Historical Exklusiv Band 06
lügen, selbst manchmal seinem Herrscher gegenüber."
"In der Tat, er muss seine Gründe haben", murmelte der König und konnte seinen Blick nicht von ihr wenden.
"Dann bitte ich Euch herzlich, lasst mich die Geschichte erzählen, Euer Majestät", drängte Rosalind. "Ich gebe zu, dass ich mit Lord Spencer unter einer Decke stecke, aber nicht so, wie Lord Cromwell behauptet. Wir sind nur gemeinsam hierher gekommen, um die Wahrheit aufzudecken, die irgendjemand aus Eurer nächsten Umgebung verdreht oder Euch vorenthält. Der Verräter aus dem Brief von Lord Cromwell ist nicht der Lord Lieutenant der Veste Deal!"
"Euer Majestät, wollt Ihr Euch salbungsvolle Reden von einem einfachen Landmädchen anhören, und noch dazu einer Verbrecherin wie dieser?" begehrte Cromwell mit beherrschter Stimme auf. "Nicht nur, dass sie lügt – Ihr habt auch keine Zeit mehr, ihren Entschuldigungen Gehör zu leihen. Ihr müsst Euch jetzt aufmachen, um Eure künftige Königin zu empfangen."
"Ihr müsst Euch aufmachen, um Eure Königin zu empfangen, die Ihr mir aufgebürdet habt!" schrie der König. Cromwell wurde puterrot, aber er rührte sich nicht von der Stelle. Seine Miene wirkte wie versteinert.
"Und", mischte sich Nick ein, "da er eine Königin ausgesucht hat, die offensichtlich mehr seinen Bedürfnissen entspricht als denen des Königs, wird er wohl noch andere Geschäfte zu erledigen haben, von denen er Euch erst berichten wird, wenn es zu spät ist."
"Und die wären?" forderte der König, während er Cromwell unwirsch zur Ruhe wies. "Es war Cromwell, der mir von dem Schmuggel in Deal berichtete."
"Aber er hat Euch sicher nicht alles erzählt, Euer Majestät", fiel Rosalind schnell ein. "Er hat Euch bestimmt nicht die ganze Wahrheit über Deal gesagt. Vor mehr als drei Jahren retteten Seeleute aus Deal Eure Matrosen aus Seenot von einem gestrandeten Schiff in den Downs. In dieser Nacht verlor Deal ein Boot mit sieben Mann, darunter mein Vater und mein Ehegemahl."
"So seid Ihr also Witwe?"
"Ja, Euer Majestät, und ich erbte von meinem Vater den Gasthof 'Rose und Anker'. Euer Steinmetzmeister Franklin Stanway hat vor kurzem meine Schwester geheiratet."
"Sie will Euch nur hinters Licht führen, Euer Gnaden", beharrte Cromwell. "Sie erbte ebenso eine Schmugglerbande und hat ihr Wissen über die Festung an die Franzosen verkauft – mit Spencers Hilfe, versichere ich Euch. Die Überfahrt nach Frankreich, die dieser Mann hier beobachtete, diente offensichtlich dem Verrat."
"Nick?" sagte der König. "Wir haben Cromwells Wort gegen Euern Zeugen und Mistress Rosalind. Du warst mir immer treu. Wer sagt nun die Wahrheit?"
"Lord Cromwell lügt, Sire. Ich segelte nach Frankreich mit der widerstrebenden Mistress Barlow in meiner Begleitung, um herauszubekommen, wer die französischen Schmuggler waren. Ich setzte auf Mistress Barlows Bekanntheit als Wirtin des 'Rose und Anker' und hoffte, dass jemand sie erkennen und auf sie zukommen würde. Die Vollmachten und Anweisungen Eurer Majestät erlaubten mir, überall hinzugehen, wo es zur Erfüllung meiner Aufgaben notwendig war – so verstand ich sie zumindest."
Der König nickte ermutigend, während jeder im Raum gespannt an Nicks Lippen hing.
"Ich stellte dabei fest, dass Mistress Rosalind ein Mitglied der Schmugglerbande war, doch ich fand keinerlei Anzeichen von Verrat und Spionage. Fragt Cromwell, Euer Majestät, wer Eure Soldaten nach Deal geschickt hat, um die Boote zu vernichten, mit denen Eure Leute aus Seenot gerettet worden waren! Fragt ihn, wer Euern guten Namen in Deal befleckt hat! Euer Großkämmerer, der eigentlich bestrebt sein sollte, die Beziehungen zwischen Krone und Volk zu festigen, hat eine Kluft zwischen Euer Gnaden und den Einwohnern von Deal aufgerissen! Genau wie Cromwell die Unwahrheit gesagt hat über das Aussehen der neuen Königin …"
"Zum Teufel, das stimmt!" König Heinrich schlug Cromwell mit der Faust gegen die Brust, so dass dieser ein paar Schritte zurücktaumelte. "Und wenn Ihr sogar Euern König über seine künftige Gemahlin belogen habt, was ist dagegen eine Lügengeschichte über so einen Ort? Ich bin sicher, Ihr habt Eure Zuträger dort und nehmt Bestechungsgelder oder so etwas, um Eure eigenen Zwecke zu verfolgen, Euer Streben nach Macht. Dabei sollte es meine Macht sein, die Ihr zu beschützen habt!"
"Aber ich war doch stets darum bemüht, Euer Majestät! Wenn ich Euch nicht über die rechtmäßige Bestrafung einer Bande ehrloser
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