Historical Exklusiv Band 36
„Sie haben Zeit genug, sich auszuruhen.“
Lächelnd schüttelte Catherine den Kopf. „Ich habe den ganzen Vormittag geschlafen. Außerdem bin ich es nicht gewohnt, am Nachmittag zu ruhen.“
„Dennoch ist es ratsam, es heute zu tun.“
Trotzig hob Catherine das Kinn. Sie wollte ihm gerade erklären, dass sie kein Kind mehr sei. Als sie jedoch sah, wie sich seine Miene verfinsterte, hielt sie es für klüger, ihm nicht zu widersprechen. „Oh … oh, nun gut. Ich werde zumindest ein wenig auf mein Zimmer gehen.“
Ohne ihre Gereiztheit überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, führte Caldbeck ihre Hand an seine Lippen, blickte ihr tief in die Augen und erwiderte: „Dann treffen wir uns zum Abendessen.“
Catherine ging eine Weile verärgert in ihrem Zimmer hin und her. Dabei murmelte sie allerlei über Männer vor sich hin, die meinten, Frauen herumkommandieren zu können, sobald sie mit ihnen verheiratet waren. Irgendwann fragte Catherine sich allerdings, weshalb er so ausdrücklich auf einer Ruhepause bestanden hatte. Die Antwort darauf fiel ihr so plötzlich ein, dass sie mit weit geöffneten Augen wie angewurzelt mitten im Zimmer stehen blieb.
Ihr Herz klopfte, und eine Welle der Erregung lief durch ihren Körper.
Heute Nacht war es so weit. Morgen früh würde ihre Ungewissheit ein Ende haben. Gütiger Himmel!
Catherine wollte sich einige Minuten hinlegen, doch sie war zu aufgeregt, um Ruhe zu finden. Sie versuchte, in einem Roman zu lesen, den sie eigentlich ziemlich spannend gefunden hatte, konnte sich aber nicht konzentrieren und warf das Buch schließlich auf den Tisch.
Als Sally endlich erschien, um ihr beim Ankleiden für das Abendessen zu helfen, seufzte sie vor Erleichterung.
Caldbeck erwartete sie im Familienspeisezimmer, wo Catherine die Mahlzeit einnahm, ohne überhaupt den Geschmack des Essens wahrzunehmen. Was sie betraf, so hatte der Koch sich vergeblich angestrengt. Caldbeck machte höfliche Konversation, doch Catherine gab nur einsilbige Antworten. Richard, der Sekretär, war sehr bemüht, seinen Beitrag zu leisten. Sobald jedoch die Mahlzeit beendet war, entschuldigte er sich und verließ eilends den Raum.
Da keine anderen Gentlemen anwesend waren, mit denen Caldbeck seinen Portwein hätte trinken können, und auch keine Ladys, mit denen Catherine den Tee hätte zu sich nehmen können, zog sich jeder sehr früh in seine Räume zurück. In ihrem Zimmer entdeckte Catherine auf dem Tischchen neben dem Sofa ein Tablett mit einer Flasche Brandy und Gläsern. Ein Krug Punsch stand auf dem Kaminsims. Sie atmete tief durch und wollte sich ihre Angst nicht anmerken lassen.
Während Sally Catherines schimmerndes Haar bürstete und es schließlich hochnahm und mit einer Satinschleife zusammenband, blickte ihre Herrin starr ins Leere. Sie nahm kaum wahr, welches Nachthemd ihr Sally reichte, sondern streckte ihre Arme aus und ließ sich die weiche cremefarbene Seide einfach überstreifen.
Der kühle Stoff glitt an ihrem Körper hinab, sodass sie fröstelte. Gerade strich sie den Spitzensaum ihres Gewandes glatt, als sie ein Klopfen an der Tür zum Nebenraum hörte. Sally räumte schnell den Frisiertisch auf und sah Catherine fragend an.
„Das wäre dann alles, Sally. Du kannst gehen.“ Während sie sich entfernte und Catherine sich zur Tür wandte, klopfte es nochmals.
Gleich darauf trat Caldbeck ein, und bei seinem Anblick stockte Catherine der Atem. Er hatte seinen Rock ebenso abgelegt wie seine Schuhe. Seine wohlgeformten Beine zeichneten sich deutlich unter den eng anliegenden Kniehosen ab, und das am Hals aufgeknöpfte Hemd gab den Blick frei auf seinen muskulösen Oberkörper. Wie üblich verbeugte er sich.
„Möchten Sie ein Glas Punsch, Catherine?“
Sie nickte schweigend, war sich aber des tiefen Ausschnittes und des durchsichtigen Stoffes ihres Nachtkleides nur zu bewusst. Eine verräterische Röte überzog ihr Gesicht, sodass sie sich schnell umdrehte und zum Sofa ging. Der Stoff umspielte ihre Beine, und sie konnte deutlich Caldbecks Blicke in ihrem Rücken spüren.
Catherine setzte sich, und nachdem er ihr Punsch und sich einen Brandy eingeschenkt hatte, ließ Caldbeck sich neben ihr nieder. Sie blickte angestrengt auf ihr Glas und überlegte vergeblich, was sie sagen sollte.
Caldbeck hingegen gab sich ganz unbefangen. Er trank langsam und schaute dabei ins Feuer. Catherine lehnte sich gegen die Kissen und nahm einen großen Schluck Punsch. Wärme durchflutete ihren Körper.
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