Historical Exklusiv Band 36
Catherines Nachthemd auf dem Bett auszubreiten und ihre Bürsten auf dem Frisiertisch bereitzulegen. Ehe sie sich’s versah, lag Catherine warm zugedeckt in dem riesigen Himmelbett, von wo aus sie schlaftrunken das lodernde Kaminfeuer durch die drapierten durchsichtigen Vorhänge sehen konnte. Ehe sie einschlief, war ihr letzter Gedanke, dass ihr Mann sie wieder einmal allein zu lassen schien. Aber so müde, wie sie war, spielte das keine Rolle mehr.
Catherine erwachte erst kurz vor zwölf am nächsten Tag, als Sally die Vorhänge des Bettes zur Seite zog. Der aromatische Duft heißer Schokolade stieg ihr in die Nase.
„Guten Morgen, Miss … oh!“ Sally kicherte. „Ich wollte sagen, Mylady. Haben Sie sich schon etwas hier umgesehen? Sie besitzen sogar einen eigenen Salon! Grandios, wirklich großartig. Ich glaube, die Räume Seiner Lordschaft liegen auf der anderen Seite des Ankleidezimmers. Da drüben sind die Verbindungstüren.“
Sie machte eine vage Handbewegung, drehte sich dann wieder um und öffnete auch die Fenstervorhänge. „Und außerdem haben wir herrliches Wetter, vielleicht ein wenig kühl, aber schön.“
Catherine setzte sich auf, während Sally ihr die Kissen aufschüttelte.
„Da habe ich doch tatsächlich den halben Tag verschlafen.“
„Das haben Sie wirklich, Mylady. Ich bin auch erst sehr spät aufgewacht. Mrs Hawes ist wirklich sehr freundlich, sie hatte Anweisung gegeben, mich ausschlafen zu lassen. Ich hätte Sie auch noch nicht geweckt, wenn Seine Lordschaft Sie nicht selbst durch das Haus führen wollte. Und da möchten Sie doch sicher so gut wie möglich aussehen.“ Wieder kicherte Sally.
Catherine betrachtete ihre Zofe unter halb geschlossenen Lidern. Bei den Dienstboten waren sicher die wildesten Gerüchte in Umlauf. Natürlich war es Sally nicht entgangen, dass ihre Herrin bisher noch nicht das Bett mit Seiner Lordschaft geteilt hatte. Und wenn ein Mitglied des Haushaltes etwas wusste, dann erfuhren es natürlich bald alle . Catherine stöhnte leise. Wenn es endlich so weit wäre, so mochte ihr der Himmel am Morgen danach beistehen!
Um zwei Uhr war sie mit ihrem Frühstück fertig und machte sich – in ihrem purpurfarbenen Morgenkleid, das feuerrote lockige Haar mit einer Unmenge Nadeln und einem Paar goldener Kämme gebändigt – auf die Suche nach ihrem Ehemann. Zwei Mal musste sie sich nach dem Weg erkundigen, dann hatte sie endlich Charles in der Bibliothek gefunden. Er erhob sich sofort, als sie den Raum betrat.
„Guten Tag. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen?“
„Ja, vielen Dank. Sally hat mich erst sehr spät geweckt. Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen.“
„Nein, ich wollte, dass Sie sich ausruhen. Ich bin auch nicht so früh wie sonst aufgestanden. Wenn Sie bereit sind, möchte ich Ihnen jetzt das Personal vorstellen.“ Er reichte ihr seinen Arm.
Die nächsten beiden Stunden verbrachten sie mit einem Rundgang durch die Empfangsräume. Darüber hinaus lernte Catherine die Dienerschaft kennen, angefangen bei Caldbecks Sekretär bis zum Stiefelputzer. Sie war erstaunt, dass er alle Namen wusste. Ihr jedenfalls schwirrte der Kopf. Ohne Hilfe würde sie nicht einmal den Weg vom offiziellen Speisezimmer bis zu ihrem Schlafraum finden.
Caldbecks Sekretär, Richard Middleton, war der jüngere Sohn des örtlichen Vikars. Dieser schlanke junge Mann, der recht schüchtern wirkte, begrüßte Catherine herzlich auf Wulfdale und wandte sich dann schnell wieder seiner Arbeit zu.
Caldbeck führte Catherine nicht durch das gesamte Herrenhaus. „Ich bin mir sicher, dass gerade die älteren Gebäudeteile für Sie von großem Interesse sein dürften, aber es wird Ihnen sicher Vergnügen bereiten, sie bei passender Gelegenheit selbst zu erkunden.“
Catherine sah ihn von der Seite an. „Werde ich dort auch die kopflose Braut finden?“
„Selbstverständlich.“
„Dann wäre es wohl besser, wenn Sie mich begleiten.“
Caldbeck zögerte einen Moment mit seiner Antwort. „Da haben Sie wahrscheinlich recht“, pflichtete er ihr schließlich bei.
Misstrauisch betrachtete Catherine ihn, aber er ließ es dabei bewenden.
Anschließend machten sie einen Rundgang durch die Gärten, bis es am späten Nachmittag so frostig wurde, dass es angenehmer schien, wieder nach drinnen zu gehen.
„Wir speisen um sieben Uhr. Ich hoffe, dass Sie damit einverstanden sind.“ Caldbeck blieb kurz am Fuß der Treppe stehen, schien jedoch keine Antwort zu erwarten.
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