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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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Faltsessel luden zum Verweilen ein, und ein großer, aus bunten Wollfäden gewirkter Teppich bedeckte den Steinboden.
    Ein breiter Kamin mit herrlichen Steinmetzarbeiten nahm die Mitte der Rückwand ein, daneben türmten sich Folianten auf einer Truhe, und eine weitere wurde von einem kunstvoll emaillierten, von zwei mehrflammigen Leuchtern umgebenen Reliquiar aus Gold geschmückt.
    Zwischen den Fenstern hing ein ergreifend geschnitztes Bildnis des Gekreuzigten, und davor stand ein hohes Pult mit zusammengerollten Pergamenten, Schreibkielen und einem Näpfchen voll Tinte.
    Das Rascheln von Stoff machte Meriel bewusst, dass sie nicht mehr die einzige im Raum war. Sie wandte den Kopf und sah, dass der Earl of Shropshire unbemerkt durch die offene linke Tür gekommen war. Es überraschte sie, wie schlicht er für einen Mann seines Ranges gekleidet war. Die lichtblaue, von einer Kordel gegürtete Cotte hatte, wie der im Farbton etwas dunklere Surkot, an Ärmeln und Saum nur eine schmale silberne Bordüre. Offenbar hielt der Earl nichts von aufwendigem Gepränge, oder er wusste, dass kostbarer Zierat nicht vonnöten war, um Aufmerksamkeit zu erregen.
    „Du wünschtest mich zu sprechen, Herr?" sagte Meriel, bezeugte ihm die Ehre und senkte ergeben den Blick.
    Adrian de Lancey nahm vor dem Kamin Platz, schaute sie ernst an und fragte ruhig: „Wie lautet dein Vatername?"

    Fast wäre er ihr über die Lippen gekommen, doch sie merkte sogleich, dass sie dann die normannische Abkunft verraten hätte. „In Wales sind nur Taufnamen gebräuchlich, Herr", erwiderte sie ausweichend.
    „Wo wohnst du?"
    Sie zögerte mit der Antwort. Die Angehörigen der Mutter lebten in Dyfyd, dem von Normannen beherrschten Süden, einer Gegend, die Meriel gut kannte, doch es widerstrebte ihr, das Augenmerk des Earl auf ihre Familie zu lenken.
    Das Schweigen dehnte sich aus, und schließlich erkundigte Adrian sich: „Weißt du nicht, wo dein Zuhause ist?"
    „Doch!" versicherte sie eilends. „Es ist ein Flecken im Fürstentum Gwynedd, hoch im Norden, der Dolwyddelan heißt. Ganz in der Nähe dieses Weilers ist der Hof meines Vaters."
    „Wie kam es gestern zu deinem Sturz?"
    „Ein Bär verstörte meine Stute. Sie scheute und warf mich ab."
    „Du bist geritten?"
    Die Überraschung war dem Earl anzusehen, und Meriel ärgerte sich, weil sie nicht gleich daran gedacht hatte, dass eine Niedriggeborene wohl kaum hoch zu Ross gewesen sein konnte. „Ja", gestand sie kleinlaut. „Vater hatte mir die Mähre gegeben. Sie war zu alt und klapprig, um noch vor der Pflugschar zu gehen."
    „Für die Reise von Wales hierher jedoch kräftig genug", stellte Adrian trocken fest.
    „Wohin wolltest du?"
    „Nach ... nach Nottingham." Das war nicht zu weit ent fernt und klang einleuchtend.
    „Meine Schwester steht kurz vor der Niederkunft und möchte mich dann bei sich ha ben."
    „Und den Falken hast du aus Gwynedd mitgebracht?" fragte Adrian ungläubig und hob eine Braue.
    „Ja. Erstens sollte er mir Nahrung fangen, und zweitens hielt ich es für eine gute Gelegenheit, ihn noch weiter abzurichten." Die Zweifel des Earl waren sichtlich nicht ausgeräumt, und selbst Meriel fand die Erklärung reichlich gesucht.
    „Du bist ohne Begleitung gereist?"
    „Ja, Herr."
    „Welcher Vater würde das seiner hübschen jungen Tochter gestatten?"
    „Nun, er hat... er ist vor kurzem verstorben, und die Frau meines Bruders wollte mich nicht mehr im Hause haben", sagte Meriel und bekam das Gefühl, sich mehr und mehr in ihrer Geschichte zu verstricken. „Ich bin losgezogen, weil ich wusste, dass meine Schwester mich bei sich aufnehmen würde."
    „Wie heißt sie?"
    Meriel war noch nie einem solchen Verhör unterzogen worden, und der prüfende Blick des Earl erzeugte ihr Unbehagen. Es war weitaus schwieriger, glaubwürdig zu schwindeln, als sie es sich gedacht hatte. Gottlob fiel ihr ein passender walisischer Name ein, und sie antwortete rasch: „Bronwen, Mylord."
    „Bist du so ohne andere Verwandtschaft", setzte er die Befragung fort, „dass du gezwungen warst, durch ein von Kriegen zerrissenes Land zu ziehen, wo dir überall Wegelagerer auflauern konnten?"
    Der belustigte Ausdruck seiner Augen bewies Meriel, dass er ihr nicht traute. „Ich hatte keine Ahnung, dass die Strecke so lang ist", versuchte sie sich herauszureden und konnte sich nicht enthalten, etwas boshaft hinzuzufügen: „Aber ich bin nie in Gefahr geraten, erst als ich dir begegnete, Herr!"
    Seine

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