Historical Exklusiv Band 06
sein Vater zu sein, aber ein vertrauter und kluger Freund, nicht wahr, mein Junge?"
"So ist es, Euer Gnaden", bestätigte Nick. Er holte tief Luft und beschloss, sich zum ersten Male den Wünschen seines Königs zu widersetzen. Der Herrscher schien im Augenblick gnädig gestimmt zu sein, indes wusste man nicht, wie lange es anhalten würde. Wenn er doch nur Rosalind retten und seine Verlobung mit Penelope auflösen würde. Der König hingegen musste die unerwünschte Heirat mit Anna von Cleve durchstehen. Hoffentlich kam er nicht auf den Gedanken, Nicks Treue dadurch auf die Probe zu stellen, dass er eine ebenso ungewollte Eheschließung von ihm verlangte!
Aber er wusste, dass ihm ein solcher Beweis von Gehorsam unmöglich geworden war, seit er seine wahren Gefühle für Rosalind entdeckt hatte. Er wollte sich und auch Penelope von dieser lieblosen Verlobung befreien. Vielleicht würde ihr dann auch eines Tages das wahre Glück beschieden sein.
Nick blickte den König an. "Euer Majestät, ich möchte eine weitere Gunst Eurer gnädigen Zustimmung anheim stellen. Aus persönlichen Gründen bitte ich um die Erlaubnis, meine Verlobung mit Lady Wentworth lösen zu dürfen. Ich fürchte, sie und ich sind diese Verbindung aus den falschen Erwägungen heraus eingegangen."
Die Augen des Königs durchforschten Rosalinds Antlitz. "Ich glaube, ich kenne deine persönlichen Gründe", sagte er. "Und an diesem Tag heute kann ich nachfühlen, was es heißt, aus den falschen Erwägungen heraus zu heiraten. So möge dir dieser Wunsch denn erfüllt werden, Nick, und für Lady Penelope werde ich einen anderen Bewerber finden. Dich sollte man jetzt wohl besser deinen eigenen Plänen überlassen", fügte er hinzu.
Der König blickte mit gerunzelter Stirn auf Rosalind, die auf dem Fußschemel vor ihm saß. "Vor allen anderen sollte ein König derjenige sein, der sein Eheweib selbst auswählt, doch es ist ihm nicht vergönnt", murmelte er vor sich hin. Für einen Augenblick schloss er traurig die Augen. "In die Falle gegangen, gefangen – doch ich werde einen Ausweg finden."
Nick hatte sich auf den Rand des Schemels niedergelassen, und sie hielten sich an den Händen. Rosalind zitterte, die übergroße Anspannung brach sich Bahn, und Tränen rollten lautlos über ihre Wangen.
Für ein paar Minuten herrschte Totenstille in dem Gemach. Rosalind hätte am liebsten auch die Hand des Königs ergriffen. Sie hatte sich aufgemacht, um der armen Anna von Cleve beizustehen, doch sie fühlte den Gram des Königs genauso mit. Mochte Heinrich oft grausam und aufbrausend sein, so schien auch er gefangen in einem Netz von Verpflichtungen, die ein König erfüllen musste. Auch sie hatte sich gefangen gefühlt in ihrer Einsamkeit als Witwe. Und dann – dank Nicks Berufung durch den König – hatte sie den Mann gefunden, den sie jetzt liebte, ohne den sie nicht mehr leben mochte.
"Ich glaube, ich kann Euer Majestät verstehen", flüsterte sie. "Doch Zeiten und Menschen können sich ändern, Sire." Diese Worte waren genauso für Nick wie für den König bestimmt, für Nick, der so viel getan hatte, um ihr Leben zu ändern, und der sich selbst auch geändert hatte. Doch es war Heinrich VIII., König von England, der ihrer beider Leben noch mehr bestimmte.
"Sekretarius, zu mir!" donnerte der König. Alle sprangen auf. Der Sekretär eilte herbei, Federkiel und Papier in der Hand.
"Ich brauche einige Dokumente, sofort", befahl König Heinrich, ohne einen Blick auf den Schreiber zu werfen. "Als Erstes ein Pardon für die Einwohner von Deal – für diverse Vergehen und Rechtswidrigkeiten et cetera. Dann das Marktrecht für besagtes Dorf, insbesondere, um die neue Burg zu beliefern. Weiter einen Tadel für Lord Cromwell, dass er diese Notwendigkeit außer Acht gelassen hat. Ferner eine Ermächtigung für die Fischer von Deal, sich in rechtmäßiger Weise mit dem Lotsen der königlichen Schiffe durch die Downs und mit Erkundungsfahrten entlang der Küste von Kent zu befassen. Und schließlich noch eine Erlaubnis für den Lord Lieutenant der Veste Deal, Nicholas Spencer, die Ehe zu schließen mit einem Weib nach seinem freien Willen."
"Euer Majestät!" riefen Nick und Rosalind wie aus einem Munde. Rosalinds Herz klopfte ungestüm, doch sie ermahnte sich, daran zu denken, dass Nick noch nie von Liebe zu ihr gesprochen hatte. Und was eine Heirat anbetraf, würde er sie bitten, seine Frau zu werden? Sein Fortkommen im Dienste des Königs war ihm so
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