Historical Exklusiv Band 42
reden müssen, nur nicht jetzt.“
„Oh, ja“, stimmte Talitha eifrig zu, dann fragte sie sich, warum Nick sich von dieser Erwiderung offenbar zurückgewiesen fühlte. „Woher wusste Mr Hemsley, dass ich im Atelier bin, und woher wusstest du, dass er es wusste?“
Er entspannte sich sichtlich. „Das werde ich dir später erzählen. Jetzt müssen wir dir erst einmal etwas zum Anziehen besorgen. Ich kann dich schließlich schlecht so in die Bruton Street schicken. Außerdem willst du bestimmt deine Tasche zurückhaben.“
„Das ist richtig“, stimmte Talitha zu. „Ich könnte auf keinen Fall heute Morgen in demselben Kleid erscheinen, das ich gestern Abend anhatte.“ Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. „Um Himmels willen! Was werden die Diener denken, was mit mir passiert ist? Ich muss sofort eine Nachricht schicken, dass es mir gut geht.“
„Musst du nicht. Ich habe auf dem Weg hierher dort angehalten und Rainbird mitgeteilt, du hättest dich entschlossen, bei Freunden zu übernachten, und mich gebeten, Bescheid zu sagen, weil es auf meinem Weg liegt. Er hat sofort angenommen, dass ich mich auf Miss Scott bezog.“
„Wie hinterlistig“, bemerkte Talitha, wobei sie insgeheim sein schnelles Denken bewunderte.
„In der Tat“, erwiderte Nick reumütig, wobei er sich das Lachen kaum verbeißen konnte. „Ich hätte ihm sagen sollen, dass du dich ohne einen Faden am Leib in meiner Kutsche befindest und ich vorhabe, dich mit zu mir ins Bett zu nehmen.“
„Ich bin entsetzt und ernüchtert“, bemerkte Talitha düster, „dass ich so tief gesunken bin, dass ich diese Bemerkung sogar einigermaßen lustig finde.“
„Soso. Also, ich schlage vor, dass du der Hausdame schreibst, du hättest nicht vorgehabt, über Nacht fortzubleiben und hättest deswegen keinen Koffer mit Wechselwäsche und zusätzlicher Kleidung mitgenommen. Das hast du selbstverständlich bereits letzte Nacht geschrieben, aber ich, als gleichgültiger und unaufmerksamer Mann, der das eine oder andere Glas Brandy zu viel getrunken hat, habe vergessen, diese Nachricht abzugeben. Um diesen Schnitzer wiedergutzumachen, erscheine ich daher heute Morgen, und werde darauf bestehen, den Koffer eigenhändig abzuliefern und nicht Rainbird damit zu belasten, einen Lakaien zu schicken.“
Talitha lächelte zustimmend und aß ihr Gebäckstück auf. Sie bemerkte, dass es nur eine Tasse gab, füllte sie auf und schob sie Nick zu. Schweigend aßen und tranken sie. Mit leerem Blick starrte er auf das Bücherregal an der anderen Wand, und sie staunte, wie es möglich war, leidenschaftlich in den Armen eines Mannes zu liegen, nur um im nächsten Moment vollkommen gelassen mit ihm am Frühstückstisch zu sitzen.
Vermutlich ist es in einer Ehe so. Ein gefährlicher Gedanke. Talitha begann, Nick in aller Ruhe zu mustern. Diese Hände mit den langen Fingern, die jetzt so müßig mit der Zuckerzange spielten, waren mit Schnitten und Schürfwunden von dem Abenteuer der letzten Nacht gezeichnet. Dieselben Hände, die auf ihrem Rücken gelegen und sie in seine Arme gezogen hatten.
Der ausdrucksvolle Mund, gerade eben amüsiert, jetzt eher unbeweglich und schmal, war letzte Nacht im Atelier vor Wut und Entschlossenheit zusammengepresst gewesen. Im Bett jedoch hatte er sie mit einer Sanftheit liebkost, die sie jetzt noch erzittern ließ.
Was den kurzen Blick betraf, den sie auf ihn hatte erhaschen können, als er aus dem Bett gestiegen war, um die Tür zu öffnen – ein überwältigendes Bild. Angekleidet wusste sie seine Entschlossenheit, seine Macht und seine Eleganz zu schätzen. Unbekleidet war er einfach nur prachtvoll. Und furchteinflößend – wie ein Raubtier.
Das furchteinflößende prachtvolle Tier setzte plötzlich die Tasse ab, fuhr sich mit den Händen durchs Haar und stand auf. Das Grinsen auf seinem Gesicht verbannte all die hitzigen Bilder aus ihrem Kopf. „Jetzt gehst du am besten erst einmal wieder ins Bett und ziehst die Vorhänge zu. Ich läute nach Wasser, rasiere mich, zieh mich an und mache mich auf den Weg in die Bruton Street. Während ich weg bin, kannst du dich frisch machen; ich sage Matthews, er soll viel Wasser heraufbringen. Er wird dafür sorgen, dass du nicht gestört wirst.“
„Ist es nicht ein bisschen früh?“
„Je schneller ich dich hier herausbekomme, desto besser wird es mir gehen. Rainbird wird sich einem Mann mit einem Kater gegenübersehen, der um sechs Uhr mit dröhnenden Kopfschmerzen und einem
Weitere Kostenlose Bücher