sie ihr Leben aufs Spiel setzten, um Eure Leute zu retten. Sie haben es zweimal getan, und beim zweiten Male mussten sie sogar annehmen, dass Euch die erste Rettungstat überhaupt nicht gekümmert hatte. Aber sie würden es dennoch immer wieder tun. Sie sind so treu, und sie flehen Euch jetzt um Gnade und Hilfe an. Sie wollen mit ihren Booten die Küste bewachen gegen einen möglichen Raubzug der Franzosen. Sie sind so gut und treu, dass sie Euch um die Erlaubnis bitten, Schiffe durch die gefährlichen Downs zu lotsen, wo Lord Spencer beinahe umgekommen wäre."
"Sie überredet einen wie ein schlauer Pfaffe, Nick."
"Ich weiß, Euer Gnaden."
"Und auch noch in einer hübschen Verpackung."
"Ich will Euch nicht überreden, Euer Majestät", fuhr Rosalind errötend fort. "Ich bitte Euch nur inständig, Deal gnädig die Hand zu reichen. Lord Spencer sagt, Ihr seid gut und gerecht, und das gibt mir den Mut, für meine Nachbarn zu bitten."
"Lord Cromwell wird heute alle Hände voll zu tun haben mit den Vorbereitungen für den Festzug seiner neuen Königin." Heinrich blickte den aschfahlen Großkämmerer an. Für einen Augenblick schnappte dieser Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Offensichtlich hatte er erkannt, dass des Königs Wohlwollen nur noch an einem Spinnwebfaden hing.
"In der Tat, es ist viel zu tun, Euer Majestät", pflichtete er bei. "Soll ich diesen Mann mit in sicheres Gewahrsam nehmen?" fragte er und wies auf Shanks.
"Nein, lasst ihn! Und lasst mich jetzt auch in Ruhe!" rief der König mit grollender Stimme. "Wir werden ohnehin noch viel darüber zu reden haben, wenn diese Posse vorüber ist, die Ihr für Euern König ersonnen habt! Hinaus, verschwindet!"
Zornbebend eilte Cromwell hinaus.
"Nun", sagte König Heinrich, "will ich Euch eine Frage stellen, Mistress Rosalind, und erwarte eine ehrliche Antwort. Habt ihr geschmuggelt in Deal?"
"Ja, Euer Majestät. Und ich bin hier, um Abbitte zu tun und mich Eurer Großmut anheim zu geben."
Nick schaute auf Rosalind, die ihm noch nie schöner erschienen war. Obwohl bar aller Juwelen und in einem zerdrückten Gewand, schien sie anmutiger als all die Damen bei Hofe. Sie war einfach anbetungswürdig, und er betete sie an.
Der König schien offensichtlich besänftigt zu sein. Er tätschelte ihr die Hände und nickte verzeihend.
Ein tiefer Seufzer der Erleichterung löste sich aus Nick. Wenn er jetzt den Schlusspunkt setzen und schnell mit Rosalind verschwinden könnte, würde vielleicht alles noch ein gutes Ende nehmen.
"Und dann, Euer Majestät, muss ich noch gestehen, dass ich Nick Spencer über alles liebe", erklärte Rosalind weiter.
Nick standen die Haare zu Berge. Wagte denn diese Frau, um alles zu bitten, was sie haben wollte? In des Königs augenblicklicher Lage musste man doch gerade mit dieser Frage sehr vorsichtig sein. Er hielt den Atem an.
"Ich weiß", fuhr Rosalind fort, während beide Männer sie unverwandt anblickten, "dass Lord Spencer Euch in Liebe und Treue ergeben ist. Als ich ihn während eines tödlichen Fiebers pflegte, nachdem er beinahe ertrunken wäre, hat er selbst in seinen Fantasien immer von Euch gesprochen als einem verehrten Monarchen, der Vaterstelle an ihm vertrat …"
"Gut, gut", sagte König Heinrich und legte seine großen Hände über ihre zarten Finger, "ich bin vielleicht nicht alt genug, um
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