Historical Exklusiv Band 42
Mylady.“
„Ich vermute, du hast Talitha nicht erkannt?“, fragte Lady Parry an Nick gewandt.
„Nein, Tante. Ich kannte sie da natürlich noch nicht, und sie hatte die Haare nicht aufgesteckt. Ich habe ihr Gesicht nicht gesehen.“
Einen flüchtigen Moment lang schloss seine Tante die Augen, überlegte offenbar, was genau er gesehen haben mochte. „Sprich weiter“, forderte sie ihn düster auf.
„Ich bin, im eigentlichen Sinn des Wortes, in Lord Arndale hineingelaufen, als ich Ihnen am nächsten Tag die Hüte lieferte. Ich erkannte seine Stimme wieder, aber ich denke nicht, dass er mich erkannt hat.“ Talitha blickte Nick fragend an, doch dieser schüttelte den Kopf.
„Ich muss blind gewesen sein, besonders, da ich nicht verhehlen kann, dass mir das Erlebnis vom Tag zuvor nicht nur flüchtig in Erinnerung geblieben war.“ Errötend senkte Talitha den Kopf.
„Mit nackten Füßen und offenem Haar sieht man ganz anders aus, als wenn man Schuhe trägt und das Haar aufgesteckt hat“, bemerkte Lady Parry mit ruhiger Stimme, was Talitha nervöser machte als ein Wutanfall. „Kein Wunder, dass du so beunruhigt warst, als du hier ankamst, Tallie.“
Ohne nachzudenken, nickte Talitha zustimmend. „Es ist sehr schwierig, wenn man jemandem so unendlich dankbar ist, es aber nicht zeigen darf, und auf der anderen Seite dieser Jemand einen so maßlos wütend macht.“ Sie fing seinen Blick auf und wärmte sich an dem darin aufblitzenden Verständnis.
„Soso. Nun gut, lasst mich mal sehen, ob ich richtig verstehe, wie die Situation war, als du zu meinem Haushalt gestoßen bist, Talitha. Du wusstest, wer dich im Atelier gerettet hatte, und glaubtest, dass ich über deine … unkonventionelle Beschäftigung Bescheid wusste. Du, Nicholas, hattest keine Ahnung, dass Talitha das Modell war, das du gesehen hattest?“
„Das ist richtig, obgleich ich wusste, dass Tallie ein Geheimnis mit sich herumtrug, das sie erfolgreich vor meinem Ermittler verborgen gehalten hatte. Ich wusste auch, dass sie dir davon erzählen wollte, das hat sie mir gesagt, als ich sie herausforderte.“
„Wann hast du also die Wahrheit herausgefunden?“
„Auf Tallies erstem Ball. Jack Hemsley schaffte es, sie in einen Ruheraum zu locken und hat dann versucht, sie dort zu küssen. Tallie hat mutig Widerstand geleistet und dabei löste sich ihre Frisur. Das war der Moment, als William und ich sie fanden. Sobald ich sie von hinten gesehen hatte, wusste ich es.“
Talitha unterdrückte einen Aufschrei. Er wusste schon seit Wochen , wer sie war?
„Und mein Sohn?“
„Er war viel zu beschäftigt damit, wütend und enttäuscht von Hemsley zu sein – ein Gutes hatte diese Situation also doch. Deswegen hat er keine Verbindung gesehen zwischen einem Bild, auf das er vor Wochen einen Blick geworfen hatte, und der Dame, die mit ihm unter einem Dach und unter seinem Schutz lebt und das Opfer einer schweren Beleidigung geworden war.“
„Und du denkst, dass Hemsley Tallie erkannt hat?“
„Ja, sonst kann ich mir nicht erklären, was später passiert ist. Er hatte zu viel Angst vor dem, was ich tun könnte, als dass er sich getraut hätte, etwas zu verlautbaren. Dann lieferte Tallie ihm einen weiteren Grund, sie zu hassen, indem sie dazwischentrat, als er versuchte, ihre Freundin, Miss Blackstock, zu verführen.“
„Bereits zweimal warst du die Ursache für seine Demütigung“, sagte er an Talitha gewandt. „Und er hatte genauso Anlass, mich zu hassen. Er hatte zuvor schon den Verdacht, dass ich gezielt seine Versuche vereitle, William um sein Geld zu bringen“, er ignorierte das empörte Schnauben seiner Tante, „und jetzt war ich auch noch Zeuge, wie er von dir und Miss Blackstock eine Schlappe beigebracht bekam. Aber er hatte immer noch zu viel Respekt vor mir, um offen vorzugehen.“ Nick stand auf und ging nachdenklich im Zimmer auf und ab.
„Also machte ich mir Sorgen. Er hatte jetzt Grund genug, sich an uns beiden zu rächen. Zusammen hatten wir ihn gedemütigt und erreicht, dass William sich von ihm abwandte, dessen Vertrauen er sich geduldig über Monate hinweg erschlichen hatte – bevor er sich darangemacht hätte, ihn auszunehmen.“
„Ich konnte den Mann nie leiden!“, brach es aus Lady Parry hervor, deren mühsam aufrechterhaltene Fassung schwand. „Ich habe mich bemüht, William zuliebe, und weil seine Tante, Agatha Mornington, immer so nett von ihm spricht. Und sie ist nicht jemand, der sich leicht einwickeln
Weitere Kostenlose Bücher