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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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einen langen Gang ein, hielt vor einer der zahlreichen Türen und öffnete sie mit der Rechten.
    Meriel sah sich in einem Raum, der ein mit Schnitzereien verziertes Kastenbett, mehrere wunderschön gemaserte Truhen und vor dem Schlot zwei lederne Scherenstühle enthielt. An der Stirnseite hing, zwischen kunstvoll gemalten Ornamenten, ein hölzernes Kruzifix, und kostbare Felle bedeckten den Steinboden. Im ersten Moment glaubte sie, der Earl of Shropshire habe sie in sein Schlafgemach getragen, doch dann fiel ihr auf, dass die Kammer einen unbewohnten Eindruck machte und wahrscheinlich Gästen vorbehalten war.
    Behutsam legte der Earl Meriel auf das Lager, hob den verletzten Fuß an und betastete das Gelenk durch den notdürftigen Stützverband. Obgleich er mit großer Sorgfalt und Vorsicht zu Werke ging, zuckte sie dennoch vor Pein zusammen und presste die Lippen zusammen, um nicht aufzuschreien.
    „Du hast dir nichts gebrochen", stellte er schließlich fest. „Es ist indes besser, wenn du heute nicht mehr läufst."
    Kaum hatte er die Untersuchung beendet, zerrte Meriel den Rock der Tunika bis zu den Schuhspitzen herunter und sagte leise: „Sei für deine Fürsorge bedankt, Herr." Der Blick, mit dem er sie bedachte, ließ ihr Unbehagen erneut erwachen. So, wie sie die Stimmungen eines Pferdes oder Beizvogels erahnen konnte, bekam sie auch jetzt das Gefühl, dass die äußerliche Gelassenheit des Earl nur eine Maske war, die ein gefährlich schwelendes, leidenschaftlich brodelndes Naturell verbarg.
    „Ruh dich aus ", erwiderte er spröde. „Ich werde morgen mit dir sprechen." Er wandte sich ab und verließ das Zimmer.
    Meriel Schloss die Lider und fiel sogleich in tiefen Schlaf.
    Adrian de Lancey versah seine Pflichten, doch bei allem, was er tat, weilte er in Gedanken bei dem schlafenden Mädchen. Nach dem Mahl wünschte er seinen Getreuen eine gute Nacht und zog sich zurück. Sein Gehen erzeugte kein Aufsehen, da jeder wusste, dass er gern für sich allein war.
    Mit schnellen Schritten eilte er aus der Halle und die Stiege zum nächsten Stockwerk hinauf. Leise Schloss er die Tür des Gemaches auf, in dem Meriel sich befand, und betrat den Raum. Durch die beiden gewölbten, von einer Säule geteilten Fenster drang schwach das Licht der sinkenden Dämmerung und erhellte fahl das Innere des Zimmers.
    Meriel ruhte auf der Seite, die Augen mit den langen dunklen Wimpern geschlossen, und der halbgeöffnete Zopf war ihr über die schlanke Schulter gefallen. Sie lag so still, dass Adrian einen Herzschlag lang befürchtete, der Tod ha be sie ereilt, bis er das sanfte, regelmäßige Heben und Senken der Brüste bemerkte.
    Unter größter Beherrschung war es ihm auf dem Heimritt gelungen, alle Regungen zu unterdrücken, die dieses Mädchen in ihm ausgelöst hatte. Nur so war er in der Lage gewesen, Meriel nach der Ankunft in Warfield zu berühren.
    Meriel! Im stillen wiederholte er den Namen und fand, das Wort habe einen angenehmen Klang. Er schätzte sie auf mindestens achtzehn Lenze, vielleicht sogar mehr. Sie war rank und recht hübsch, aber keine aus gesprochene Schönheit, und hatte den wohlgeformten Körper einer reifen Frau. In Anbetracht des Alters und der Herkunft mochte sie bereits gefreit worden sein. Zumindest konnte man annehmen, dass sie nicht mehr unberührt war.

    Adrian fragte sich, was ihn so an ihr fesselte. Vielleicht waren es die Ausstrahlung lieblicher Unschuld und die grazile Art, sich zu bewegen. Sie erinnerten ihn an eine junge Novizin, die er Jahre zuvor in Lambourn Priory gesehen und ersehnt, sich jedoch hatte versagen müssen. Nein, ihr Liebreiz beruhte auf etwas ganz anderem. Der Zauber der Unschuld war meist nur auf Unerfahrenheit zurückzuführen, und der ungekünstelte Ausdruck schlichter Bescheidenheit in Meriels Verhalten war kein Nachhall der Jugend. Es war Spiegelung einer beseelten Ehrlichkeit, die aus dem Herzen kam.
    Möglicherweise redete Adrian sich auch nur ein, bei dieser Maid aus dem Volke Tugenden zu entdecken, die er bei Frauen seines Standes nie festgestellt hatte. Es mochte sein, dass ihre Herkunft dabei eine Rolle spielte. Die Menschen in Wales waren ein seltsames, ungezähmtes Volk, dessen Frauen weitaus mehr Freiheiten gestattet wurden als denen anderer Länder.
    Leise ging er zu einer der Truhen, nahm eine wollene Decke heraus und kehrte zum Bett zurück. Es würde kalt sein in der Nacht, und Meriel lag, nur geschützt von der schäbigen braunen Tunika, auf dem blauen

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