Historical Exklusiv Band 06
geöffnet, wurde sie aufgestoßen und Delancey, geknebelt und im sicheren Griff von Rosalinds Vettern, hereingeschoben. Andere Bewohner, Männer und Frauen, unter ihnen Meg und Franklin, drängten dahinter in die Kammer. Einige hielten Fischermesser in den Händen, andere dicke Knüppel. Nick stand entgeistert wie festgewurzelt da und wurde sofort von Rosalinds Anhängern ergriffen.
"Alles in Ordnung, wir haben ihn, Leute!" rief Alf. "Und schaut euch unsere Rosalind an, verängstigt und abgemagert! Keinen Widerstand, Euer Lordschaft! Wir haben ein paar Leute von Euch zusammengeschnürt wie Bündel und halten die letzte Bresche in der Mauer. Ihr werdet jetzt auf ein Schiff gebracht, das Kurs auf das ferne Westindien nimmt, Lord Spencer. Aber nicht bevor Rosalind über alle Berge ist, damit Ihr sie niemals wiederfindet, selbst wenn Ihr zurückkommen solltet."
Rosalinds Herz strömte über vor Liebe und Dankbarkeit für ihre Vertrauten und ganz Deal. Sie waren ihr immer treu gewesen und setzten jetzt alles aufs Spiel. Doch sie wusste auch, dass dieser Aufruhr gezügelt werden musste, bevor sie sich so weit vorgewagt hatten, dass auch der gnädigste König ihnen nicht mehr verzeihen konnte.
"Alf, so höre doch …", begann sie, indes schnitt der Vetter ihr das Wort ab mit der längsten Rede seines Lebens.
"Solltet Ihr eines Tages den Weg zurück finden, Euer Lordschaft, wird das ganze Dorf Eure Geschichte bestreiten. Ihr habt von Seeräubern ein paar über den Schädel bekommen, das ist alles. Und im Übrigen, wenn wir Euch auch wegen bestimmter Dinge bewundern – niemand nimmt uns Rosalind weg! Und nun, Burschen, bringt den Lord Lieutenant hinaus, damit Putnam sehen kann, wie er zum Boot gebracht wird."
"Wartet! Nein!" schrie Rosalind. "Ist Putnam hier? Ich muss euch erzählen, was vorgefallen ist. Putnam ist es, auf den ihr aufpassen müsst …"
"Ruhe!" ertönte die bekannte Stimme aus der Menge, und Percival Putnam trat vor. Er richtete eine große Radschlosspistole auf Nicks Brust. "Dieser Mann hat sie verführt, und ich sagte euch voraus, dass sie sich für ihn einsetzen würde. Haltet sie fest und bringt Spencer hinaus zu mir."
Zu Rosalinds Entsetzen presste ihr Alf die Hand auf den Mund. Andere fesselten Nick die Arme auf dem Rücken und begannen, ihn durch das Gedränge in der Kammer hinaus auf den Gang zu schieben. Percy verschwand, um den Weg zu bahnen. Rosalind hatte einen kurzen Blick in sein Antlitz werfen können und in seinen Augen Wut und Frohlocken über seinen Sieg bemerkt.
Sie umklammerte das Messer in den Falten ihres Gewandes, doch sie brachte es nicht fertig, Alf oder ihre anderen Freunde zu verletzen. Da erschollen Hochrufe aus vielen Kehlen, als Wat Milford, bleich und von der Kerkerhaft gezeichnet, im Torweg erschien.
"Wartet!" rief Wat. Langsam beruhigte sich die Menge. "Was euch Putnam gesagt hat … Lord Spencer soll mich gefoltert haben … kein Wort davon ist wahr! Ich sage euch, Putnam hat uns seit Jahren belogen. Lord Spencer ist ein Ehrenmann, aber nicht Percy!"
Rosalind biss so heftig in Alfs Finger, dass er sie mit einem Aufschrei wegzog. Sie erhob ihre Stimme.
"Percy Putnam ist der Betrüger, nicht Nick Spencer!" rief sie. "Wir haben die Vergebung des Königs für den Schmuggel! Und wir haben das Marktrecht und eine Lotsengenehmigung! Lauft und ergreift Percy!"
Die Menge schrie durcheinander und wogte hin und her. Nick kam frei und machte sich mit Delancey und Wat an die Verfolgung von Putnam. In der Ferne krachte ein Schuss.
"Hierher! Die Stufen hinauf ist er!" erklang eine gedämpfte Stimme. "Hier entlang!"
Nick bahnte sich, dicht gefolgt von Rosalind, einen Weg. Er konnte nicht begreifen, wie Percy einen solchen Vorsprung bekommen hatte, behindert wie er war.
Ungeachtet der quälenden Übelkeit kletterte Rosalind die Stufen hinter Nick zu der windgepeitschten Bastion empor. Wat war als Erster oben. Wohin Rosalind auch blickte, überall sah sie Leute aus Deal. Ein Aufstand! Was würde wohl König Heinrich trotz der gezeigten Großzügigkeit sagen, wenn er hörte, dass die Einwohner von Deal seine Festung gestürmt hatten!
Wind zerrte an Rosalinds Gewand, als sie die halb fertige Wehrmauer erreicht hatte.
Plötzlich tauchte Percy, den sie sicher dem König zuführen sollten, vor ihnen auf und richtete nun seine riesige Pistole auf sie und Nick.
Nick drückte Rosalind zu Boden und warf sich Putnam entgegen. Wat folgte mit ausgestreckten Armen. Angstvoll wartete
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