Historical Gold Band 261 (German Edition)
gewesen war. Mit sieben Jahren – nicht mit sechs, wie Reese geglaubt hatte – hielt er die Zügel wie selbstverständlich und saß locker im Sattel, selbst nach dem Sturz vom Vortag unbeeindruckt. Reese sah ihm zu, wie er mit dem Pony Runde um Runde ritt.
„Sehr gut, mein Junge!“, sagte der Reitlehrer, ein Mann in den Vierzigern, dessen Haar so dunkel war wie das von Jared. „Du gehst gut mit Dusty um, und es macht ihm Spaß, so wie dir.“
„Darf ich mit ihm springen?“
Hobbs schüttelte den Kopf. „Reite erst mal mit ihm zu der Stange dort und lass ihn hinübersteigen.“
Jared tat, wie ihm geheißen, gestattete dem Pony, das niedrige Hindernis zu beschnuppern, und trieb es dann hinüber.
„Jetzt noch einmal.“
Der Junge wiederholte die Übung noch ein paar Mal, ehe die Stunde zu Ende war.
Hobbs lächelte. „Das ist alles für heute. Du hast das sehr gut gemacht.“
Widerstrebend reichte Jared die Zügel einem der Stallburschen und lief zurück zum Haus, um sich wieder seinen Hausaufgaben zu widmen. Er bemerkte Reese erst, als er schon beinahe bei ihm war. Dann blieb er abrupt stehen, und das Strahlen schwand aus seinem Gesicht.
Reese zwang sich selbst zu einem Lächeln, war allerdings nicht sicher, was diese ungewohnte Zurückhaltung des Jungen zu bedeuten hatte. „Du hast das heute sehr gut gemacht.“
Jared sagte nichts, er sah ihn nur an. Reese konnte die widerstrebenden Gefühle von seinem Gesicht ablesen. Kummer schien sich mit Furcht zu mischen.
„Was ist los, mein Sohn?“, fragte Reese und hockte sich besorgt vor den Jungen.
Jared warf einen Blick zum Haus, dann sah er wieder Reese an, als habe er etwas Wichtiges zu sagen, wisse aber nicht genau, wo er anfangen solle.
„Na los, erzähl es mir.“
„Du bist böse mit meiner Mutter.“
Reese holte tief Luft. So etwas in der Art hätte er erwarten sollen. Der Junge liebte seine Mutter. Natürlich würde das Kind die Spannung zwischen ihnen bemerken. „Wir haben gestritten. Das geschieht manchmal zwischen verheirateten Leuten.“
Jared schob das Kinn vor. Reese bemerkte, dass der Junge die Fäuste geballt hatte. „Ich werde nicht zulassen, dass du ihr wehtust.“
Es schnürte ihm das Herz zusammen. Er bedauerte, dass die Dinge so lagen wie jetzt, und spürte so etwas wie Sehnsucht nach dem, was nicht sein durfte. „Ich würde dir oder deiner Mutter niemals wehtun. Nichts könnte mich dazu bringen.“
„Es … es ist ihr schon früher passiert.“
Reese wog seine Worte sorgfältig ab. „Du meinst, ehe ihr hierher kamt?“
Jared nickte. Seine abweisende Haltung gab er nicht auf. „Ich habe ihn gesehen. Ich habe gesehen, wie er sie geschlagen hat. Er hat es mehr als einmal getan.“
„Aldridge?“
Wieder nickte Jared.
Reese umfasste die Wange des Jungen. „Ich würde sie niemals schlagen. Darauf gebe ich dir mein Wort.“
In Jareds dunkle Augen traten Tränen. Am liebsten hätte Reese ihn in die Arme geschlossen und ihm die Sicherheit gegeben, nach der es ihn verlangte. Aber da lag etwas in seinem Ausdruck, das darauf hindeutete, dass der Junge noch mehr zu sagen hatte. Reese hielt den Atem an, während er darauf wartete, dass Jared fortfuhr.
Jared sah zu ihm auf, und seine Unterlippe zitterte. „Ich hätte ihr helfen müssen. Ich hätte versuchen müssen, ihn aufzuhalten. Aber ich habe es nicht getan. Ich hatte Angst, dass er mich auch schlagen würde.“
Reese schnürte es die Brust zusammen. „Du warst nur ein kleiner Junge. Du hättest ihn nicht aufhalten können. Es gab nichts, was du hättest tun können.“
Die Tränen rollten Jared über die Wangen. Wütend wischte er sie weg. „Ich werde nie wieder zulassen, dass irgendjemand ihr wehtut.“
Reese konnte kaum noch atmen. Sein Herz tat weh, als habe jemand mit der Faust daraufgeschlagen. Er schloss das Kind in die Arme und drückte es an sich. „Ich werde deine Mutter beschützen. Und ich werde dich beschützen. Ich verspreche es. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“
Jared legte seine Arme um Reeses Hals und barg sein Gesicht an dessen Schulter. Reeses Augen brannten, und seine Kehle war wie zugeschnürt. Jared begann jetzt richtig zu weinen, und Reese versuchte nicht, ihn daran zu hindern. Er hielt ihn nur sanft in den Armen, bis das Schluchzen nachließ.
„Ist schon gut“, sagte er beruhigend, während er das Kind noch immer in seinen Armen hielt. „Alles wird wieder gut.“ Er holte tief Luft und versuchte, seine Gefühle unter
Weitere Kostenlose Bücher