historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
Geheiß, ein gewisser Benjamin l'Eveske wünsche die Aufwartung zu machen.
Verärgert über die Störung, erkundigte Adrian de Lancey sich ungehalten: „Wer ist der Mann?"
„Ein Jude, Sieur", antwortete der Junker. „Er behauptet, du würdest ihn kennen."
„Der Name ist mir irgendwie geläufig", brummte Mylord Warfield stirnrunzelnd.
„Wohlan! Führe den Menschen her!"
Der Edelknabe verneigte und entfernte sich.
„Vielleicht ist Eveske ein Kaufmann, mit dem du einmal zu tun hattest", bemerkte Meriel trocken.
„Mit ihm habe ich keine Geschäfte gemacht", entgegnete Adrian und schüttelte den Kopf.
„Während des Baus von Warfield Castle habe ich mir Geld von Gervase of Cornhill geliehen, es ihm aber längst zurückgezahlt. Ich kann mir nicht vorstellen, warum dieser Jude behauptet, ich würde ihn kennen."
Kurze Zeit spät kam der Page mit einem betagten Mann und einem Jüngling zurück, der sichtlich der Sohn des Alten war. Die beiden Männer blieben vor dem Earl of Shropshire stehen und erwiesen ihm die Reverenz.
„Was ist dein Begehr?" fragte Adrian de Lancey streng.
„Um Vergebung, Herr", sagte Benjamin l'Eveske devot. „Ich möchte dir untertänigst für die Huld danken, dass du mich nach Shrewsbury gebeten hast. Es tat mir sehr leid, dass ich dich bei meinem letzten Besuche nicht angetroffen habe."
„Deine Worte sind rätselhaft", entgegnete der Earl of Shropshire erstaunt. „Ich erinnere mich nicht, dass ich je mit dir zu tun hatte. Vielleicht mein Seneschall?"
„Nein, dein Marschall, Vincent de Gembloux."
„Mein Hauptmann ist Walter of Evesham", erwiderte Ad rian of Warfield und furchte die Stirn. „Gembloux versieht den Dienst bei de Burgoigne, der von König Stephen zum Earl of Shropshire bestallt wurde."
„Wie eigenartig", murmelte der Kaufmann nachdenklich und zupfte sich am Bart.
„Berichte, was Gembloux von dir wollte!" befahl Mylord Warfield.
Benjamin l'Eveske erzählte, der Marschall habe ihm das Angebot unterbreitet, sein Gewerbe nach Shrewsbury zu verlegen, und ihm den Schutz des Earl of Shropshire und ein zinsfreies Haus verheißen. Veranlasst durch diese Versprechungen, habe er London nach reiflicher Überlegung mitsamt dem Gesinde verlassen, das nunmehr außerhalb der Vorburg warte.
Adrian de Lancey fluchte leise und fügte, da seine Gattin und die beiden Juden ihn erschrocken anschauten, ruhiger hinzu: „Guter Mann, hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu. Das Haus, das du mir soeben beschrieben hast, gehört Guy de Burgoigne. Also hat er die Einladung an dich ausgesprochen. Da ich weiß, wie durchtrieben er ist, fürchte ich, dass hinter allem eine arge List steckt. Hast du Gembloux mitgeteilt, wann und auf welchem Wege du zu reisen gedachtest?"
„Nein, in diesen unruhigen Zeiten erschien es mir ratsamer, das nicht zu tun."
„Danke dem Schöpfer, denn so hast du wahrscheinlich dir und den Deinen das Leben gerettet. Es ist kein Geheimnis, dass der andere Earl of Shropshire nach Gold giert. Vermutlich hat er vor, es dir zu rauben, statt die benötigten Beträge von dir aufzunehmen. Du wärest gut beraten, wenn du Shropshire so schnell wie möglich verlassen würdest. Du hast meine Erlaubnis, dich zu setzen", sagte Adrian de Lancey huldvoll. „Ich sehe dir an, wie sehr die Nachricht dich getroffen hat."
Geführt von seinem Sohn, wankte Benjamin l'Eveske zu einer steinernen Bank und nahm Platz. Sein Gesicht war fahl und grau, und es dauerte ein Weilchen, bis er die Sprache wiedergefunden hatte. „Herr", wandte er sich dann mit bittendem Blick an den Earl of Shropshire, „würdest du mir gestatten, mich mit meiner Familie in Shrewsbury niederzulassen? Es liegt an einem guten Kauffahrtweg, und schon Vincent de Gembloux hat mich auf die Einträglichkeit des Handels hingewiesen."
Das Ersuchen überraschte Adrian of Warfield. Die Arme vor der Brust verschränkend, dachte er über das Ansinnen nach. Eveske galt, wie er sich nun entsann, als tüchtiger Kaufmann, der hohes Ansehen genoss und rege Beziehungen mit den jenseits des Meeres gelegenen Ländern unterhielt. Aber er war Jude, ein Ungläubiger im Sinne der Heiligen Mutter Kirche, und das mochte in Shrewsbury zu Spannungen zwischen ihm und der Bevölkerung führen. „Du kannst dich in der Stadt ansiedeln", sagte Adrian schließlich bedächtig, „wenn du bereit bist, dich im Bekenntnis zum Gekreuzigten unterweisen zu lassen."
„Glaubst du wirklich, dass ich diese Bedingung annehmen kann?" wandte
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